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v.l. Tobias Weichert, Tina Menze, Jasmin Konieczny (als Dienstmädchen Marie) und Melina Weichert.

Fidele Horster machen sich das schönste Jubiläumsgeschenk

Die spanische Fliege im Mondpalast

Mit dem wohl bekanntesten Werk des Erfolgs-Duos Franz Arnold und Ernst Bach, Die spanische Fliege, 1913 im Berliner Lustspielhaus an der Friedrichstraße uraufgeführt, hat sich das Theater Fidele Horst das schönste Geschenk zum hundertjährigen Jubiläum selbst gemacht: Olaf Weicherts turbulente Inszenierung wurde am Premierenabend Freitag (26. April 2019) im Mondpalast zu Wanne-Eickel minutenlang mit Standing Ovations gefeiert. Für so viel Stehvermögen gab es am Ausgang eine Belohnung: die 82-seitige Jubiläumsschrift mit Grußwort des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet.

„Frohsinn ist unser Begleiter“ heißt es im Vereinslied, das der aktuelle Vorsitzende Tobias Weichert des am 14. September 1919 in der Gaststätte Kraft in der Gemarkung op de Horst gegründeten Gesellschaftsclub Fidele Horst als Prolog zu einem denkwürdigen, äußerst kurzweiligen zweieinhalbstündigen Abend rezitierte in Ermangelung nicht überlieferter Noten. Kaum hat sich der Vorhang gehoben, brandet erneut Beifall auf für die grandiose, detailverliebte Ausstattung (Bühne: Marc Groesdonk und Markus Wieczorkowski, Kostüme: Annette Holz), die sich an das noch vom Jugendstil geprägte erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, in dem auch das Stück spielt, orientiert. In dem übrigens auch der Vorläufer des heutigen Mondpalastes erbaut wurde: 1911 als Kaisergartensaal.

Der Berliner Senffabrikant Ludwig Klinke (ein Gemütsmensch, der laufend die Pimpanellen kriegt: Dietmar Kraschewski) lässt im Gegensatz zu seiner sittenstrengen Gattin Emma (büschelweise Haare auf den Zähnen: Annette Holz) gerne mal Fünfe gerade sein. Das war vor einem Vierteljahrhundert in der Luna-Bar nicht anders, wo er auf die Varietetänzerin Signora Rosita, genannt Die spanische Fliege, stieß. Die eigentlich Röschen Paczinski hieß und aus Gelsenkirchen stammte. Was Klinke ein Jahr später erfuhr, als er einen folgenschweren Brief erhielt samt Babyfoto und Alimenteforderung. Der er 24 Jahre treu entsprochen hat. An diesen Brief wird Klinke nun durch eine juristische Auseinandersetzung mit dem Bierkutscher Polke (knackige Episodenrolle mit Hülsmann-Lokalkolorit für den Regisseur Olaf Weichert) erinnert, in die ausgerechnet der heimliche Freund seiner Tochter Paula (souveräne Selbstverständlichkeit: Melina Weichert), der Rechtsanwalt Dr. Fritz Gerlach (der Kappeskopp als charmanter Frauenversteher: Sebastian Krug), als Vertreter der Gegenpartei involviert ist: Es kann nicht mehr ausgeschlossen werden, dass der inzwischen erwachsene Spross seiner Lenden plötzlich vor der Fabrikantenvillatür steht.

Emma hat als Gatten für Tochter Paula dagegen mit dem in vielfacher Hinsicht jungfräulichen Altertumsforscher Heinrich Meisel (passt inzwischen allemal in Papa Olafs große Treter: ein in jeder, auch mundartlicher Hinsicht großartiger Tobias Weichert) den ihr bisher noch nicht persönlich bekannten Sohn ihrer besten Freundin Mathilde (Angelika Kaisereck), Gattin des Leipziger Stadtrats Gottlieb Meisel (Wolfgang Trümper) auserkoren und diesen nach Berlin eingeladen. Der verliebt sich jedoch auf den ersten Blick in Paulas schöne Kusine Wally (professionelle Bühnenpräsenz: Tina Menze): Heinrich hält die Tochter des Reichstagsabgeordneten Eduard Burwig (stocksteifer Konservativer: Klaus-Dieter Twiehoff) für seine Braut in spe. „Freu dich Papa, nun bin ich da:“ Doch damit der Verwechslung nicht genug, denn der sächselnde junge Mann wird von Ludwig Klinke, dessen Freund Gustav Wimmer (Ralf Löchel) und Onkel Anton Tiedemeier (ein Bayer in Preußen wie im richtigen Leben: Christian Weymayr) für den Sohn der „Spanischen Fliege“ – und damit zumindest potentiell für den eigenen Sprössling gehalten…

In der Erinnerung verklärt sich bekanntlich so manches. Mitte März 1994 stand die „Spanische Fliege“ zuletzt auf dem Spielplan der Fidelen Horster, Olaf Weicherts legendäre Inszenierung zum 75-jährigen Jubiläum mit Karl-Heinz Grollmann, Ria und Olaf Menzel sowie Martha Schuster bleibt unvergessen. Sie aber hat jetzt einen gleichgewichtigen, noch um einige schwindelerregende Drehungen der Verwechslungs-Spirale ergänzten Nachfolger gefunden, den sich kein unterhaltungsdurstiger Theaterfreund entgehen lassen sollte. Für die Vorstellung am Sonntag, 28. April, um 17 Uhr im Mondpalast gibt es nur noch wenige Restkarten. Größer ist das Angebot für die vier darauffolgenden Abende an der Wanner Wilhelmstraße: Am Mittwoch, 1. Mai, am Freitag, 3. Mai und am Samstag, 4. Mai jeweils um 19 Uhr sowie am Sonntag, 5. Mai 2019, um 17 Uhr gibt’s noch Karten unter Tel. 02325/377 63 15.

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  • Sonntag, 28. April 2019, um 17 Uhr
  • Mittwoch, 1. Mai 2019, um 19 Uhr
  • Freitag, 3. Mai 2019, um 19 Uhr
  • Samstag, 4. Mai 2019, um 19 Uhr
  • Sonntag, 5. Mai 2019, um 17 Uhr
Sonntag, 28. April 2019 | Autor: Pitt Herrmann