Rentenversicherung lenkt in zweiter Instanz ein
Herne/Essen. Vier Jahre nach Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung einer Berufsunfähigkeits-Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat der fast 58 Jahre alte Herner Christian Schmidt am späten Freitagnachmittag vor dem 13. Senat des Landessozialgerichts in Essen mit Hilfe des Sozialverbands VdK sein Ziel erreicht. Die von Assessorin Barlage vertretene Deutsche Rentenversicherung (DRV) Münster verpflichtete sich auch ohne Urteil der Berufungsinstanz, dem 2011 nach Schlaganfall und nachfolgendem epileptischen Anfall zu 60 Prozent schwerbehinderten ehemaligen Busfahrer der Firma Graf ab 1. Juni 2013 die beantragte Rente zu zahlen. Senatsvorsitzender Ulrich Richter, der mit seinen beiden hauptberuflichen und den beiden ehrenamtlichen Richtern aktuelle Rechtsprechung anderer deutscher Landessozialgerichte sowie "berufskundliche Stellungnahmen" von Fachverbänden bemüht hatte, war nach langer Verhandlung zu dem Schluss gekommen, "dass in diesem Einzelfall die Rente wohl zu zahlen ist."
Der gelernte Bauschlosser und später langjährige Busfahrer bei Graf hatte 2011 nach neurologischer Untersuchung ("als Kraftfahrer nur noch unterzeitig einsetzbar") krankheitsbedingt Ende 2011 seinen Job verloren. Bereits im Mai 2011 hatte Schmidt wegen Teilerwerbsminderung Berufsunfähigkeitsrente beantragt, war aber mit dem Verweis auf andere, leichtere Tätigkeiten abgewiesen worden. Dabei stützte sich der Rententräger auf zwei von drei Gutachten, die "leichte bis mittelschwere Arbeit" gesundheitlich und auch sozial für zumutbar einstuften. Nur der letzte Gutachter schränkte im Mai 2013 diese Alternativen durch den Vermerk "nur noch leichte Arbeiten" ein.
Damit waren vom Rententräger angeführte Jobs wie "Poststellenmitarbeiter" oder "Registrator" vom Tisch, wie der Essener Senat jetzt feststellte. Und für höherwertige und berufsnahe Tätigkeiten wie "Verkehrsleiter" oder "Innendienst im Fahrbetriebsdienst" fehle dem Berufungskläger die "Ausbildung für einen kaufmännisch verwaltenden Beruf". Christian Schmidt hatte zwar zwei Fortbildungslehrgänge bei der IHK besucht. Doch das reiche, so das Gericht, nicht aus, "um eine solche Tätigkeit nach drei Monaten konkurrenzfähig auszuüben." Außerdem genieße der Mann als "angelernter Busfahrer" nicht den "Facharbeiterschutz" als Voraussetzung, bei Erwerbsminderung auf andere höherwertige Jobs verwiesen zu werden.
Christian Schmidt, der ab Mai 2011 vom Krankengeld, danach von Arbeitslosengeld I und später noch niedrigeren Arbeitslosengeld II seinen Lebensunterhalt bestreiten musste, bekommt jetzt eine Nachzahlung von knapp 20.000 Euro ab Juni 2013 und in Zukunft monatlich gut 600 Euro BU-Rente. Damit kann er mit seiner ebenfalls ein kleines Einkommen beziehenden Ehefrau etwas ruhiger in die Zukunft schauen. Seine Prozessvertreterin Hedderich (VdK) denkt nach dem positiven Ausgang des Verfahrens für ihren Schützling auch daran, die Umwandlung in eine unbefristete BU-Rente bis zm Eintritt ins gesetzliche Rentenalter zu beantragen. (AZ L 14 R 1080/13)