Schulpsychologin überstand Probezeit nicht und klagte
Diesen Start ins Berufsleben bei der Stadt Herne hatte sich eine promovierte Psychologin sicherlich anders vorgestellt. Am 1. August letzten Jahres trat sie nach erfolgreicher Bewerbung ihren Dienst als Schulpsychologin mit sechsmonatiger Probezeit an und bekam, kaum war das neue Jahr 2016 zwei Wochen alt, die fristgerechte Kündigung zum Ablauf der Probezeit am 31. Januar. Hauptsächlich wegen fachlicher Mängel, die die Stadt als Dienstherr im Rahmen der Anhörung für den Personalrat "sehr ausführlich" auflistete, wie Arbeitsrichterin Große-Wilde jetzt feststellte. Nach der Kündigung reagierte die Psychologin erst, als die dreiwöchige Klagefrist längst abgelaufen war. Doch jetzt richtete sich die von Rechtsanwalt Bischop vertretene Klage auf einen anderen Punkt, der in der Kündigung zusätzlich erwähnt worden war und nach Auffassung der Klägerseite "diskriminierend" sei
Die Klägerin leidet an einem sogenannten "Tic". Laut Wikipedia ein "Krankheitssympton, das eine kurze und unwillkürliche, regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrende und teilweise komplexe motorische Kontraktion einzelner Muskeln oder Muskelgruppen beschreibt." Im konkreten Fall ein Schniefen, wenn sich die Betroffene in psychologisch angespannten Situationen befindet, wie im Gerichtstermin auch mehrfach zu vernehmen war. Laut Wikipedia ein "einfacher vokaler Tic", wie beispielsweise "Räuspern, Hüsteln oder mit der Zunge schnalzen." In den Augen von Klägerin und ihrem Anwalt allerdings eine "Behinderung" und deshalb im Fall einer Kündigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz" (AGG) schadenersatzpflichtig.
Von der Höhe einer Schadenersatzleistung hatte der Anwalt denn auch gleich eine klare Vorstellung. 20.000 Euro müssten es schon sein. Das löste bei den städtischen Prozessvertretern Maykemper und Gansen sofort deutliche Ablehnung aus. Und auch Richterin Große-Wilde, die den geschilderten "Tic" als Behinderung ebenfalls infrage stellte, schlug deshalb zur Lösung des Streits ohne weiteren Kammertermin und möglicherweise noch einem Gutachten eine Summe von 5.000 Euro vor. Immerhin war die Frau nach Dienstbeginn auch noch nach Herne umgezogen. Die Stadt signalisierte Zustimmung, während die Klagerseite jetzt drei Wochen Zeit hat, sich die Annahme des Vorschlags zu überlegen. (AZ 3 Ca 554/16)