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In guten, wie in schlechten Zeiten: Die Freunde Riccardo, Paolo, Gemma und Giulio zusammen mit Gemmas Sohn Leonardo (Ilan Muccino).

Wundervolle, zu Herzen gehende Kino-Komödie

Auf alles, was uns glücklich macht

Als Kinder, die im Grunde genommen sehr behütet in einer Kleinstadt aufwachsen, sind die vier Freunde Giulio (Francesco Centorame), Gemma (Alma Noce), Paolo (Andrea Pittorino) und Riccardo (Matteo de Buono) unzertrennlich. Doch im Laufe ihres weiteren Lebens führen unterschiedlicher materieller Wohlstand, persönliche Schicksalsschläge sowie Giulios und Paolos romantische Gefühle für Gemma, die im Alter von 16 Jahren ihre Eltern verlor und in einer ihr fremden Stadt bei einer Tante in Neapel zurechtkommen musste, dazu, dass sich die Lebenswege des so unterschiedlichen Quartetts binnen vierzig Jahren immer wieder getrennt haben – um schließlich auf geradezu schicksalhafte Art wieder zusammengeführt zu werden.

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Paolo Incoranato (Kim Rossi Stuart) ist Lehrer für Italienisch, Latein und Griechisch geworden. Im Alter von sechs Jahren hat er seinen Vater verloren und hängt seitdem an seiner dominanten Mutter (Paola Sotgiu), woran letztlich eine tiefere Beziehung zur einzigen Liebe seines Lebens, Gemma (Micaela Ramazzotti), scheitert. Die mit 18 Jahren bei der ungeliebten Tante auszieht, aber in die Fänge von Nunzio (Gennaro Apicella), einem Zuhälter-Typen, gerät. Giulio Ristuccia (Pierfrancesco Favino), von kleinauf höchst ehrgeizig, hat es zum Rechtsanwalt und mächtigen Strippenzieher hinter den Kulissen von Politik und Wirtschaft gebracht. Er ist mit Margherita (Nicoletta Romanoff) verheiratet, der Tochter des in einen Parteienskandal verwickelten Abgeordneten und ehemaligen Gesundheitsministers Sergio Angelucci (Francesco Acquaroli). Beide sind weder durch ihr Vermögen noch durch ihre reizende Tochter Sveva (Elisa Visari) zu glücklichen Menschen geworden.

Die Freunde Giulio, (h.l.), Riccardo (v), Gemma und Paolo bei der Hochzeit von Riccardo und Anna.

Riccardo Morozzi (Claudio Santamaria) dagegen ist als selbsterklärter Lebenskünstler das Bindeglied zwischen den Freunden. Als Bildender Künstler unbegabt, aber als Mensch voller Herzenswärme, leidet er unter der Trennung von seinem Sohn Leonardo (Ilan Muccino), welcher ihm von seiner „Ex“ Anna (Emma Marrone), einer gescheiterten Schauspielerin, aus reiner Rachsucht vorenthalten wird. Riccardo, ein Träumer, der mehr in der Vergangenheit als im Hier und Jetzt lebt, bekommt am glücklichen Ende gerade noch die Kurve – als bescheidener, letztlich aber nicht unzufriedener Olivenbauer auf dem Anwesen seiner verstorbenen Hippie-Eltern. Mehr wird hier freilich nicht verraten...

Außer, dass alle vier Protagonisten selbst als Erzähler unmittelbar vor die Kamera Eloi Molis treten und Regisseur Gabriele Muccino („Sieben Leben“, „Das Streben nach Glück“, „Ein letzter Kuss“) neben der Zeit- (Fall der Berliner Mauer) auch die Filmgeschichte in Beziehung zu ihnen setzt. So ist „Auf alles, was uns glücklich macht“ ist eine wunderbare, mit 130 Minuten noch eher zu kurze Erzählung über Freundschaft, Liebe und die Suche nach dem eigenen Lebensweg vor der sommerlichen Kulisse Italiens. Welche sich auch im großartigen Soundtrack widerspiegelt: der enthält nicht nur neapolitanische Volkslieder wie „Funicili funicula“ und populäre Canzoni etwa von Claudio Baglioni, sondern auch Klassisches von Tschaikowskys Blumenwalzer bis hin zum emotionalen Höhepunkt, „E lucevan le stelle“ aus Puccinis Oper Tosca.

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Die bereits 2019 fertiggestellte herzerfrischende Komödie begeistete trotz Corona-Pandemie im vergangenen Jahr rund 900.000 Kinogänger und ist nun nach mehrfachen Verzögerungen am 14. Oktober auch in die deutschen Kinos gekommen, bei uns zu sehen im Casablanca Bochum, im Eulenspiegel Essen sowie im Düsseldorfer Bambi. Alle Italien-Liebhaber, aber auch Cineasten werden an dieser Hommage an die großen italienischen Filmemacher wie Federico Fellini (Trevi-Brunnen-Zitat aus „Dolce vita“), Cesare Zavattini und Ettore Scola, der 1974 mit „Wir hatten uns so geliebt“ („C'eravamo tanto amati“) einen ähnlich berührenden Film über das Wesen der Freundschaft in die Kinos brachte, ihre Freude haben.

| Autor: Pitt Herrmann