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„Einmal möcht‘ ich was Närrisches tun!“: Für einen fulminanten Auftakt mit Franz Lehár sorgen Rinnat Moriah und George Vîrban.

Operettengala im Aalto Musiktheater Essen

'Einmal möchte‘ ich was Närrisches tun!'

Mit einer absoluten Rarität, der Operette „Paganini“, mit der Franz Lehár 1925 dem italienischen Komponisten und Violinvirtuosen Niccolò Paganini ein Denkmal setzte, beginnt ein grandioser Abend am Essener Aalto-Musiktheater, der dem heutzutage so schwer zu machenden Unterhaltungsgenre Operette in seiner kakanischen Form huldigt. Zwei beglückende Stunden bewegt sich der treffend mit „Einmal möcht‘ ich was Närrisches tun!“ betitelte und leider nur zweistündige Abend zwischen den Metropolen Wien und Budapest.

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Dass mit „Eine Nacht in Venedig“ auch ein geographischer Ausreißer dabei ist, wie die charmante Moderatorin Bettina Ranch zu Beginn des zweiten Teils nach der Pause anmerkte, stimmt nur halb: Die Operette, die seit 2018 auf dem Aalto-Spielplan steht als ein szenisch wie musikalisch grellbuntes Feuerwerk im Dreivierteltakt in der Inszenierung Bruno Klimeks, feierte als einziges Werk des Walzerkönigs Johann Strauß zwar nicht in Wien, sondern in Berlin Uraufführung. Spielt aber in der Lagunenstadt, die 1798 Teil des Habsburger Reichs wurde und mit einer kurzen Unterbrechung bis 1866 zu Österreich-Ungarn gehörte.

v. l. Aljoscha Lennert, Lisa Wittig und Baurzhan Anderzhanov begeistern in der Essener Operettengala.

Die Operette hat es in Deutschland lange Zeit schwer gehabt: zu verstaubt, zu gestrig, einfach überholt. Dabei hat sie sich so ziemlich über alles lustig gemacht, die Politik, Kunst und Kultur, vor allem aber über sich selbst. Daran hat sich erst 1994 die freie Berliner Szene erinnert mit Ralph Benatzkys „Weißem Rössl“ in der „Bar jeder Vernunft“. Mit Barrie Koskys zehnjähriger Intendanz an der Komischen Oper Berlin setzte 2012 eine bundesweite Renaissance der einstigen „Königin der Unterhaltungskunst“ ein.

So schräg und frech wie an der Berliner Behrenstraße geht’s jetzt am Essener Opernplatz nicht freilich zu bei den herrlich nostalgischen Arien, Duetten, Ensembles und Instrumentalstücken von Johann Strauß, Emmerich Kálmán, Franz Lehár, Carl Millöcker, Nico Dostal und Carl Zeller. Aber ungemein abwechslungsreich, weil neben den populären Highlights auch Entdeckungen wie Franz Lehárs „Giuditta“ genossen werden können – mit der israelischen Sopranistin Rinnat Moriah, einem Gast aus dem Ensemble der Oper Dortmund.

Alle anderen Gesangssolisten, denen das Premierenpublikum am 23. März 2024 förmlich zu Füßen lag, entstammen dem eigenen Haus. Und die können nicht nur hervorragend singen, sondern auch Entertainment, wie etwa die Berliner Mezzosopranistin Bettina Ranch und der rumänische Tenor George Vîrban gleich zu Beginn unterstreichen – und dem musikalischen Leiter Tommaso Turchetta den Stab aus der Hand nehmen.

Für die höchst unterhaltsame szenische Einrichtung zeichnet Marijke Malitus verantwortlich, die offenbar u.a. bei Stefan Herheim, Dietrich W. Hilsdorf und Barrie Kosky einiges mitbekommen hat: Zu Herzen gehende Melancholie bei „Grüß mir mein Wien“ aus Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“ mit dem Nürnberger Tenor Aljoscha Lennert wird abgelöst durch saftiges Spiel an der Rampe des ostwestfälischen Bass Sebastian Pilgrim mit dem Evergreen „Ja, das Schreiben und das Lesen“ des Schweinezüchters Kálmán Zsupán aus dem „Zigeunerbaron“.

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Lisa Wittig mit dem „Vilja-Lied“ aus der „Lustigen Witwe“, Sebastian Pilgrims Schulter-Kuss aus dem „Bettelstudent“, große Tanzeinlagen des Aalto-Balletts zur „Fledermaus“-Ouvertüre und Nico Dostals „Ungarischem Marsch“, der kasachische Bass-Bariton Baurzhan Anderzhanov im komödiantischen Duett mit Aljoscha Lennert – die Höhepunkte nehmen schier kein Ende bis zum großen „Fledermaus“-Finale. Die Operettengala wird in dieser Spielzeit nur noch dreimal gegeben, Karten unter theater-essen.de, im Ticket-Center in der Essener City, II. Hagen 2, an der Kasse des Aalto-Theaters, Opernplatz 10 sowie unter Tel. 0201- 81 22 200.

Juni
28
Freitag
Freitag, 28. Juni 2024, um 19:30 Uhr
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  • Sonntag, 31. März 2024, um 16:30 Uhr
  • Donnerstag, 18. April 2024, um 18 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann