
Grandioses Saisonfinale mit Uraufführungen
'Soirée Ravel' im Duisburger Theater
War Bridget Breiner als neue Chefchoreografin des Balletts am Rhein zu Saisonbeginn mit „Biographie“ eher durchwachsen gestartet angesichts der hohen Erwartungen an die vielfach preisgekrönte NRW-Rückkehrerin, konnte sie mit „Ruß“ zur Halbzeit der Spielzeit das Publikum der Deutschen Oper am Rhein in beiden Häusern, im Dezember 2024 in Duisburg und nun auch in Düsseldorf, geradezu im Sturm erobern.
Was sich mit dem grandiosen Saisonfinale fortgesetzt hat: „Soirée Ravel“, ein zweieinhalbstündiger Abend mit vier Uraufführungen und einer Pausen-Petitesse zum 150. Geburtstag des Komponisten Maurice Ravel ist mit stehenden Ovationen im Theater Duisburg gefeiert worden.
Konzert für die linke Hand
Die Bühne des Ausstatters Jean-Marc Puissant wird beherrscht linkerhand durch den Flügel, auf dem die Pianistin Alina Bercu das selten als Ballettmusik genutzte virtuose „Konzert für die linke Hand“ spielt, 1930 entstanden als Auftragswerk für den Pianisten Paul Wittgenstein, der in Folge einer Kriegsverletzung im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verlor.

Vor dem Hintergrund der Bilderstrecke einer scheinbaren Idylle, des von der Deutschen Wehrmacht besetzten Paris der frühen 1940er Jahre, winden sich Simone Messmer als griechische Göttin der Erinnerung, Mnemosyne, und Lucas Erni als griechischer Gott des Krieges, Ares, durch das zunächst gebeugt verharrende achtköpfige Ensemble. Aus dem sich bald mit Márcio Mota als junger Mann, Sophie Martin als Frau und Eric White als Mann drei Tänzer zu einem Pas de trois herausschälen: Eine Familie im Zeichen des Krieges, auf den Ravels Musik deutlich rekurriert.
La Valse
Wie ein vergangener Traum vom Wiener Walzer, der brutal vom (Ersten Welt-) Krieg überrollt wurde, kommt das ursprünglich als Hommage gedachte Auftragswerk für die Balletts Russes von 1920, „La Valse“, daher.
Richard Siegal bittet zu dieser düster-ironischen Reflektion Ravels über den Untergang der „Welt von gestern“ (Stefan Zweig) sein zehnköpfiges Ensemble an die festlich gedeckte Tafel eines Nobelhotels der Jahrhundertwende (mit Kronleuchter und Drehtür!) zu einer parodistischen Erzählung über Dekadenz, Machtpolitik und gesellschaftliche Maskeraden. Walzerseligkeit in Kostümen, die so blau sind, wie es die Donau nie war und jemals sein wird, kommt da nicht auf.
Daphnis et Chloé, Suiten
Ravels symphonisch aufgebaute Komposition zur berührenden Liebesgeschichte aus der griechischen Antike, als Auftragswerk für die Balletts Russes 1912 in Paris uraufgeführt, und zwei parallel dazu entstandene Konzertsuiten hat Bridget Breiner unter Bezug auf die Ende des 2. Jahrhunderts verfasste Vorlage des Dichters Longos zu einem siebenteiligen Handlungsballett über Begehren und Lust choreografiert. Die Masken der elf Tänzer sollen, wie im Theater der Antike, eine gewisse Distanz zum Publikum schaffen. Das gebannt verfolgt, wie ein junges Paar (Nami Ito und Skyler Maxey-Wert) mit der griechischen Götter- und Mythenwelt konfrontiert wird, womit Breiner an ihre Eingangschoreografie anschließt.
Zum besseren Verständnis des komplexen, mit der Geburtsstunde der Menschheit, als die Götter Gaia (Svetlana Bednenko) und Uranus (Dukin Sei) die Welt kreieren, beginnenden Stücks und der gewaltigen Gruppenchoreografie eines ekstatischen Finales, für das Dionysos (Damián Torio), der Gott des Weines, Rausches und Wahnsinns, verantwortlich zeichnet, wäre eine Übertitelung als absolutes Novum im Ballett hilfreich gewesen.
Pavane pour une infante défunte
Das sechsminütige impressionistische Klavierstück, entstanden 1899 während seines Studiums am Conservatoire de Paris, hat Ravel seiner Mäzenin Winnaretta Singer, die als „Prinzessin von Polignac“ einen mondänen Pariser Salon führte, gewidmet. Den „Tanz für eine verstorbene Prinzessin“ hat Bridget Breiner 2021 mit Pablo Octávio in ihre Choreografie „Verzaubert“ am Staatstheater Karlsruhe integriert, nun zum sanften Livevortrag von Alina Bercu am Flügel als elegisches Solo vom Brasilianer João Miranda in der 2. Pause inmitten des Publikums im Foyer des 1. Obergeschosses getanzt.
Boléro
Mit einem optischen wie akustischen Paukenschlag geht der so abwechslungsreiche Abend in ein spektakuläres Finale: Für das weltberühmte „Meisterwerk, welches leider keine Musik enthalte“, so der von technischer und maschineller Präzision faszinierte Ravel selbstironisch, hat Richard Siegal zwei „Travelator“ genannte Laufbänder auf der Bühne installiert. Anziehung und Abstoßung: Das zwölfköpfige Ensemble ist in pausenloser Bewegung – und kommt doch zumeist nicht von der Stelle.
Karten für die weiteren Aufführungen unter der zupackenden musikalischen Leitung von Kapellmeisterin Katharina Müllner im Theater Duisburg unter operamrhein.de oder Tel. 0203 – 28362100:
- Sonntag, 15. Juni 2025, 15 Uhr
- Sonntag, 22. Juni 2025, 18.30 Uhr, im Anschluss „Nachgefragt“
- Samstag, 28. Juni 2025, 19.30 Uhr
- Freitag, 11. Juli 2025, 19.30 Uhr
- Sonntag, 13. Juli 2025, 18.30 Uhr

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- Sonntag, 13. Juli 2025, um 18:30 Uhr