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Marius Müller-Westernhagen (l.) in Theo gegen den Rest der Welt.

Kultfilm made in Herne läuft auf 3Sat

Theo gegen den Rest der Welt

Kurz vor der Autobahnraststätte Stuckenbusch, 4 Uhr früh. Bedrohlich schlingert ein schwerer Sattelschlepper in der Morgendämmerung über die Autobahn. Theo Gromberg (Marius Müller-Westernhagen) aus Herne kämpft gegen die Straße. Noch dreißig Kilometer bis zuhause, da pennt er in seinen 38-Tonnen-Volvo bei hundert Sachen ein. Sein Kopf knallt auf die Hupe, eine aufgeschreckte 2 CV-Ente flieht auf die Überholspur. Im letzten Augenblick kriegt Theo den Diesel wieder in seine Gewalt, donnert mit Karacho in die Raststätte Stuckenbusch und lässt sich erschöpft aus dem Führerhaus fallen – zur teuersten Pinkelpause seines Lebens. Als Theo vom Klo kommt, ist sein LKW weg.

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Jahrelang haben Theo und sein Kompagnon Enno Goldini (Guido Gagliardi) aus Mailand für den nagelneuen Schnauzenvolvo-Brummi geschuftet, und jetzt das, wo Theo gerade dabei war, mit schwarzer Fracht schnelle 10.000 Mark zu machen, um den Kredithai zu beruhigen. Morgen um 12 Uhr wären beide aus dem Schneider gewesen... Mit einem Schlag ist Theo hellwach. Für ihn gibt es nur einen Gedanken: Den Dieben hinterher. Ines Röggeli (Claudia Demarmels), Schweizer Medizinstudentin, ist doppelt vom Pech verfolgt. Nach dem verpatzten Physikum endet ihre Heimreise dort, wo Theo ohne lange zu fragen ihren 500er Fiat schnappt und versucht, seinen entführten PS-Koloss auf der Autobahn zu stoppen. Ihre Proteste sind so vergeblich wie Theos halsbrecherische Aktionen: in Rauch gehüllt bleibt der Fiat auf der Strecke.

Für Ines’ Zorn bleibt keine Zeit, denn im gleichen Augenblick kommt Enno mit einer geliehenen Karre angerauscht, voller gackernder Zuchthühner, auf dem Weg zu einer Ausstellung. Bevor er die Hände über dem Kopf zusammenschlagen kann, jagen sie schon in Richtung Aachener Grenze. Dort will Theo den Volvo abfangen, bevor er den LKW-Schieberplatz Lüttich erreicht. Tatsächlich entdeckt Theo seinen Wagen, hechtet am Führerhaus hoch, kriegt einen Feuerlöscher an den Schädel und landet auf dem Asphalt. In Lüttich presst Theo aus dem Schieber-König Doppel-Dieter Maurice Moreau (Peter Berling) nur das Wort Marseille heraus und fängt sich vom Kredithai (Carlheinz Heitmann) ein blaues Auge, weil er seine Schnauze wieder ’mal nicht halten kann. Ab sofort sind die Verfolger auch Verfolgte. Ines und Enno wollen zurück, doch Theo denkt an Marseille und den LKW. Während beide schlafen, fährt er nach Frankreich und jagt mit der Karre todmüde durch eine Reklametafel – mitten ins Idyll, wie sie am nächsten Morgen feststellen.

Doch der malerische Wasserfall und die gegrillten Hühner bleiben ein kurzer Genuss, denn im gleichen Augenblick, als Theo die Reize von Ines entdeckt, bringt der Kredithai mit seinem roten Mustang ihre Schrittkiste wieder auf Touren. In zehn Minuten sind 10.000 Mark fällig. Eigentlich wollen sie Ines in der nahen Schweiz abliefern. Vor der elterlichen Villa bricht der Wagen endgültig zusammen und dann bringt Ines auch noch Theos Gefühlsleben durcheinander, was ihn freilich nicht aufhalten kann, mit seinen Zockertricks die anwesende Hautevolee zu verblüffen und die Kasse aufzubessern. Währenddessen hört Enno etwas über eine LKW-Schieberbande in Mailand und Ines beschließt, ihren langweiligen Verlobten zu verlassen. Wie Enno will sie nach Mailand, Theo aber beharrt auf Marseille. Zuvor bricht ihm der Kredithai den kleinen Finger und gibt ihm eine letzte Frist von 72 Stunden.

Ines und Enno machen sich auf den Weg nach Mailand. Theo fährt als blinder Passagier in einem Wohnwagen mit – doch statt in Marseille landet auch er in Mailand. Mit Hilfe von Ennos Bruder stöbert das Trio die Baffos auf, zwei Kerle wie Kleiderschränke, die wissen könnten, wo der Volvo ist. Aber genau in dem Moment, wo man sich einig ist, muss Theo wieder ’mal die Schnauze aufreißen. Der Kredithai verhindert das Schlimmste und die drei fahren weiter nach Genua, wo der LKW angeblich verschifft werden soll. Theo bleiben noch 48 Stunden. Mit einem Fernrohr entdecken sie den Volvo an Deck eines auslaufenden Frachters mit Richtung Neapel. Ines hat die rettende Idee und den nötigen Charme: Am Flughafen flirtet sie mit einem Geschäftsmann, der alle drei in seinem Flugzeug nach Neapel mitnimmt. Mit Müh und Not erreichen sie den Frachter. Endlich steht der Volvo in seiner ganzen Pracht vor ihnen. Nur leider ist es nicht ihrer. Was soll’s, Theo hat ja schon immer gesagt, dass man in Marseille suchen muss …

Theo gegen den Rest der Welt wurde im September 1980 im Herner Lichtburg-Kino erstaufgeführt, weil Drehbuchautor Matthias Seelig, 1949 in Marburg/Lahn geboren, in Herne aufwuchs und hier auch sein Abitur gemacht hatte und sich weiterhin mit unserer Stadt verbunden fühlte. Der Film begeisterte nicht nur das Revierpublikum mit Spannung, Tempo, schönen Bildern und überraschenden Wendungen der Story. Und fürs Lokalkolorit sorgen Westfalia-Aufkleber an Theos LKW, der in Nizza eine Strünkeder Tribünenkarte zerreißt: „In fünf Minuten pfeifen die in Herne an, und wir sind hier am Arsch der Welt.“ Ein komödiantisches Road Movie aus dem Herzen des Kohlenpotts mit einem überragenden Marius Müller-Westernhagen als Zocker, Träumer und Alltags-Anarchist, als nie aufgebende Kämpfernatur mit Kodderschnauze und arg gebrochenem Verhältnis zur Realität. Der Antiheld Theo stand schon 1975 im Mittelpunkt des Bringmann-Films Aufforderung zum Tanz: Ein schnoddriges Stehauf-Männchen im ungleichen Kampf mit der Umwelt wie mit sich selbst.

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Der Action-Film einer Verfolgungsjagd quer durch Europa war der Kinohit 1980/81, ausgezeichnet mit der Goldenen Leinwand für mehr als drei Millionen Zuschauer. Auch sonst hat es Auszeichnungen gegeben: den Ernst-Lubitsch-Preis 1981 für die Beste Leistung in einer deutschsprachigen Komödie an Hauptdarsteller Marius Müller-Westernhagen und Peter F. Bringmann erhielt als Bester Nachwuchsregisseur des Jahres 1981 den Bayerischen Filmpreis. Peter F. Bringmann seinerzeit zu seinem zweiten Revier-Streifen, der auf vielen internationalen Filmfestivals als eine der erfolgreichsten deutschen Filmkomödien der Nachkriegszeit gefeiert und unter anderem auch von der UdSSR gekauft wurde: „Wenn ich einen Film mache, möchte ich selbst so viel Spaß daran haben, dass ich mich gerne reinsetze oder sogar zweimal dafür ins Kino gehe.“ Jetzt gibt’s die Möglichkeit, diesen Kultstreifen in der Glotze zu erleben: 3Sat, der Kulturkanal der deutschsprachigen Länder, strahlt ihn in seiner verdienstvollen Retrospektive 40 Jahre Filme in Ost und West am Donnerstag, 23. Mai 2019, um 22.25 Uhr aus.

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  • Donnerstag, 23. Mai 2019, um 22:25 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann
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