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Verbotene Liebe: Die Betreuerin Maria (Ísold Halldórudóttir) und ihr körperbehinderter Schützling Alex (Stavros Zafeiris) kommen sich näher als beiden guttut.

Verstörender Naturalismus einer verbotenen Liebe

'Touched' neu im Kino

Die stark übergewichtige 19-jährige Maria (Ísold Halldórudóttir) zieht sich um für ihren ersten Einsatz als Betreuerin in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. Sie wird von Kolleginnen und später einem Physiotherapeuten eingewiesen, um die nicht nur körperlich schwere Tätigkeit bewältigen zu können. Was eigentlich nur im Team und mindestens zu zweit möglich ist. Doch bereits ab dem zweiten Tag ist sie im Wesentlichen auf sich selbst angewiesen.

Und das bei einem querschnittsgelähmten Bewohner wie dem 32-jährigen Alex (Stavros Zafeiris), der auf den Rollstuhl angewiesen ist. Alle vier Stunden muss sie ihm mit einem Katheter die Blase entleeren, damit sich in dieser keine Keime bilden können. Die tägliche Körperpflege ist für beide eine Tortur, nur bei der Schwimmtherapie im Hallenbad hat Maria Unterstützung.

Große Empathie

Alex will nach seinem Unfall nur noch eines: sterben. So lässt er sich samt Rollstuhl ins Wasserbassin fallen, sodass Maria ihn nur mit Aufbietung aller physischen und psychischen Kräfte wieder ins Leben zurückholen kann. Was dieser ihr nicht wirklich dankt. Dabei zeigt Maria von Anfang an große Empathie für ihren Schützling, singt ihm seit dem ersten Abend täglich ein Schlaflied.

Bald bemüht sich Maria nicht nur zum Wasserlassen um seinen Penis: mit viel Geduld und auch sensorischem Feingefühl versucht sie, Alex zurück ins Leben zu holen. Wenigstens im Kopf. Sie schneidet ihm die Haare kurz, rasiert seinen Bart ab. Und richtet sich selbst für ihn zurecht. Aus erotischer Nähe wird bald sexuelles Begehren, das sich bei einem Ausflug ins Grüne erstmals Bahn bricht.

Sex in der Abstellkammer

Freilich erkennt Alex bald ihre Übergriffigkeit als Ausdruck ihrer Stärke und seiner körperlichen Schwäche: Beim von ihr in einer Abstellkammer arrangierten Sex masturbiert Maria mit seiner Hand. Er kann ihre Lust-Empfindungen nicht teilen, sie aber auch nicht abwehren, sodass er Maria immer wieder um Sterbehilfe bittet. In einer Felsenschlucht findet die toxische Beziehung ein schreckliches Ende…

Ungeschminkter Alltag: In „Touched“ gibt es zahlreiche nur schwer zu ertragende, weil sehr realistische Szenen der Betreuung eines Querschnittsgelähmten.

„Touched“, im Sommer 2021 in Bad Münstereifel gedreht, erzählt die Geschichte einer übergewichtigen jungen Frau, die ihr – vor allem körperliches - Selbstbewusstsein in einem Heim für Menschen mit Handicap findet. Auf Kosten der emotionalen und sexuellen Abhängigkeit eines Bewohners, der sich gegen ihre Übergriffigkeit nicht wehren kann.

Zwei authentische Darsteller, teils verstörende Brutalität

Die Regisseurin und Autorin Claudia Rorarius, Berlinerin des Jahrgangs 1972, die an der Kölner Kunsthochschule für Medien KHM studierte, gewann mit dem 27-jährigen isländischen Model Ísold Halldórudóttir, einer Body-Positivity-Influencerin, und dem 41-jährigen querschnittsgelähmten griechischen Tänzer Stavoras Zafeiris zwei authentische Darsteller für einen geradezu naturalistischen Spielfilm, der 133 Minuten lang zwischen entwaffnender Zärtlichkeit und verstörender Brutalität oszilliert. Beide Protagonisten gewannen nach der Uraufführung am 10. August 2023 beim Filmfestival Locarno den „Pardo-Preis“ als „Beste Hauptdarsteller“.

Nach der Deutschen Erstaufführung am 18. November 2023 auf dem Filmfestival Mannheim-Heidelberg kommt „Touched“ am Donnerstag, 2. Mai 2024 in die Kinos, in unserer Region freilich bislang nur an zwei Tagen in die Essener Galerie Cinema: Am Freitag, 3. Mai 2024, um 20.30 Uhr sowie am Montag, 6. Mai 2024, um 17.30 Uhr.

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  • Freitag, 3. Mai 2024, um 20:30 Uhr
  • Montag, 6. Mai 2024, um 17:30 Uhr
Dienstag, 30. April 2024 | Autor: Pitt Herrmann