
Karpaten-Krimi mit Joachim Król
TV-Tipp: 'Blutholz'
Ein junger Mann rennt um sein Leben – nackt in einem Waldstück, verfolgt von Menschen in Bärenkostümen und ihren Hunden. Schnitt. Hans Schüssler (Joachim Król) kehrt nach vierzig Jahren nach Siebenbürgen zurück, in seinen Geburtsort Kronstadt, der heute Brasov heißt. Er ist mit dem Flugzeug aus Dortmund gekommen und bittet den Taxifahrer, an einer Biegung der Straße anzuhalten. Dabei geht es ihm auch um den herrlichen Blick über die Karpaten (Kamera: Hannes Hubach), vor allem aber um einen heimlichen Schluck aus dem Flachmann.
Schüssler war früher ein gefürchteter Zielfahnder, dann Soldat. Nach einem Einsatz in Somalia ist er abgestürzt, zum Alkoholiker geworden, der sich mit Gelegenheitsjobs herumschlägt. Da kam ihm der Auftrag von Dr. Gerd Sasse (Alexander Beyer), Chef der gleichnamigen deutschen Holzfirma in Brasov, gerade recht: Als privater Ermittler, mit 1.000 Euro Tageshonorar und 50.000 Euro Erfolgsprämie fürstlich honoriert, soll er nach dem seit Tagen spurlos verschwundenen Manager Jens Baumann (Bogdan Ciubuciu) suchen.
Schallplatten, Zigaretten und Kondome
Schüssler kennt sich hier aus. Als Heranwachsender hat er mit seinem Freund Christian Paulini begehrte Westwaren nach Siebenbürgen geschmuggelt: Schallplatten, Zigaretten, Kaffee, aber auch Kondome und „die“ Pille. Sie waren aufgeflogen, verhaftet und vom gefürchteten Geheimdienst Securitate verhört worden. Schüssler ist von der Bundesrepublik nach wenigen Wochen freigekauft worden und in Deutschland geblieben, von Christian fehlt jede Spur. Auch ein Beweggrund für ihn, den Auftrag anzunehmen: Schüssler glaubt, seinerzeit verraten worden zu sein.

Gleichzeitig ermittelt die arrogante, gegenüber Schüssler geradezu übergriffige deutsche Anwältin Katja Schöne (Alina Levshin) im Brüsseler Auftrag bei Holz Sasse: Es geht um Subventionsbetrug in großem Stil, so sollen parallel zum Abtauchen des Managers 250.000 Euro aus der Konzernkasse verschwunden sein. Und um eine Stiftung, die Jens Baumann zusammen mit seiner Gattin, der Biologin Karin Baumann (Anja Schneider), zum Schutz der größten Urwaldbestände Europas in Rumänien gegründet hat. Die heimischen Behörden, darunter auch der Polizeichef Chivu (Orodel Olaru), sind beiden Deutschen keine Hilfe.
Kandidatur für das Bürgermeister-Amt
Schüssler aber erhält noch am ersten Abend eine Einladung von seiner alten Jugendliebe: Silvia Dancu (Désirée Nosbusch) bildete vor vierzig Jahren ein unzertrennbares Freundschaftstrio mit ihm und Christian. Nun kandidiert sie für das Bürgermeister-Amt, protegiert vom mafiosen „Paten“ Brasovs, Kosmin Rednic (Geo Dobre). Dessen Baufirma hat mit EU-Geldern eine Straße zu einer Roma-Siedlung gebaut, die nach einem Erdrutsch, bei dem eine Frau und ihre zwei Enkel umkamen, unpassierbar ist. Illegale Abholzungen von Roma sollen für das Unglück verantwortlich sein, was zwei junge Aktivisten (Vlad Sfetcu und Fabiola Petri), die Schüssler am Rande einer Demonstration trifft, vehement bestreiten.
In der Nacht von Alpträumen seiner Verhaftung gepeinigt, erkennt Schüssler in Rednic den brutalen, nur „Krokodil“ genannten Securitate-Major wieder, der ihn seinerzeit verhört hat. In einem verfallenen, scheinbar leeren Anwesen trifft er auf einen alten Bekannten aus der Jugendzeit, Michael (Peter Franke), der einen Raum mit Fotos und Dokumenten wie ein kleines Museum ausgestattet hat. Und Schüssler eine Pistole übergibt: „Hier laufen noch eine Menge Untote herum.“
Bestechungsversuch abgelehnt
Diese kommt zum Einsatz, als zwei Vermummte die Anwältin Schöne kidnappen wollen. Danach spitzt sich die Lage immer mehr zu, mit Prof. Carmen Szeles (Mihaela Sirbu) wird eine Gutachterin zum Erdrutsch ermordet und Schüssler selbst bedroht, nachdem er einen Bestechungsversuch Rednics abgelehnt und Jens Baumanns Auto in der vom Erdrutsch betroffenen Roma-Siedlung gefunden hat. Im letzten Moment vom Forstinspektor (Vlad Radescu) gerettet, muss sich Schüssler von den eigenen Illusionen seiner Vergangenheit trennen. Zu denen auch die mit Thomas Dancu (Lucian Pavel) verheiratete Silvia gehört…
„Blutholz“, nach einer Idee von Martin Lewald geschrieben von Alexander Buresch und Regisseur Thorsten C. Fischer, wäre ein packender Krimi mit finalen Grusel-Effekten geworden, schließlich ist Nosferatus Transsilvanien nur ein anderer Ausdruck für Siebenbürgen, hätte sich das Autorenduo auf eine Haupthandlung beschränkt. So aber werden binnen 94 Minuten zahlreiche verwirrende Verästelungen eingebaut zur Geschichte und heutigen Situation einer Region, die ins Haus Europa gehört, dort aber noch immer auf Zimmersuche ist. So spricht Michael ein wahres Schlusswort aus: „Versuche nicht, diese Geschichte zu verstehen.“
„Blutholz“, am 27. August 2022 beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen uraufgeführt, wird am Freitag, 13. Januar 2023 um 20.15 Uhr auf Arte erst ausgestrahlt, dort am Donnerstag, 19. Januar 2023 um 14.20 Uhr wiederholt und bis zum 11. Februar 2023 zum kostenlosen Streaming in die Arte-Mediathek gestellt.
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- Freitag, 13. Januar 2023, um 20:15 Uhr
- Donnerstag, 19. Januar 2023, um 14:20 Uhr