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Kopf eines kleinen Mädchens mit Strohhut, 1904.

Zwischen Worpswede und Paris

Paula Modersohn-Becker in Wuppertal

„Hände wie Löffel, Nasen wie Kolben, Münder wie Wunden, Ausdruck wie Cretins“ schimpfte Otto Modersohn in einem Tagebucheintrag vom 26. September 1903 über die Bilder seiner Gattin, deren Lieblingsmotive Kinder, Alte und einfache Leute gehörten. Noch bis Sonntag, 6. Januar 2019, offenbart die Ausstellung Paula Modersohn-Becker: Zwischen Worpswede und Paris im Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum, das mit dem Pfund von 22 Gemälden im Eigenbesitz wuchert, den schweren Kampf der Künstlerin um Anerkennung in einer von Männern dominierten Kunstwelt um die Jahrhundertwende 1900. 1876 in Dresden geboren und in Bremen aufgewachsen, besucht Paula Becker 1892 an der Londoner St. John's Wood Art School Zeichenkurse. Weil ihr in Deutschland als Frau der Zugang zu Akademien versagt bleibt, nimmt sie privaten Mal-Unterricht in Bremen, Berlin und Worpswede. In der Künstlerkolonie vor den Toren Bremens, wohin sie 1898 übersiedelt, lernt sie Fritz Mackensen, Fritz Overbeck und ihren späteren Gatten Otto Modersohn kennen. Sie stellt im Jahr darauf erstmals in der Bremer Kunsthalle aus – und erntet vernichtende Presse-Kritiken.

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Alte Armenhäuslerin, um 1905.

Am Neujahrstag1900 beginnt ihr erster von insgesamt vier Paris-Aufenthalten, wo sie unter anderem am Institut Rodin und an der Ecole des Beaux-Arts studiert und sich stark beeindruckt zeigt von den Bildern Paul Cezannes. Nach dem Tod seiner Gattin Helene heiraten 1901 Otto Modersohn und Paula Becker. Wieder in Paris befreundet sie sich mit Rodins Sekretär Rainer Maria Rilke, der zu den regelmäßigen Gästen Heinrich Vogelers in dessen Worpsweder Jugendstilanwesen Barkenhoff gehört. Rodin wird Paulas Mentor. „Ich glaube“, schreibt Paula am 12. Februar 1899 an ihre Eltern, „ich werde mich von hier fortentwickeln. Die Zahl derer, mit denen ich es aushalten kann, über etwas zu sprechen, was meinem Herzen und meinen Nerven naheliegt, wird immer kleiner werden.“ Stets schwankt sie zwischen dem idyllischen Worpswede und der großen weiten Welt in Paris, wo ihre Arbeiten die ermutigende Zustimmung von Künstlerkollegen wie des Bremer Bildhauers Bernhard Hoetger erhalten. Erst Ende 1906 sind vier Bilder von ihr im Rahmen einer Worpsweder Gruppenausstellung in Bremen und Berlin zu sehen – und erregen positive Aufmerksamkeit.

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Als Paula im Jahr darauf schwanger ist, kehrt sie nach Worpswede zurück. Zwei Wochen, nachdem sie ihre Tochter Mathilde zur Welt gebracht hat, stirbt Paula Modersohn-Becker im Alter von nur 31 Jahren an einer Embolie. Für den posthumen Durchbruch der heute weltweit als Vorläuferin des Expressionismus anerkannten Künstlerin sorgt 1913 die erste große Retrospektive im Elberfelder Wohnhaus des Bankiers August von der Heydt, der selbst dreißig Werke erwirbt. Und damit schließt sich der Kreis zur mit 80 Bildern und Skulpturen umfangreichen Wuppertaler Ausstellung, die auch Werke ihrer Anreger und Lehrer wie Max Klinger, Arnold Böcklin, Walter Leistikow und Otto Modersohn sowie der französischen Avantgardisten wie Rodin, Maillol, Cezanne und Gaugin umfasst.

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  • Sonntag, 9. September 2018
  • Sonntag, 6. Januar 2019
| Autor: Pitt Herrmann