
Neu im Kino
'Der schlimmste Mensch der Welt'
Wo ist nur die Zeit geblieben? Julie (Renate Reinsve) wird bald dreißig und kann es kaum glauben. Während ihr vierzehn Jahre älterer Freund Aksel (Anders Danielsen Lie), den sie in einer Bar kennengelernt hat, als erfolgreicher Comicbuch-Autor durchstartet, kann sie auf ihre abgebrochenen Studiengänge der Medizin und der Psychologie nicht wirklich stolz sein. Derzeit jobbt sie in der Osloer Uni-Buchhandlung und könnte sich vorstellen, Fotografin zu werden. Julie geht einer seriösen Familienplanung lieber aus dem Weg – obwohl die biologische Uhr tickt.
Zu viel scheint für sie noch möglich, um sich fest zu binden und Kinder in die Welt zu setzen. Obwohl sie rückblickend auf ihre Familie feststellt, dass alle ihre weiblichen Vorfahren mehrere Kinder hatten. Was Julie eigentlich will? Spaß, leidenschaftlichen Sex, gern auch mit anderen Männern. Und eine glückliche Zukunft, bitte auch in beruflicher Hinsicht. Nur wie ist das anzustellen?

Eine unverhoffte Begegnung in der Buchhandlung verhilft Julie zur Einladung auf eine Hochzeitsparty, wo sie auf den charmanten, in etwa gleichaltrigen Eivind (Herbert Nordrum) trifft – und für eine Nacht steht die Zeit still. Das muss Liebe sein, ist sich die sonst so unentschlossene Julie sicher. Jedoch fällt ihr die nahende Trennung von Aksel deutlich schwerer als gedacht. Zumal er an Krebs erkrankt ist und mit schlechter Prognose in der Klinik liegt.
Ist Eivind wirklich der richtige Mann fürs Leben? Jedenfalls ist Julie schwanger, als sie Aksel im Krankenhaus besucht. Soll sie das Kind bekommen? Eivind ist dafür – und Aksel macht der Liebe seines nun zu Ende gehenden Lebens Mut. Doch wieder meldet sich Julies wankelmütiges Wesen – sie ist einfach der hoffnungslos schlimmste Mensch der Welt, oder?
„Der schlimmste Mensch der Welt“, am 8. Juli 2021 in Cannes uraufgeführt, ist ganz großes skandinavisches Befindlichkeits-Kino in zwölf Kapiteln. Dabei galt dieses Genre bisher als Domäne des deutschen Films. Joachim Triers moderne Variante einer klassischen romantischen Komödie wartet mit langen Dialogen und einer nervigen Erzählerin (Ine Jansen) auf, aber auch mit einer tollen Besetzung. Das bei uns weitgehend unbekannte Darstellerensemble wird angeführt von der mehrfach national ausgezeichneten norwegischen Theaterschauspielerin Renate Reinsve in ihrer ersten Spielfilm-Hauptrolle, die für ihr elektrisierendes Spiel einer spontanen Frau, welche auf der nicht enden wollenden Suche nach ihrer Identität plötzlich mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert wird, völlig zurecht den Preis als „Beste Darstellerin“ in Cannes gewann.
Joachim Trier im Koch Films-Presseheft: „Es ist paradox. Einerseits betrachte ich die Menschen in unserer heutigen Gesellschaft: Niemand empfindet Liebe als einfach oder erlebt sie in dem Rahmen, den uns romantische Filme oft vermitteln. Ja, wir leben in einer Zeit extremer Wahlmöglichkeiten, und letztlich haben viele Menschen das Gefühl, nicht wählen zu können oder nicht zu wissen, was sie wählen sollen. Es ist eine sehr komplizierte Zeit, um einen Partner fürs Leben zu finden.“
Der gut zweistündige „Coming-of-Age-Film für Erwachsene“, so Regisseur Joachim Trier, ist auf 35mm gedreht: So kann der dänische Kameramann Kasper Tuxen das besondere Licht der norwegischen Hauptstadt einfangen, die eine wichtige Rolle in „Der schlimmste Mensch der Welt“ spielt. Vor dem bundesweiten Kinostart am 2. Juni 2022 gibt es in unserer Region zwei Vorpremieren: Am Samstag, 28. Mai 2022, um 19:30 Uhr im Bochumer Hauptbahnhofs-Kino Metropolis sowie am Montag, 30. Mai 2022, um 20 Uhr im Düsseldorfer Cinema.
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- Samstag, 28. Mai 2022, um 19:30 Uhr