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Die beiden Chefs der Herner Ratskooperation: (v.l.) Udo Sobieski (SPD) und Timon Radicke (CDU).

Zu Gast beim halloherne-Frühstück - Antworten auf acht Fragen

Udo Sobieski und Timon Radicke

Nach der langen Corona-bedingten Pause fand Mitte August 2021 endlich wieder unser halloherne-Redaktionsfrühstück mit Gästen statt. Viele Anfragen, die bis dahin aufgelaufen waren, zeigten uns, dass sich dieses Frühstück einer immer größer werdenden Beliebtheit erfreut. Wir werden diese Liste nun so peu à peu abarbeiten. Unsere ersten Gäste waren nun, auf Anfrage des SPD-Büros, die beiden Fraktionsvorsitzenden der SPD und der CDU - Udo Sobieski und Timon Radicke.

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Es war ein munteres Frühstücksgespräch, die beiden Chefs der Herner Kooperationspartner zeigten in vielen Punkten Einigkeit und vertrugen sich bei uns am Tisch. Die vielen Meinungsverschiedenheiten, die es in der Zusammenarbeit gibt, wie zum Beispiel die Kindergrundsicherung (halloherne berichtete), die Aktion auf dem TikTok-Kanal vom SPD-Landtagsabgeordneten Alexander Vogt (halloherne berichtete und berichtete) und die CDU-Forderung den KOD mit Schlagstöcken auszustatten (halloherne berichtete), wurden nicht angesprochen.

halloherne stellte beiden Fraktionsvorsitzenden im Anschluss an das Frühstück einige Fragen, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen. All dies geschah natürlich unter Beachtung der 3G-Regeln, zudem saßen wir bei weit geöffneten Fenstern und Türen beisammen.

Wie beurteilen Sie heute die Zusammenarbeit mit Ihrem Herner Kooperationspartner?

Antwort Udo Sobieski: „Wir führen eine Kooperation auf Augenhöhe und agieren nach den im Kooperationsvertrag beschlossenen Eckpunkten. Dass es gelegentlich zu unterschiedlichen Meinungen kommen kann, ist ja nicht unüblich und es gelingt uns, die notwendigen Kompromisse herzustellen. Unsere Zusammenarbeit bewerte ich daher als sehr positiv. Sie gelingt, weil wir nicht auf Positionen beharren, sondern weil wir die notwendige Flexibilität für eine Rats-Ehe mitbringen.“

Antwort Timon Radicke: „Beide Fraktionen sind unterschiedliche Parteien und haben natürlich unterschiedliche Schwerpunkte. In der Kooperation lassen wir uns notwendige Beinfreiheit, agieren aber gemäß unseres Kooperationsvertrages geschlossen. Das Wichtigste ist, dass man bei unterschiedlichen Sichtweisen miteinander spricht und einen gemeinsamen und für alle tragbaren Mittelweg findet. Dabei geht es vor allem darum, fernab von Scheuklappen, auch die Bedürfnisse des Kooperationspartners ernst- und in den Blick zu nehmen, ohne die eigenen Schwerpunkte zu vernachlässigen.“

Wo liegen die größten Diskrepanzen?

Beim halloherne-Frühstück war gemütliches zusammensitzen und diskutieren angesagt: (v.l.) Udo Sobieski und Timon Radicke.

Antwort Udo Sobieski: „Bei einigen wenigen Themen haben wir Meinungen, die etwas auseinandergehen, allerdings nicht so weit, dass man nicht zusammenfinden könnte. Ich denke ich spreche auch für Herrn Radicke, wenn ich sage, dass es uns als Fraktionsvorsitzenden wichtig ist, auftauchende Diskrepanzen beizulegen und den konstruktiven Austausch über Themen, voranzutreiben.“

Antwort Timon Radicke: „Die Antwort, die Ihnen Herr Sobieski gegeben hat, entspricht vollkommen unserer Auffassung.“

Wo liegen die größten Gemeinsamkeiten?

Antwort Udo Sobieski: „Beide Fraktionen folgen dem großen Ziel, die Stadt Herne lebenswerter zu gestalten und die Probleme der Bürgerinnen und Bürger nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch in ihrem Sinne zu agieren und die Gesellschaft so nach vorne zu bringen. Uns sind die Herausforderungen bewusst, denen wir uns stellen wollen und müssen, was beispielsweise bei der angespannten Haushaltslage nicht einfach ist, das sage ich ganz klar.“

Antwort Timon Radicke: „Am Ende des Tages geht es in der politischen Arbeit in der Kommune doch nicht darum, sich selbst zu gefallen. Sondern es geht darum, bei jeder Entscheidung abzuwägen, was das Beste für die Stadt ist. Ich schätze an der SPD-Fraktion unter Herrn Sobieski, dass dieser Pragmatismus und die Offenheit für neue Perspektiven und Sichtweisen einfach immer gegeben ist. Wir wollen alle zusammen unsere Stadt voranbringen. Nicht für uns, sondern für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt. In dem Verantwortungsbewusstsein agieren wir gemeinsam.“

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die Bildungspolitik nach vorne bringen?

Antwort Udo Sobieski: „Die Bildungspolitik ist ein ganz wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Wir waren die erste Kommune, die zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie Mittel in Höhe von 500.000 Euro zur Verfügung gestellt hat, um damit eine Grundausstattung von Schülerinnen und Schülern an Herner Schulen mit digitalen Endgeräten zu ermöglichen. Das war noch im Juni 2020. Wir haben uns damals auch klar positioniert, um die Digitalisierungsprozesse als solche voranzutreiben. Für die Zukunft ist es uns wichtig, dass der Breitbandausbau nicht nur vorangetrieben, sondern endlich abgeschlossen wird (halloherne berichtete und berichtete). Es geht uns um Modernisierung, auch was die Bausubstanz angeht. Wir haben uns gemeinsam dafür eingesetzt, dass der erste Schulneubau seit vielen Jahrzehnten beginnen wird. Zudem setzen wir uns auch für die Weiterentwicklung Hernes als Hochschulstandort ein.“

Antwort Timon Radicke: „Herr Sobieski hat ja bereits die Mittelbereitstellung in der Corona-Pandemie erwähnt. Gerade mit Blick auf die zukünftige Infrastruktur unserer Schulen ist natürlich das Thema der Digitalisierung (nicht nur des Lernens, sondern auch der schulischen Verwaltung) ein herausragendes Thema. Aber wir dürfen eben auch nicht so tun, als sei damit die Welt in Ordnung. Viele unserer Schulen leiden unter einem immensen Investitionsstau, gerade in baulicher Hinsicht. Den Weg der Erneuerung müssen wir konsequent weitergehen und wir freuen uns, dass es unsere Kooperation war, die seither konsequent für die Modernisierung einsteht.“

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren?

Antwort Udo Sobieski: „Auch auf kommunaler Ebene können wir viel tun. Wir achten bei der Aufstellung von Bebauungsplänen auf die Einhaltung ökologisch relevanter Aspekte und setzen auf Programme, die den Klimaschutz fördern. Ein aktuelles Beispiel ist der Robert-Brauner-Platz. Ein Ort – mitten in der Herner Fußgängerzone – der durch seine Versiegelung dafür sorgt, dass sich der Platz zu stark aufheizt. Wir setzen uns für mehr Begrünung und Wasser ein (halloherne berichtete). Das sorgt nicht nur für Abkühlung als solche, sondern auch für mehr Aufenthaltsqualität, was wiederum gut für die lokale Wirtschaft ist. Ökologie und Ökonomie lassen sich vereinen – auch in unserer Stadt.“

Rund eine Stunde dauerte das Gespräch: (v.l.) Udo Sobieski und Timon Radicke.

Antwort Timon Radicke: „Die Klimaanpassung ist für die Kommune sicherlich die Aufgabe der nächsten Jahre. Alleine in Herne werden wir den Klimawandel nicht aufhalten können. Deswegen ist es wichtig, als Kommune einerseits die Emissionen von CO2 zu reduzieren, besonderes Augenmerk liegt aber eben auch darauf, dass wir unsere Stadt darauf vorbereiten müssen, resilienter gegen Klimaereignisse zu werden. Das bedeutet, dass Flächen entsiegelt und begrünt werden müssen. Das bedeutet, dass wir in der Lage sein müssen, Starkregenereignisse besser zu verkraften, und wir müssen auch bei jedem Gebäude, was in Zukunft in dieser Stadt errichtet wird, den Klimagedanken mitdenken. Da gibt es in Herne hervorragende Beispiele, wie dies bereits geschieht, u.a. durch Dachbegrünungen, 0-Emissionshäuser etc.“

Wie ist Ihre Meinung zu den U18 Wahlen?

Antwort Udo Sobieski: „Was auf kommunaler Ebene funktioniert, sollte auch bundesweit gelten. Die jungen Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt sind politisch, meiner Meinung nach politischer als noch vor wenigen Jahren. Warum verhindert man dann das Mitspracherecht? Wenn man einerseits unter 18 bereits Mitglied einer Partei sein darf, auf der anderen Seite aber dann nicht einmal wählen darf, sorgt das doch nur für Frust. Ein allgemeines Wahlrecht auf Bundesebene ab 16 Jahren wäre zeitgemäß (halloherne berichtete).“

Antwort Timon Radicke: „Ein typischer Fall, bei dem ich vermutlich mit Herrn Sobieski nicht einer Meinung bin. Ich glaube das Wahlrecht funktioniert so wie es ist. Denkt man bei der Herabsenkung des Wahlalters über eine Änderung nach, so sollten wir aber auch über eine entsprechende Änderung der Volljährigkeit nachdenken. Rechte sind in unserem Land immer auch mit Pflichten verbunden. Wer in unserem Land seine Stimme für die politische Zukunft des gesamten Landes abgeben darf, sollte auch in der Lage sein, gesellschaftliche Pflichten zu übernehmen. Losgelöst sollte man das nicht denken.“

Was glauben Sie, wieviel Prozent holt Ihre Partei zur Bundestagswahl 2021?

Antwort Udo Sobieski: „Mehr als man noch vor wenigen Wochen gedacht hat! (lacht)“

Antwort Timon Radicke: „Die Zeiten, bei denen man sich angesichts der ständig variierenden Umfragen auf ein Wahlziel festlegen kann, sind vorbei. Unser Ziel ist es, als stärkste politische Kraft aus dieser Wahl hervorzugehen und ein Linksbündnis zu verhindern.“

Warum trauen Sie Ihrem Spitzenkandidaten die Kanzlerschaft zu?

Antwort Udo Sobieski: „Olaf Scholz hat bewiesen, dass er ein Krisenmanager ist. Das habe ich auch bei vielen Gesprächen mit verschiedenen Akteuren unserer Stadtgesellschaft wahrgenommen. Die Corona-Hilfen, die Olaf Scholz versprochen hat, sind bei den Unternehmen unkompliziert und zügig angekommen. Wäre die Pandemie nicht dazwischengekommen, hätte er bereits positive Dinge vorangebracht. Ich spreche hier vor allem von einem Schuldenschnitt, um die Kommunen von Altschulden zu befreien. Ich traue Scholz nicht nur die Kanzlerschaft zu – ich bin mir sicher, dass unsere Kommune von einem Kanzler Scholz stark profitieren wird.“

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Antwort Timon Radicke: „Armin Laschet regiert seit 2017 NRW mit nur einer Stimme sehr erfolgreich. Anders als viele andere Politiker ist er kein Mensch, der andere starke Charaktere verdrängt, er ist jemand, der diese Charaktere zum Nutzen aller mit einbinden kann. Wenn ich mir die Entwicklungen in der Welt anschaue, ist das genau die Art von Kanzler, die unser Land jetzt braucht. Es geht um grundsätzliche Haltungen, nicht um Augenaufschläge oder ob der Kanzler ein Eis essen darf oder nicht.“

| Autor: Carola Quickels