halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Die Überschuldung in Herne ist weiter ein großes Thema - die Schuldnerberatung führte über 760 Beratungen im Jahr 2021 (Symbolbild).

Über 760 Beratungen, durchschnittlich 24.000 Euro Schulden

Schuldnerberatung weiter mit viel Arbeit

Die Überschuldung in Herne ist weiter deutschlandweit auf einem sehr hohen Niveau. Sie beträgt für das Jahr 2021 16,82 Prozent und ist damit, wie im Vorjahr (halloherne berichtete und berichtete), fast doppelt so hoch wie die deutschlandweite Quote mit 8,86 Prozent. Herne belegt damit im Ranking nach Kreisen und kreisfreien Städten Platz 397 von 401. Das bedeutet weiter viel Arbeit für die Schuldnerberatung in Herne.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Allerdings sank die Quote für Herner Bürger im Vergleich zum Jahr 2020 von 18,21 Prozent um 1,39 Prozent. Diese Angaben gehen aus dem Jahresbericht der Herner Schuldnerberatung hervor, der am Dienstag (22.3.2022) veröffentlicht wurde. Die Prozentzahlen beziehen sich dabei auf Angaben von Creditreform.

Deutschlandweit gibt es demnach rund 6,16 Millionen überschuldete Personen und 3,08 Millionen überschuldete Haushalte. Die Altersgruppe zwischen 30 und 39 Jahren stellt den größten Anteil, hier sind 1,63 Millionen Personen betroffen. Die Gruppe zwischen 60 und 69 Jahren zeigt als einzige einen Anstieg an Fällen und der gesamten Quote.

Viele Personen mit Niedriglohn

Andrea Leyk, Geschäftsführerin der Herner Schuldnerberatung, kann selbst nicht genau sagen, warum die Herner Schuldnerquote gesunken ist, aber die Stadt im Ranking so schlecht dar steht. „Das ist ein zweischneidiges Schwert. Fest steht, dass wir in Herne viele Personen im Niedriglohnsektor haben und viele langzeitarbeitslos sind“, so Leyk gegenüber halloherne. „Für manche gibt es auch nicht den passenden Arbeitsplatz, zum Beispiel durch fehlende Ausbildung oder weil sie physisch oder psychisch nicht dazu in der Lage sind.“

Gleichzeitig weist sie daraufhin, dass durch steigende Strom-, Gas- und Lebensunterhaltkosten besonders Hartz-4-Empfänger bedroht sind, da die dortigen Beiträge gleich bleiben würden. „Als positiv ist aber die geänderte Insolvenzordnung zu bezeichnen. Damit gilt man nach drei Jahren als schuldenfrei, vorher waren es noch sechs Jahre“, erläutert die Chefin der Herner Schuldnerberatung.

Arbeitslosigkeit der Hauptgrund

Herner geraten vor allem durch Arbeitslosigkeit in ihre Verschuldung - der Anteil liegt laut der Schuldnerberatung bei rund 25 Prozent der Ratsuchenden. Weitere Hauptursachen sind Erkrankung, Trennung und Scheidung sowie gescheiterte Selbstständigkeit. Längerfristiges Niedrigeinkommen als Ursache von Überschuldung gewinnt zunehmend an Bedeutung und wird sich, in Anbetracht u.a. der Häufigkeit von Kurzarbeit, durch Corona noch verstärken.

Andrea Leyk von der Schuldnerberatung.

767 Personen haben sich im Jahr 2021 beraten lassen, davon 317 Frauen und 450 Männer. Die größte Gruppe davon (33 Prozent) hat Schulden im Bereich zwischen 10.000 bis 25.000 Euro. 29 Prozent der Klienten haben mehr als 20 Gläubiger. 74 Prozent der Klienten besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.

Über 10.000 Gläubiger

107 Beratungen bezogen sich dabei auf das Pfändungsschutzkonto, somit gab es 660 Schuldner- und Insolvenzberatungen. Für diese Verfahren erfolgte eine Kontaktaufnahme mit insgesamt 10.737 Gläubigern. Die Höhe der Gesamtverschuldung der Klienten ergab in Summe rund 15,8 Millionen Euro - im Durchschnitt also rund 24.000 Euro.

Wesentliche Änderungen gab es Ende 2021 beim Pfändungsschutzkonto (P-Konto). Aus einem neuen Gesetz ergab sich in weiten Teilen ein verbesserter Schutz für Schuldner. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Die Pfändungsfreigrenzen ändern sich jährlich
  • Guthaben auf dem P-Konto kann maximal drei Monate angespart werden
  • Nachzahlungen von Einkommen bis 500 Euro können unpfändbar sein
  • Aufrechnungs- und Verrechnungsverbot für Kreditinstitute
  • P-Konto-Bescheinigung ist für mindestens 2 Jahre gültig
  • Schutz von debitorischen Konten und Gemeinschaftskonten

Allerdings weist die Schuldnerberatung darauf hin, dass damit ein höherer Beratungsaufwand nötig ist. Dennoch ist es für sie eine „Erfolgsgeschichte, über die vor Pfändung geschützten Beträge kann größtenteils unbürokratisch ohne einen Gerichtsbeschluss verfügt werden, der Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr ist auch für Überschuldete gegeben.“

Anzeige: DRK 2024 - Job - PFK

Aufgrund der Corona-Pandemie konnte die Schuldnerberatung nur drei Präventionsveranstaltungen abhalten. Als Tipp für Verbraucher werden vier wesentliche Punkte genannt:

  • 1. Bedarf erkennen
  • 2. Informieren (Was gibt es, welche Alternativen gibt es, Vergleichsportale)
  • 3. Abwägen (Preis-Leistungs-Verhältnis, Nutzen)
  • 4. Entscheiden (Keine Spontankäufe, nicht überreden lassen)
| Autor: Marcel Gruteser