
Rainer Fromme – Beauftragter für den Umgang mit Verdachtsfällen von Missbrauch
Wenn Seelsorge nicht frei macht, sondern einengt
Zum 1. Juni 2025 hat Rainer Fromme, langjähriger Dekanatsreferent im Dekanat Paderborn, die Aufgabe als Beauftragter für den Umgang mit Verdachtsfällen von Missbrauch geistlicher Autorität im Erzbistum Paderborn begonnen. Die neu errichtete Stelle ergänzt im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn die Arbeitsfelder Prävention, Intervention und Beschwerdemanagement. „Menschen, die Missbrauch geistlicher Autorität erlitten haben, sollen die Möglichkeit bekommen, über das Erlebte zu sprechen und die Erfahrung machen, dass sie gehört und ernstgenommen werden“, beschreibt Rainer Fromme seinen Anspruch für die neue Aufgabe.

Unterstützendes Dialogangebot
Die neu geschaffene Stelle ist im Erzbischöflichen Generalvikariat im Bereich der Generalvikare angesiedelt. „Durch die Beauftragung können wir Menschen, die Verletzungen oder Enttäuschungen durch Missbrauch geistlicher Autorität erlitten haben, erstmals ein unterstützendes Dialogangebot machen“, freut sich Generalvikar Dr. Michael Bredeck. „Wir sind froh, dass wir mit Rainer Fromme einen Beauftragten mit viel Erfahrung, Sachverstand und Fingerspitzengefühl für diese Aufgabe gewonnen haben“, ergänzt Generalvikar Thomas Dornseifer.
Rainer Fromme war über 20 Jahre auf der Mittleren Ebene des Erzbistums im Einsatz. Durch die Arbeit als Dekanatsreferent ist er mit Strukturen und Netzwerken der Erzdiözese vertraut. Zudem verfügt er über einen berufsbegleitenden Studien-Abschluss als „Master of Counseling“ mit Qualifikation zum Ehe-, Familien- und Lebensberater. Neben seiner Dekanatstätigkeit hat Fromme als Berater in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung des Erzbistums gearbeitet. „Durch die Begleitung zahlreicher Paare, Familien und Einzelner kenne ich die Arbeit mit Menschen in Krisen“, ordnet Fromme ein – hier ist er durch die Beratung von Betroffenen auch erstmals auf das Thema „Geistlicher Missbrauch“ aufmerksam geworden.
Prävention ermöglichen
Dass die Stelle des Beauftragten für den Umgang mit Verdachtsfällen von Missbrauch geistlicher Autorität im Erzbistum entstehen konnte, ist auch ein Verdienst von Ordensreferentin des Erzbistums Paderborn, Dr. Rosel Oehmen-Vieregge – sie hat auf diözesaner und überdiözesaner Ebene die grundlegende „Pionierarbeit“ geleistet. „Der Bedarf an Beratung und Unterstützung von geistlichem Missbrauch betroffener Menschen hat im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen. Die neue Stelle des Beauftragten ist eine Antwort darauf“, erklärt die Ordensreferentin. Es gehe durch die neue Stelle darum, „Maßnahmen gegen missbräuchliches Handeln von Seelsorgenden abzuleiten und vielfältige Prävention zu ermöglichen“.
Ein wichtiger Meilenstein sei die 2023 erschienene Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz zum Missbrauch geistlicher Autorität, so die Theologin. Aus der ebenfalls 2023 im Erzbistum Paderborn gestarteten Arbeitsgemeinschaft „Maßnahmen gegen Geistlichen Missbrauch und Machtmissbrauch an Erwachsenen in der Kirche“ seien eine Verfahrensordnung und ein Grundlagentext zum geistlichen Missbrauch sowie Empfehlungen für die Prävention und Weiterarbeit am Thema entstanden.
Betroffene stehen im Zentrum
Künftig gehört es zu Rainer Frommes Aufgaben als Beauftragter, Hinweise auf geistlichen Missbrauch entgegenzunehmen, zu dokumentieren und das entsprechende Verfahren zu führen. „Ich werde mit Betroffenen sprechen und mich mit den Ansprechpersonen und einem Beraterstab austauschen“, erklärt Fromme. Als „Thementräger“ sieht er sich zudem in der Verantwortung, in der Fläche des Erzbistums ein Bewusstsein für Hintergründe und Dynamiken von geistlichem Missbrauch zu schaffen.
Die Zusammenarbeit mit den Teams Intervention, Prävention und Beschwerdemanagement erfolgt fachlich unabhängig. Aber die Teams tauschen sich regelmäßig aus, da Überschneidungen zu erwarten sind. Jeder Fall, der den Bereich der sexualisierten Gewalt tangiere, werde vom Team Intervention bearbeitet, erklärt Fromme. Die Leitungen der Beschwerdestelle und des Teams Intervention arbeiten im Beraterstab „Geistlicher Missbrauch“ mit.
„Im Zentrum meiner Arbeit stehen die Betroffenen“, betont Rainer Fromme mit Nachdruck. „Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, über ihre Erfahrungen zu sprechen und Hilfe bei der Aufarbeitung des Erlebten zu bekommen.“ Dazu will der neue Beauftragte ein Netzwerk unterschiedlicher Hilfssysteme aufbauen, um bei Bedarf an geeignete Stellen weitervermitteln zu können.
Diskret, wertschätzend, empathisch
Was die Betroffenen als hilfreich erleben, werde sehr unterschiedlich sein, vermutet der Beauftragte: „Grundsätzlich steht allen Betroffenen frei, ihre Erfahrungen zu teilen oder nicht. Wir machen ein Angebot, möchten aber keinen Druck auf Betroffene ausüben. Wer sich bei mir oder den noch zu benennenden Ansprechpersonen melden möchte, um seine Erfahrungen zu teilen, soll wissen, dass dies in einem vertrauensvollen, diskreten, wertschätzenden und empathischen Rahmen geschieht.“ In der Hilfe für die Betroffenen sieht Rainer Fromme auch eine Chance, andere davor zu schützen, zu Betroffenen zu werden. Dafür will er durch seine Tätigkeit ein Bewusstsein für ein professionelles Handeln im Erzbistum Paderborn schaffen: „Es wäre mein Ziel, dass das Thema ‚Missbrauch geistlicher Autorität‘ spätestens in fünf Jahren fest in der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Pastoralen Personals implementiert ist.“