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In den Klassenzimmern soll bald wieder Betrieb herrschen.

GEW und Grüne kritisieren. Schulleitungen treffen Maßnahmen

Schulöffnungen: Lage 'katastrophal'

Die von der Bundesregierung und NRW-Landesregierung beschlossenen Pläne, die derzeit aufgrund der Covid-19-Epidemie geschlossenen Schulen schrittweise wieder zu öffnen, stoßen in Herne auf Kritik. Carsten Piechnik, Vorsitzender des Stadtverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht die Entscheidung aus zwei Gründen als „katastrophal“ an. Jörg Höhfeld, schulpolitischer Sprecher der Herner Grünen, bezeichnet die Pläne als „verantwortungslos“ gegenüber Schülern und Lehrkräften. Zwei Schulleiterinnen schildern ihre Maßnahmen.

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Der Beschluss sieht vor, dass zunächst ab Montag, 20. April 2020, die weiterführenden Schulen wieder öffnen sollen. Ab Donnerstag, 23. April 2020, sollen die ersten Schüler zur Vorbereitung auf ihre Prüfungen und Abschlüsse wieder in die Schule gehen können. Sollte die Entwicklung der Infektionszahlen es zulassen, sollen ab Montag, 4. Mai 2020, die vierten Klassen der Grundschulen geöffnet werden, um die Vorbereitung auf die weiterführenden Schulen zu ermöglichen.

Für den Herner GEW-Vorsitzenden Carsten Piechnik ist das der falsche Schritt. „Zum einen ist die Stoßrichtung dahingehend, die Prüfungen, egal wie hoch der Druck ist oder noch wird, durchzusetzen. Dabei wird keine Rücksicht darauf genommen, wie es den Kindern geht und welche Sorgen sie mit sich herumtragen“, sagt er. „Viele Kollegen haben den Wunsch, sich mehr um die Schüler kümmern zu können. Dabei geht es nicht einmal um die technische Ausstattung zu Hause, sondern wie viel Platz sie zum Lernen haben und ob sie Druck oder Gewalt ausgesetzt sind.“ Ferner findet er, dass die Landesregierung das Abitur als zu wichtig ansieht.

Abitur mit Risiko

„Als zweiten wichtigen Punkt ist die Hygiene in den Schulen anzuführen. Meiner Meinung nach können die Schulen die Bedingungen gar nicht umsetzen, erst recht nicht in Verbindungen mit den folgenden Prüfungen“, gibt Piechnik an. „Schüler müssen sich fragen: Gehe ich das Risiko ein, zur Schule wegen des Abiturs zu gehen, obwohl sie im Haushalt mit Risikopatienten leben? Ebenso müssen sich das die Lehrkräfte fragen, die teils selbst zur Risikogruppe gehören.“ Schülern ist es in NRW selbst überlassen, ob sie zu den Prüfungsvorbereitungen in der Schule erscheinen. Möchten sie das nicht, müssen sie sich rechtzeitig abmelden.

„Zusätzlich sind die Hygienestandards schlecht, die Bedingungen sind kaum zu erfüllen. Auch wenn in zwei Schichten unterrichtet wird, damit die Abstände eingehalten werden können, müssten dazwischen die Klassenräume gesäubert werden. Das ist nach meiner Kenntnis nicht gesichert“, erläutert Piechnik. „Insgesamt ist das nicht zu Ende gedacht, das wird viel Chaos geben.“

Jörg Höhfeld von den Grünen fordert, dass jede mögliche Gefährdung minimiert und ein Hygieneplan für jede Schule erstellt werden müsse. Dies beinhalte genügend Materialien wie Desinfektionsmittel, Seife und Schutzmasken.

Jörg Höhfeld, schulpolitischer Sprecher der Grünen, kritisiert die Pläne.

„Den Schulen nur knapp eine Woche Vorlauf zu geben, um die Wiederaufnahme des Schulbetriebs zu organisieren, stellt unsere Stadt Herne als Schulträger nicht nur vor enorme Herausforderungen, sondern ist fahrlässig. Wichtige Fragen sind noch immer offen, einheitliche Standards Fehlanzeige. Obwohl Lehrer ab Montag und Schüler ab Donnerstag wieder in die Schulen kommen sollen, ist nicht verbindlich geklärt, ob an allen Schulen Vorgaben zu Abstandsregelungen eingehalten werden können, wie viele Lehrkräfte aufgrund von Risiken freigestellt werden müssen, welche Hygienemaßnahmen für die Schulen und den Schülerverkehr vorgegeben werden bzw. ob sie auch flächendeckend umgesetzt werden können“, gibt Höhfeld an.

„Dass die Landesregierung die Abwägung der gesundheitlichen Risiken auf die einzelnen Schüler abgewälzt hat, ist verantwortungslos und inakzeptabel. Es ist unzumutbar, dass die Schüler sich jetzt zwischen Gesundheitsschutz für ihre Familie und Prüfungsvorbereitung in der Schule entscheiden müssen“, so Höhfeld.

Viel zu tun hat derzeit nicht nur Nicole Nowak, Schulleiterin des Haranni-Gymnasiums. Die Berücksichtigung der verschiedenen Hygienemaßnahmen verursachen einiges an Organisationsaufwand. „In den Räumen werden die Tische einzeln mit zwei Metern Abstand aufgestellt, pro Tisch darf nur ein Schüler Platz nehmen. In Kursen mit nur einer Anzahl von beispielsweise acht Schülern ist der Platz kein Problem“, sagt Nowak. „In den Leistungskursen ist dann geteilter Schichtbetrieb.“ Wichtig ist ihr die Reinigung und Desinfektion der Räume: „Wir haben ein Ampelsystem eingeführt, welches mit Rot symbolisiert, dass der Raum noch geputzt werden muss, Grün bedeutet wieder bereit für den nächsten Kurs. Allerdings erst am nächsten Tag.“ Hierbei soll der Wert auf Qualität und nicht auf Schnelligkeit gelegt werden.

Nur große Klassenräume werden genutzt

Waschbecken, Seife und Papierhandtücher seien in allen Räumen vorrätig. Generell hat die Schulleitung am Haranni nur die größeren Klassenräume ausgesucht, in Räumen nebeneinander finden keine zwei Kurse parallel statt. „Wir haben uns das sehr genau durchdacht. Die Ankunft der Schüler ist genau geplant, Wege sind gekennzeichnet, bestimmte Bereiche ganz gesperrt. Um Ansammlungen vor der Türe zu vermeiden, ist eine Aufsicht vor Ort. Außerdem sind die Pausen aufgeteilt, sodass nur eine geringe Anzahl an Schülern gleichzeitig Pause hat.“

Glücklicherweise hätte die Schule fünf Reinigungskräfte, die das Gebäude gut kennen und zusätzlich noch genaue Anweisungen erhalten würden, sagt die Schulleiterin des Haranni. Von den Lehrerkollegen seien derzeit so wenig wie möglich anwesend, so Nowak weiter. Der Großteil der Schüler soll am Donnerstag vor Ort, ein paar hätten sich aber mit Verweis auf Risikogruppen in ihrem Umfeld abgemeldet. „Ich persönlich hätte mit den Öffnungen noch bis zum 4. Mai gewartet. Aktuell ist es ein Kompromiss zwischen offenen Fragen in Hinblick auf die Prüfungen klären und dem Risiko zu einer Ansteckung.“

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Antje Fehrholz, Schulleiterin des Gymnasiums Eickel, war die ganzen Osterferien in der Schule vor Ort, ohne jedoch wirklich zu wissen, was sie planen soll. „Wir tun aktuell unser Möglichstes und setzen die Vorgaben um, die Menschen, die sich auskennen, getroffen haben. Damit sind alle beschäftigt, vom Hausmeister bis zur Schulleitung.“

| Autor: Marcel Gruteser
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