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Vergleichswiderruf mit überflüssigen Kosten

Eigentlich waren die Großbäckerei Brinker und einer ihrer Fahrer, den sie auf 3.803,28 Euro Schadenersatz verklagt hatte, Ende August 2020 nach einem vom Arbeitsgericht vorgeschlagen und von beiden Seiten akzeptierten Vergleich schon auseinander. Doch dann widerrief der Fahrer diesen Vergleich über Rückzahlung von 500 Euro in zehn Monatsraten und sorgte damit für einen Kammertermin mit Urteil: Nun wird er mit 950 Euro Schadenersatz plus anteiligen Gerichtskosten von 25 Prozent und außerdem auch höheren Gebühren für seinen Rechtsanwalt Kaufmann zur Kasse gebeten.

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Am 2. Juni 2019 war dem Fahrer eine Tortenladung über die Rampe seines Lieferwagens gegangen. Der Arbeitgeber hielt dem Mann vor, die Ladung vorher schlecht gesichert zu haben, und verklagte den Mitarbeiter auf vollen Schadenersatz. Doch die Argumentation der von Rechtsanwalt Kuhlmann vertretenen Arbeitgeberseite, der Fahrer habe „grob fahrlässig“ den Schaden herbeigeführt, ließ Richterin Große-Wilde schon im ersten Termin Ende August nicht gelten. Für „Fahrlässigkeit“ gebe es aber wohl Anhaltspunkte. Das bedinge aber eine Quotelung des Schadens. Deshalb auch ihr Vorschlag, der Mitarbeiter möge 500 Euro in zehn Monatsraten ab September 2020 erstatten (halloherne berichtete).

Als der Ex-Mitarbeiter widerrief, musste die 3. Kammer verhandeln. Rechtsanwalt Kaufmann erläuterte die Gründe seines wegen Halsschmerzen nicht anwesenden Mandanten für den Widerruf, dass nach Darlegung seines Mandanten an dem damaligen Schaden auch noch ein zweiter Fahrer beteiligt gewesen sei. Er bestreite den Schaden und die Beteiligung zwar nicht, „aber ich bestreite ob diese Tortencontainer in der Lage waren, diesen Schaden zu verursachen.“ Dem standen durch andere Mitarbeiter bestätigte Angaben der Großbäckerei entgegen, dass dieser Liefer-Lkw bis zu dem Vorfall mit der schlechten Entladung unbeschädigt gewesen sei. Nach längerer Beratung dann die Entscheidung: Der Fahrer wurde verurteilt, sich mit 950,82 Euro an dem Schaden von 3.803,28 Euro zu beteiligen. Die Verfahrenskosten waren entsprechend: 25 Prozent muss der Ex-Mitarbeiter bezahlen, die übrigen 75 Prozent bleiben beim ehemaligen Arbeitgeber hängen.

Schon zum Auftakt der Verhandlung hatte die Richterin ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht, dass dieser damals geschlossene und für beide Seiten günstigere Vergleich überhaupt widerrufen wurde. Vor diesem Widerruf habe auch er mit seinem Mandanten ausführlich darüber gesprochen, so Rechtsanwalt Kaufmann. Doch sein Mandant sei nicht davon abzubringen gewesen. (AZ 3 Ca 2117/19)

Mittwoch, 28. Oktober 2020 | Autor: Helge Kondring