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Gericht hebt Kündigung der Vestischen auf

Recklinghausen / Herten / Herne. Das Arbeitsgericht Herne hat am Mittwoch (11.2.2015) die am 28. Juli 2014 von der Vestischen Straßenbahnen GmbH ausgesprochene fristlose Verdachtskündigung von Linienbusfahrer Uwe F. aufgehoben und das von Rechtsanwalt Saul vertretene Hertener Nahverkehrs-Unternehmen verpflichtet, den seit über 22 Jahre beschäftigten und 52 Jahre alten Fahrer zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

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Der Mann war am 2. Juli zwischen zwei Schichten auf dem Betriebshof zum Alkoholtest zitiert worden, weil der Tourenleiter Alkohol geschnuppert hatte. Das Ergebnis: Fast 0,5 Promille und damit schon eine Überschreitung der relativen Fahruntüchtigkeit von 0,3 Promille, wobei bei Busfahrern sogar die 0,0 Promille-Grenze gilt. Der von Rechtsanwalt Riepenhoff vertretene Fahrer verwies schon Ende November im ersten Kammertermin darauf, dass er regelmäßig das verschreibungsfreie Spray Laryngsan zur Pflege der Mundschleimhäute und als Schutz vor deren Austrocknen benutze. Das Spray habe er stets bei sich und es damals auch den beim Alko-Test anwesenden drei Kollegen in seinem Koffer gezeigt. Doch es habe sich niemand dafür interessiert, dass auf dem Sprayfläschchen ein Alkoholgehalt von immerhin 56 Prozent vermerkt sei. Ein ehrenamtlicher Beisitzer des Arbeitsgerichts hatte das Spray im November quasi im Selbstversuch getestet und war zu dem Ergebnis gekommen, "dass das wie Kräuterschnaps riecht."

Nun gibt es bei der Vestischen eine Betriebsvereinbarung zum Umgang mit Betroffenen bei alkoholbedingten Auffälligkeiten. Und diese Betriebsvereinbarung, die ein stufenweises Vorgehen sowohl im Interesse des Betroffenen als auch des Arbeitgebers vorsieht, sah die Kammer unter Vorsitz von Richterin Rohkämper-Malinowski im konkreten Fall nicht umgesetzt. Stattdessen habe man den seit 22 Jahren zuverlässig am Steuer seinen Dienst versehenden Fahrer gleich bei der ersten Alkohol-Auffälligkeit mit dem allerhärtesten arbeitsrechtlichen Mittel sanktioniert. Alles andere als verhältnismäßig, so die Kammer.

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"Gerade in diesem Fall gab es mildere Mittel", hieß es in der ersten mündlichen Begründung der Entscheidung am Mittwochnachmittag. Die vorsorglich geladenen drei Zeugen, die damals beim Alkoholtest anwesend waren, wurden deshalb auch nicht vernommen und konnten wieder nach Hause fahren. Bei Rechtskraft des Urteils kann Uwe F. dann die letzten 13 Jahre seines Berufslebens wieder ans Bussteuer zurückkehren. (AZ 1 Ca 1941/14)

| Autor: Helge Kondring
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