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34 Monate Haft für Kulturbeamten

Nach fast einem halben Jahr mit insgesamt 18 Verhandlungstagen hat die 6. Große Strafkammer des Landgerichts Bochum am Freitag (27.6.2014) den ehemaligen Leiter der Flottmannhallen wegen "gewerbsmäßigen Betruges in 61 und Untreue (zu Lasten der Stadt Herne) in acht Fällen" zu einer Haftstraße von 34 Monaten verurteilt. Der Oberinspektor, über drei Jahrzehnte im Dienst der Stadt Herne, hatte über 30 Jahre ein Schneeballsystem mit angeblich hoch verzinslichen Anlagen aufgebaut und, als die Sache Ende März 2011 durch eine Selbstanzeige bei der Polizei platzte, einen Gesamtschaden von fast 650.000 Euro angerichtet.

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Der in Herne wegen seines gesellschaftlichen Engagements u.a. als ehrenamtlicher Leiter des Technischen Hilfswerks (THW) gut angesehene Beamte, auch im Dienst jemand, auf den man sich nach Aussagen von Vorgesetzten "zu hundert Prozent verlassen konnte", genoss bei Kollegen aber auch im Freundes- und Bekanntenkreis großes Vertrauen. "Und diesen persönlichen Vertrauensbonus hat der Angeklagte missbraucht", wie Kammervorsitzender Rehaag in seiner ausführlichen Urteilsbegründung hervorhob.

Die Kammer hielt dem Angeklagten zwar eine "günstige Sozialprognose, die lange Verfahrensdauer von drei Jahren zwischen Selbstanzeige und Verhandlungsbeginn und seine aktive Mitarbeit bei der Aufarbeitung der Sachverhalte zugute, konnte aber dem Plädoyer von Verteidiger Volkenborn in Richtung einer Strafe "in der Nähe der Bewährungsgrenze" nicht folgen. Erstens, so der Kammervorsitzende, habe eine Strafe "auch einen gewissen Sühnecharakter", und zweitens "muss von einem solchen Urteil auch eine Signalwirkung ausgehen."

Die Betrugsserie hatte ihren Anfang um 1980, als der junge Probebeamte nach seiner Eheschließung einen Kredit zur Einrichtung der Wohnung deshalb nicht bekam, weil er noch nicht auf Lebenszeit ernannt war. Ohne dass seine Frau es wusste, lieh er sich vom Onkel der Frau das Geld für die Einrichtung und gaukelte dem Mann vor, er werde das zu guten Bedingungen bei einer Versicherung anlegen. Das klappte auf Anhieb, und so wurde der Kreis der vertrauensseligen "Anleger" aus dem persönlichen und beruflichen Umfeld im Lauf der Jahre immer größer. Die ihm anvertrauten Summen, die das Gericht allesamt verlas, schwankten zwischen 2.000 und bis zu 100.000 Euro.

Anfang 2011 war der Oberinspektor allerdings dem "wachsenden Druck von fälligen Auszahlungen und fehlenden Neuverträgen zur Gegenfinanzierung" nicht mehr gewachsen. Am 28. Februar 2011 stand er auf dem Parkplatz des Bochumer Polizeipräsidiums und rief noch seinen mitangeklagten Kundenbeschaffer mit der Ankündigung an, jetzt bei der Polizei reinen Tisch zu machen. Doch der jetzt "wegen Betruges in drei Fällen und Anstiftung" zu zehn Monaten auf Bewährung mit angeklagte Bekannte, der bis dahin auch nach Meinung der Strafkammer von den Machenschaften des Oberinspektors keinen Schimmer gehabt haben soll und selbst eigenes Geld und 95.000 Euro seiner Lebensgefährtin in die "Anlagen mit an Fantasie grenzenden Zinssätzen" investiert hatte, brachte den Haupttäter davon ab.

Und so folgte der Hauptangeklagte dem Appell "Du musst weitermachen, wir kriegen das schon hin". Das führte zu weiteren drei auf Nimmerwiedersehen verschwindenden Anlagen im fünfstelligten Bereich, wobei in einem Fall auch die Gastronomin der Flottmann-Hallen mit 15.000 Euro dabei war. Und als die auf ihn zurollende Rückforderungswelle immer höher wurde, vergriff sich der Beamte achtmal an der Kasse der von ihm verwalteten Flottmann-Hallen und erleichterte sie um über 12.000 Euro.

Kurz nach seiner Selbstanzeige mit erheblichen Kürzungen seiner Bezüge vom Dienst suspendiert, konnte der Mann diesen Schaden freiwillig mit 5.700 Euro aus einer Lebensversicherung und unfreiwillig durch Pfändungen seiner Besoldung bis zur Pfändungsfreigrenze mittlerweile erstatten. Dabei hielt die Kammer nicht mit Kritik "an den mangelhaften Kontrollmechanismen" in diesem Bereich hinter dem Berg. Diese Veruntreuung städtischer Gelder sei dem Angeklagten "leicht gemacht worden", schrieb das Gericht der Stadt ins Stammbuch.

Bei Rechtskraft des Urteils wird der 54-Jährige, der nach dem Auffliegen der jahrelangen Betrügereien seinen Wohnsitz in Röhlinghausen aufgab und wegen mehrfacher, anonymer Drohungen mit seiner Frau in eine andere Stadt zog, seinen Status als Beamter und die damit verbundenen Versorgungsansprüche sofort verlieren. Auf die Frage des Gerichts, ob er das "in unseren Augen milde Urteil" annehme, antworteten Angeklagter und Verteidiger nicht.

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Eine Revision muss bis nächsten Freitag (4. Juli) eingehen und vier Wochen nach Zustellung des Urteils begründet werden. Dann ist der Bundesgerichtshof die letzte Instanz, die in der Regel in solchen Fällen recht schnell schriftlich reagiert. Doch solange bleibt der jetzt Verurteilte nach wie vor suspendierter Beamter mit wenn auch gekürzten Bezügen. (AZ II 6 KLs 11/13)

| Autor: Helge Kondring
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