halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Die Haranni-Clinic an der Schulstraße.

Facharzt-Praxis auf Sparflamme

Der Lungenfacharzt und Schlafmediziner Josef Wiemann wird in seiner Praxis in der Haranni-Clinic ab Montag, 2. März 2015, mit nur noch einer Mitarbeiterin (von ehemals 23) tätig sein und Patienten behandeln. Der Grund: Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KV) hat zum Februar 2015 jegliche Honorar-Zahlungen an ihn eingestellt.

Anzeige: CDU Europawahl 2024
Josef Wiemann.

Wie halloherne berichtete (Schlaflabor steht vor dem Aus), fordert die KV von ihm knapp 600.000 Euro Honorar zurück für die Jahre 2010 bis 2014. Die Forderung resultiert aus einer so genannten Plausibilitäts-Prüfung seiner Abrechnungen, die ergeben hatte: Josef Wiemann arbeitet ungewöhnlich viel, nämlich mehr als 46.800 Minuten in einem Quartal, was als "auffällig" gilt. Und aus dieser Auffälligkeit folgerte die KV, dass Wiemann von 2010 bis heute rund 600.000 Euro zuviel abgerechnet habe, die er jetzt zurückzahlen soll. Was er nicht kann und auch nicht will. "Ich habe jeden Patienten, den ich abgrechnet habe, auch tatsächlich behandelt", so Wiemann.

Als Beleg dafür hat er das Protokoll seiner Stempeluhr vorgelegt, das seine Anwesenheit in der Praxis bis zum Teil 23 Uhr belegt ("was auch die Nachtwachen aus dem Schlaflabor jederzeit bezeugen können"). Die KV ließ das jedoch nicht gelten, da eine Stempeluhr manipulierbar sei.

Darüber hinaus legte Wiemann der KV sämtliche Behandlungs-Protokolle eines Quartals vor, aus denen jede Einzelabrechnung hervorgeht. Das ließ die KV ebenfalls nicht gelten, da er darauf keine Uhrzeiten vermerkt habe, wann er eine Behandlung begonnen und beendet habe. "Die bisher vorgelegten Unterlagen lassen eine Prüfung nicht zu", teilte die KV schriftlich auf halloherne-Anfrage mit. Und: "Wenn noch verwertbare Unterlagen eingehen sollten, wird die zuständige Plausibilitäts-Kommission diese bewerten und, wenn sie Herrn Wiemann entlasten sollten, eine Abhilfeentscheidung treffen." Welche "Unterlagen" das sein könnten - wenn nicht Stempeluhr und Behandlungs-Protokolle, das sagte die KV nicht.

Seit dem 4. Quartal 2014 behält die KV jeweils 40 Prozent von Wiemanns Honorar-Abrechnungen zur Begleichung der Schuld aus der 600.000-Euro-Rückforderung ein. Das bedeutet: Josef Wiemann machte Quartal für Quartal Leistungen im Wert von rund 210.000 Euro geltend, von denen seit einer Kosten-Deckelung im Jahr 2010 stets nur 150.000 Euro bewilligt wurden. Durch den zusätzlichen 40-Prozent-Abzug blieben nur noch 90.000 Euro Honorar übrig. Und jetzt zahlt die KV gar nichts mehr. Der Grund laut KV: Herr Wiemann habe mündlich gegenüber dem KV-Vorstand geäußert, dass er seine Praxis zum 1.3.2015 schließen wolle. "Würde Herr Wiemann seine Praxis wie angekündigt zum 1.3.2015 aufgeben, wäre eine weitere Realisierung dieses Rückforderungs-Betrages durch Verrechnung mit Honorar-Ansprüchen nicht mehr möglich", so die KV.

Einen schriftlichen Bescheid (oder eine andere Nachricht) über die Einstellung der Zahlungen hat Josef Wiemann von der KV nicht bekommen. Ebenso liegt der KV keine schriftliche Erklärung vor, dass Josef Wiemann seine Praxis zum 1.3.2015 schließt. Was er auch nicht tut.

Seit der Quartals-Honorar-Kürzung auf 90.000 Euro kann Josef Wiemann sein Schlaflabor mit elf Plätzen nicht mehr betreiben. Von den ehemals 23 Mitarbeitern, mit denen Wiemann pro Quartal bis zu 1600 Patienten behandelte (bei Termin-Wartefristen von 4-5 Monaten), blieben noch fünf übrig, mit denen er seine Facharztpraxis weiter betrieb. Nach der gänzlichen Einstellung der Zahlungen wird er die Praxis ab dem 2. März 2015 mit einer Mitarbeiterin offen halten - sozusagen auf Sparflamme; immer in der Hoffnung, dass entweder die KV einlenkt ("und mich für meine tatsächlich geleistete Arbeit auch bezahlt") oder er im Rechtsstreit gegen die Rückzahlungs-Forderungen obsiegt.

Das Disziplinarverfahren gegen Wiemann, das von Seiten der KV 2014 eingeleitet wurde, hat die KV übrigens im November 2014 eingestellt - gegen Zahlung von 3.500 Euro. Warum die KV bei behaupteten 600.000 Euro Falschabrechnungen nicht den Staatsanwalt eingeschaltet hat, beantwortet die KV schriftlich wie folgt: "Eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt nur, wenn sich aus den Gesamtumständen des Falles ein begründeter Verdacht auf eine vorsätzliche Täuschung und damit das Vorliegen des Betrugstatbestandes ergibt. Entsprechende Anhaltspunkte waren in dem Verfahren Wiemann bislang nicht erkennbar." (Die Nachfrage, wie man 600.000 Euro irrtümlich und nicht vorsätzlich falsch abrechnen könne, hätte halloherne wieder schriftlich bei der KV einreichen müssen. Darauf verzichtete halloherne.)

Anzeige: Glasfaser in Crange

Josef Wiemann würde die Einschaltung des Staatsanwaltes sehr begrüßen: "Dann würde doch eine unabhängige Strafverfolgungs-Behörde im Detail prüfen, ob ich die KV wirklich betrogen habe. Und dieser Prüfung kann ich gelassen entgegensehen."

| Autor: Günter Mydlak
Stellenanzeigen: Jobs in Herne