Wie durch ein Wunder überlebt die Klavierstudentin Laura (Paula Beer) auf der Rückkehr von einem unglücklich verlaufenden Geschäftstermin ihres Freundes Jakob (Philip Froissant) im Berliner Umland einen schweren Autounfall. Er wollte sie eigentlich nur zum Bahnhof bringen, als der Unfall passierte – bei dem Jakob ums Leben gekommen ist. Körperlich unversehrt, aber innerlich aus der Bahn geworfen, kommt sie im Haus der dort alleinlebenden, offenbar psychisch labilen Betty (Barbara Auer) unter, die zufällig Zeugin des Unfalls war. Vom ersten Moment an verbindet die beiden nicht nur altersmäßig sehr unterschiedlichen Frauen eine tiefe Zuneigung. Laura genießt die mütterliche Fürsorge Bettys, die Arbeit im Garten, die Besuche in der Werkstatt von Bettys getrennt lebendem Ehemann Richard (Matthias Brandt) und ihrem gemeinsamen erwachsenen Sohn Max (Enno Trebs), die gemeinsamen Essen zu viert. Es beginnt eine fast unbeschwerte, glückliche Zeit des Zusammenseins, ein Spätsommertraum, dem sich Laura und die Familie nur zu gerne überlassen. Aber da ist etwas Unwirkliches, das nicht stimmt, das verstört, ein tiefer, dunkler Schmerz, der offenbar alle vier verbindet und doch unausgesprochen bleibt. Laura, die ihr altes Leben hinter sich lassen möchte, während Betty im Gegenteil in ihr altes, behütetes Familienleben zurück möchte, spürt, dass sie aus diesem Traum erwachen müssen, um wieder leben und lieben zu können… „Während des Drehs hatte ich immer ein Bild vor Augen“, so der Regisseur Christian Petzold, „ein gekentertes Schiff auf dem Ozean, ein paar Schiffsteile schwimmen noch auf dem Wasser und die Überlebenden versuchen daraus ein Floß zu bauen.“ Miroirs, Spiegelbilder, heißt ein Klavierzyklus von Maurice Ravel, das 1905 komponierte dritte Stück trägt den Titel „Une barque sur l’océan“ („Eine Barke auf dem Ozean“). Also trägt der Abschlussfilm einer Trilogie der Elemente, die mit „Undine“ zum Wasser und „Roter Himmel“ zum Feuer begann nun den Titel „Miroirs No. 3“. Der deutsche Autorenfilmer Christian Petzold („Wolfsburg“, „Phoenix“, „Transit“), erzählt in seinem für den Europäischen Filmpreis nominierten Werk von der Fragilität des Lebens, von Verlust, Schmerz und Liebe, von der Überwindung der Verzweiflung durch die Flucht in ein sehenden Auges geträumtes Leben. Es lässt nach 86 Minuten manche Fragen offen und ist dennoch ein auf ganz eigene Weise nicht nur anrührender, sondern auch tröstlicher Film, kammerspielartig inszeniert in kaum merklichen Verschiebungen der Perspektiven. Er wird getragen vom Zauber der warmen, klaren Bilder eines Spätsommers in der Uckermark-Bilder des Kameramanns Hans Fromm und dem Spiel des einmal mehr herausragenden Protagonisten-Quartetts. Das über reichlich Petzold-Erfahrungen verfügt, was sicherlich auch ein Grund ist für die erste Cannes-Einladung des in Düsseldorf aufgewachsenen Regisseurs. Christian Petzold im Piffl-Presseheft: „Es gibt in einem Brief Kleists seine Schilderung einer verzweifelten und schlaflosen Nacht. Er ist hinausgelaufen, aus der Stadt, in der Nacht. Als er das Stadttor passiert und unter dem Torbogen steht, blickt er auf. Mustert den Torbogen. Und erkennt, dass, weil alle Steine fallen wollen und sich im Fallen verkanten, sie den Bogen bilden, unter dem man sicher ist. Vielleicht sind viele Geschichten, die des Kinos, der Literatur, wie solche Bögen, Hohlräume im Unglück. Diese Geschichte hier ist solch ein Torbogen. Eine junge Frau, die nicht mehr weiter weiß. Eine Familie, die am Ende ist und die man mit dem wunderschönen Romananfang von Tolstois ‚Anna Karenina‘ beschreiben könnte: Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich. Beide, die Familie und die junge Frau, sind am Ende, sind am Fallen. Aber sie stützen sich, bilden einen Bogen. Unter dem sie beginnen, wieder zu leben.“ Gedreht vom 27. August bis 9. Oktober 2024 in Berlin und Brandenburg (Uckermark) ist „Miroirs N. 3“ am 17. Mai 2025 in der Directors’ Fortnight beim Festival in Cannes uraufgeführt worden. Die Deutsche Erstaufführung war am 5. Juli 2025 beim Filmfest München. Derzeit bei uns zu sehen im Filmstudio Glückauf Essen, im Bambi Düsseldorf sowie am 25. und 26. Oktober 2025 im Bochumer Kino Endstation im Bahnhof Langendre