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Jutta Haug.

Zähes Ringen um Zeugnis von Jutta Haug

Herten / Recklinghausen / Herne. Von 1994 bis 2014 vertrat sie als Abgeordnete Teile des Kreises Recklinghausen und des Münsterlandes im Straßburger Europa-Parlament. Fast genau vor einem Jahr endete das eigentlich auf das Ende der Wahlperiode im Sommer befristete Arbeitsverhältnis mit ihrer Wahlkreisbüro-Sprecherin Bettina Schwab-Losbrodt vorzeitig. "Und das auch nicht im gegenseitigen Einvernehmen", wie Jutta Haug (SPD) jetzt der Kammer von Arbeitsrichter Ulrich Nierhoff in Herne schilderte. Dort saß die 63-Jährige Politikerin mit Rechtsanwältin Kaminski, weil das von ihr geschriebene Zeugnis für ihre langjährige Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro Recklinghausen soviel Unmut ausgelöst hatte, dass die mittlerweile für den Bundestags-Abgeordneten Tews (SPD) aus dem Kreis Unna tätige 46-Jährige mit Rechtsanwalt Rathmann vors Arbeitsgericht Herne gezogen war.

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Und dort fing es schon mit dem ersten Punkt der Tätigkeitsbeschreibung ("Als Sekretärin erledigte sie die tägliche Post") an. Dann, so Richter Nierhoff dazu, "hätten Sie auch gleich reinschreiben können, dass sie täglich den Kaffee kochte." Solche Selbstverständlichkeiten ganz nach vorne zu rücken, schwäche wichtigere Punkte hinterher ab. Bei einem neuen Arbeitgeber, für den ein solches Zeugnis eigentlich bei Bewerbungen gedacht sei, komme das beim Lesen "nicht gut an."

Auch bei der Leistungsbeurteilung der Klägerin kritisierte die Kammer eine "Aneinanderreihung von Standardsätzen", die die Kammer "von jemand wie Ihnen nicht erwartet hätte." Dass es für einige Formulierungen auch vor dem Hintergrund einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende Januar "bestimmt einen Grund gab", meinte die Kammer ebenfalls aus dem angegriffenen Zeugnis herauslesen zu können.

Die Klägerin könne zurecht auf den Begriffen "parlamentarische Assistentin" bzw. "erste Ansprechpartnerin im Wahlkreisbüro" bestehen. Die erste Bezeichnung schreibe das Europaparlament beim Arbeitsvertrag auch dann vor, wenn die Beschäftigte hauptsächlich im Wahlkreisbüro daheim arbeitet, wie die Politikerin dazu selbst erläuterte, und auf der Homepage des Büros sei die Klägerin "nach außen ausdrücklich als erste Ansprechpartnerin" erkennbar gewesen, auch wenn es angeblich nicht so war. Ein weiterer Zeugniswunsch in Form der Würdigung einer "vertrauensvollen Zusammenarbeit" schon deshalb, weil die Klägerin bei "Organisation, Begleitung und Abrechnung" von Besuchergruppen auch mit der finanziellen Abwicklung betraut war, fehlte ebenfalls im Zeugnis.

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Ergebnis nach zwei Stunden Diskussion um "Bewertung und Beschreibung": Ein zufriedenstellendes Zeugnis", wie Richter Nierhoff "im Einverständnis beider Parteien" die von ihm schließlich protokollierte Fassung einstufte. Das muss die SPD-Politikerin mit den früheren Arbeitsschwerpunkten "Haushalts- und Finanzpolitik der EU" jetzt nur noch auf ihr ehemaliges Briefpapier als Abgeordnete mit dem Datum 31. Januar 2014 übertragen, weil ihr das Gericht diese Neufassung zuschickt. Bis zu ihrer Wahl 1994 war die studierte Sozialwissenschaftlerin von 1987 an übrigens selbst als wissenschaftliche Mitarbeiterin verschiedener Landtags- und Bundestagsabgeordneter tätig. (AZ 5 Ca 2326/14)

| Autor: Helge Kondring