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Dr. Renate Sommer

Juni-Brief aus Straßburg

Die Europaabgeordnete für das Ruhrgebiet, Dr. Renate Sommer, schreibt im Mai 2018 in ihrem Brief aus Straßburg: „In seiner Juni-Plenartagung in Straßburg diskutierte das Europäische Parlament mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte über die Zukunft Europas. Des Weiteren wurde unter anderem über die Sitzverteilung nach dem Brexit und Vorschriften für die Sicherheit von Drohnen abgestimmt sowie der anstehende EU-Gipfel zur Reform der Währungsunion vorbereitet.

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Zukunft Europas: Nach Emmanuel Macron (Frankreich) und Xavier Bettel (Luxemburg) diskutierte in dieser Woche der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte seine Vorstellungen zur Zukunft der Union mit uns. Neben dem Binnenmarkt, der Währungsunion sowie der gemeinsamen Migrations- und Sicherheitspolitik nannte Rutte den Klimaschutz als Kernaufgabe der EU. Das verwundert nicht, denn bei einem weltweiten Temperaturanstieg droht die Überflutung weiter Teile der Niederlande. Rutte steht einer Erweiterung der EU skeptisch gegenüber. Zudem forderte er Einschnitte im EU-Haushalt nach dem Brexit, denn mit dem Austritt des Nettozahlers Großbritannien aus der EU fehlen im gemeinsamen Haushalt etwa 14 Milliarden Euro. Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron haben dagegen bereits erklärt, dass sie zu einer Steigerung ihres Beitrags zum EU-Haushalt bereit sind. Allein durch Kürzungen in anderen Bereichen werden sich künftige Aufgaben, wie der dringend notwendige Schutz der EU-Außengrenzen, mehr gemeinsame Forschungspolitik oder die Europäische Verteidigungsunion nicht finanzieren lassen. Weiterhin sprach sich Mark Rutte gegen eine Transferunion aus. Finanzschwache Mitgliedsstaaten sollten erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren und Strukturreformen durchführen. Erst dann könne über Nachbarschaftshilfe nachgedacht werden. Auch der Idee des „sozialen Europa“ erteilte er eine Absage. Der EU-Haushalt sei schließlich nicht dazu gedacht, den Mitgliedstaaten die Aufgabe der Sozialfürsorge für ihre Bürger abzunehmen. Damit spricht er der CDU/CSU aus der Seele. Offenbar vergisst der niederländische Regierungschef jedoch, dass die Niederlande aufgrund von Steuervergünstigungen für Großunternehmen zu Steuerflucht beitragen und damit durchaus für Haushaltslücken in anderen EU-Ländern mitverantwortlich sind.

EU-Parlament nach Brexit: Großbritannien ist einer der größten EU-Mitgliedstaaten ist und stellt 73 Abgeordnete im Europäischen Parlament. Mit dem Brexit Ende März 2019 werden diese Sitze frei. Wir mussten uns also damit befassen, wie die Sitzverteilung künftig neu geregelt werden soll. Nach dem Vertrag von Lissabon darf das Europäische Parlament höchstens 751 Mitglieder haben, wobei auf jeden Mitgliedstaat mindestens 6 und höchstens 96 Sitze entfallen. Die Sitze sollen proportional zur Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten vergeben werden. Wir haben nun die Gelegenheit genutzt, um das EU-Parlament ab der nächsten Europawahl Ende Mai 2019 von insgesamt 751 Sitzen auf 705 Sitze zu verkleinern und somit Kosten zu senken. Lediglich 27 der britischen Sitze werden dann also auf andere Mitgliedstaaten aufgeteilt. Insbesondere Länder wie Frankreich und Spanien, die bisher proportional benachteiligt waren, profitieren davon. Deutschland hingegen hat bereits die im Europäischen Verfassungsvertrag festgeschriebene Höchstzahl von 96 Sitzen und erhält deshalb kein zusätzliches Mandat. Streit gab es bis zuletzt über eine sogenannte Reserveliste. Der zuständige Verfassungsausschuss hatte dafür plädiert, die 27 frei werdenden Sitze an Kandidaten zu vergeben, die länderübergreifend auf einer Europa-Wahlliste kandidieren. Die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament hatte sich aber schon immer gegen transnationale Listen ausgesprochen. Wir befürchten, dass solche Wahllisten die Legitimation des EU-Parlaments schwächen würden, weil die dringend benötigte Bürgernähe bei Kandidaten aus jeweils anderen Mitgliedstaaten nicht mehr gewährleistet ist. Zum Glück konnte sich die Idee im Plenum nun auch nicht durchsetzen. Stattdessen wird die Reserve von 46 Sitzen nun für mögliche zukünftige EU-Beitrittsländer vorgehalten.

Sicherheit von Drohnen: Künftig müssen Drohnenund ihre „Piloten“ in der EU registriert werden. Entsprechende Sicherheitsauflagen haben wir in dieser Woche beschlossen. Demnach werden die Vorschriften für Drohnen und Drohnenbetreiber EU-weit vereinheitlicht. 28 unterschiedliche, mitgliedstaatliche Regelungen werden damit obsolet. Für Drohnen mit weniger als 150 Kilogramm Gewicht sind bislang die einzelnen EU-Staaten zuständig. Die neuen Regeln sehen unter anderem vor, dass einige Drohnenbetreiber künftig ein Training absolvieren müssen, bevor sie ihr Gerät fliegen lassen dürfen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass sich ihre Drohne in ausreichender Entfernung zu anderen Objekten im Luftraum befindet. Die neuen EU-Regeln für zivile Drohnen schaffen den längst überfälligen Binnenmarkt für die unbemannte Luftfahrt. Für Hersteller, Entwickler, Unternehmer und Bürger gibt es damit einen klaren Rahmen und Planungssicherheit entsprechend europäischer Standards. Das neue EU-Gesetz weitet die Kompetenzen der Luftfahrt-Sicherheitsagentur EASA aus. Die meisten Drohnen müssen künftig zentral zertifiziert und registriert werden. So wird klargestellt, wer bei Unfällen die Verantwortung trägt und wer ggfs. für die Verletzung der Privatsphäre zur Rechenschaft gezogen werden kann.

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Reform der Währungsunion: Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Europäische Kommission einen Fahrplan zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion vorgelegt. Das soll zu einem Anstieg der Beschäftigung, des Wirtschaftswachstums und der Investitionsfähigkeit führen sowie die ökonomische Stabilität erhöhen, damit auch weiterhin die Konkurrenzfähigkeit der EU gewährleistet werde. Auf dem nächsten EU-Gipfeltreffen am 28./29. Juni wollen die Mitgliedstaaten u.a. Beschlüsse zur Reform der Währungsunion fassen. Dank des robusten Wirtschaftswachstums in der Eurozone ist der Zeitpunkt nun günstig, unsere Währungsunion zukunftsfest zu machen. Die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) auf Basis der bewährten Struktur des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ist dabei ein sehr sinnvoller Schritt. So kann auch in Zukunft Mitgliedsstaaten mit Krediten geholfen werden, wenn sie mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfen - sofern sie strenge Reformauflagen erfüllen. Ein starkes und stabiles Euro-Währungsgebiet ist für die exportstarke deutsche Wirtschaft von zentraler Bedeutung."