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Once Upon a Time...In Hollywood: Cliff Booth (Brad Pitt), Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und Marvin Schwarz (Al Pacino).

Tarantino-Hommage auch in der Filmwelt Herne

Once Upon a Time … In Hollywood

Hollywood zu Beginn der Sechziger Jahre. Rick Dalton (Leonardo DiCaprio), Star der Western-Serie Bounty Law, und sein langjähriges Stunt-Double Cliff Booth (Brad Pitt) stellen sich den Fragen eines Fernsehreporters. Mit Schwarzweiß-Bildern im quadratischen TV-Format beginnt der neunte und damit vielleicht vorletzte Film des Kultregisseurs und Drehbuchautors Quentin Tarantino, Once Upon a Time … In Hollywood, der nicht nur mit seiner Überlänge von 161 Minuten und einer grandiosen Starbesetzung bis in kleinste Episodenrollen an Opulenz kaum zu überbieten ist. Haben die Ausstatter doch mit dem Pfund des 100-Millionen-Dollar-Budgets gewuchert und das gute alte Hollywood noch einmal aufleben lassen.

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Natürlich in farbigen Bildern des Kameramannes Robert Richardson und im Cinemascope-Format für die große Kino-Leinwand, und wer eines der nicht nur hierzulande raren Lichtspielhäuser mit analoger Technik findet, die Essener Lichtburg etwa, kann diesen freilich nicht in jeder Hinsicht grandiosen Rückblick auf längst vergangene Zeiten sogar auf 70-Millimeter- oder wenigstens 35-Millimeter-Format genießen. Wie bei der USA-Premiere am 22. Juli 2019 im Dome am Sunset Boulvard in Hollywood. Aber auch in digitaler Fassung beeindruckt Quentin Tarantinos (TV-) Film-im-Film-Spektakel über die letzten Momente von Hollywoods goldenem Zeitalter seit der Uraufführung am 21. Mai 2019 beim Internationalen Filmfestival in Cannes nicht nur die eingefleischten Fans des Pulp-Fiction-, Kill Bill- und Inglourious Basterds-Regisseurs.

Once Upon a Time...In Hollywood:Sharon Tate (Margot Robbie).

Obwohl all' die enttäuscht sein werden, die nach der zwei Jahre alten Ankündigung Tarantinos, ein Thriller-Drama um den fünfzig Jahre zurückliegenden Mord der Manson-Familie an Sharon Tate, der schwangeren Frau des damaligen neuen Shooting Stars unter den Filmregisseuren, Roman Polanski, erwartet haben. Denn das Blutbad wird gegen Ende - mit der bei Tarantino leider wohl unvermeidlichen Gewaltorgie – zwar thematisiert, stellt die damalige Realität aber auf den Kopf. Schon der Filmtitel weist auf einen anderen kultigen Abgesang auf das Western-Genre hin, Sergio Leones Once Upon a Time in the West von 1968, bei uns besser bekannt unter seinem deutschen Titel Spiel mir das Lied vom Tod.

Los Angeles im Jahr 1969. Weil die große Zeit der Hollywood-Western vorbei ist, blickt auch der Serienheld Rick Dalton besorgt in die Zukunft. Der Ruhm seiner einstmals äußerst erfolgreichen Serie Bounty Law ist längst verblasst. Wie soll er zusammen mit seinem Stuntdouble Cliff Booth, zugleich auch sein Chauffeur und bester Freund, in der Traumfabrik überleben? Von Selbstzweifeln geplagt lehnt Rick ein Angebot des Produzenten Marvin Schwarz (Al Pacino) ab, die Hauptrolle in mehreren Spaghetti-Western zu übernehmen. Erstens will er nicht zu den Dreharbeiten nach Europa reisen und zweitens ist dieses italienische Sub-Genre nun wirklich unter seiner Schauspieler-Würde. Eine Auffassung, die freilich nicht in Stein gemeißelt ist.

Stattdessen lässt er sich als Bösewicht vom Dienst in der TV-Serie Lance regelmäßig von aufstrebenden und naturgemäß jüngeren Stars vermöbeln. Was der eigenen Karriere nicht wirklich förderlich ist, wie der zunehmend weinerliche Rick sich selbst und seinem mit Gott, der Welt und seinem chicen blauen Karmann Ghia Cabrio zufriedenen Freund Cliff, der im San Fernando Valley unmittelbar neben dem Autokino in einem Mobilhome haust, eingestehen muss. Sie schöpfen neue Hoffnung, nachdem nebenan der durch seine Filme Tanz der Vampire und Rosemaries Baby berühmt gewordene Regiestar Roman Polanski (Rafal Zawierucha) mit seiner Frau, der Schauspielerin Sharon Tate (Margot Robbie), eingezogen ist. Da könnten sich vielleicht neue Möglichkeiten abseits des obsoleten Western-Genres bieten. Zunächst aber stattet Cliff seinem alten Bekannten George Spahn (Bruce Dern) einen Besuch in dessen Filmkulissenstadt ab. Dort macht er Bekanntschaft mit der nymphomanischen Pussycat (Margaret Qualley), die sich mit der ganzen Hippiefamilie um Charles Manson (Damon Harriman) auf der Movie Ranch eingenistet hat...

Once Upon a Time..., am 15. August 2019 bundesweit gestartet und auch in der Filmwelt Herne zu sehen, ist nun wirklich kein Thriller, sondern eher eine mit wunderbar nostalgischer Musik unterlegte Hollywood-Hommage, in deren komödiantischem Mittelpunkt Brad Pitt steht – nicht zuletzt durch einen lustigen, wenn auch klischeebehafteten Zweikampf mit der Martial-Arts-Legende Bruce Lee (Mike Moh). Aber mehr soll inhaltlich hier nicht verraten werden, zumal die Story selbst ganz in den Hintergrund rückt. Es geht Quentin Tarrantino um eine Verbeugung vor dem alten, durch den wachsenden Einfluss der Streamingdienste Netflix & Co dem Untergang geweihten Hollywood. Die entsprechenden Billboard- und Filmschnipsel-Anspielungen sind ein Fest für Cineasten.

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Gleichzeitig versucht der 1963 geborene und in der South Bay-Vorstadt von Los Angeles aufgewachsene Regisseur, der mit dem New Beverly selbst ein sorgfältig restauriertes Lichtspielhaus mit analogem Projektor fürs 35-Millimeter-Format in Los Angeles unterhält, Bildschirm und Leinwand miteinander zu versöhnen: Voraussichtlich im kommenden Jahr soll es bei Netflix eine vierstündige Fassung als Miniserie geben. Once Upon… ist naturgemäß ein Männerstreifen. Doch neben den harten Kerlen können zwei Frauen bestehen: Margot Robbie als so bildschöne wie lebensfrohe und alles andere als eingebildete Sharon Tate und die mit zehn Jahren schon filmerfahrene Julia Butters als Rick Daltons Geisel Trudi.

| Autor: Pitt Herrmann