Anwalt setzt Zwangsgeld gegen Sinterwerke durch
Ein vom Arbeitsgericht in erster Instanz festgestellter "Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens" nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage ist auch dann "vollstreckbar" wenn der unterlegene Arbeitgeber gegen das Urteil Berufung einlegt. Diese im Arbeitsrecht nicht unübliche Praxis dürfte auch der Geschäftsführung der Herner Sinterwerke an der Forellstraße nicht unbekannt sein. Und trotzdem ignorierte das Unternehmen im Fall des Anlagenbetreuers Helmut W., nach dessen von Rechtsanwalt Dr. Ingo Benninghoven erfolgreich vertretenen Klage gegen die Kündigung zum 30. November 2015, die gerichtliche Feststellung, ließ W. draußen vor der Tür und kündigte in diesem Jahr noch einmal.
Der Arbeitnehmer, einer von 34, die nach dem Standortsicherungsvertrag zwischen der IG Metall und dem im letzten Jahr nach Insolvenzantrag von den Geschäftsführern Matusche und Dübbers in Eigenverantwortung geführten Unternehmen ihren Arbeitsplatz mit nur dreimonatiger Kündigungsfrist verloren, zog mit seinem Anwalt erneut vor Gericht und erwirkte die Festsetzung eines Zwangsgelds, das mit 3.395 Euro "für den Fall der Zuwiderhandlung" zunächst noch moderat ausfiel. Dennoch erhob die Firma mit den Hamburger Anwälten Hölck und Löptien beim Herner Arbeitsgericht eine sogenannte "Vollstreckungsabwehrklage", der in der zweiten Juliwoche noch ein Vollstreckungsversuch vorausgegangen war. Am 13. Juli hatte ein Gerichtsvollzieher an der Forellstraße niemand angetroffen und war unverrichteter Dinge wieder abgezogen.
Die Argumente der Arbeitgeberseite, dass W. während der Zeit der Weiterbeschäftigung auch krank gewesen sei und außerdem später Arbeitslosengeld bekommen habe, ließ die Kammer von Richterin Jessica Bollig nicht gelten. Nach einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit hatte sich W. nach Aufforderung des Arbeitsgebers einer betriebsärztlichen Untersuchung gestellt, die mit dem Ergebnis "Wieder arbeitsfähig" endete. Gleichwohl hatte man W. nicht zurück an seinen Arbeitsplatz gelassen. Dann die fristlose Kündigung am Tag des 55. Geburtstags, weil W. nach seiner vom Unternehmen veranlassten Abmeldung von der Sozialversicherung das Arbeitsamt um Hilfe gebeten hatte. Dessen zum Glück für W. positiver Leistungsbescheid hatte W. allerdings erst nach dem gerichtlichen Gütetermin zur zweiten Kündigung erreicht.
Das Urteil des Arbeitsgerichts: "Die Vollstreckungsabwehrklage wird abgewiesen." Sollte das Unternehmen sich jetzt noch weiter sperren, droht ein neues und dann wohl weitaus höheres Zwangsgeld, "das im Ermessen des Gerichts" steht. (AZ 6 Ca 1046/16)