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Vorstellung der Bilanz vom Ausbildungsmarkt 2022: (v.li.) Michael Bergmann (IHK Mittleres Ruhrgebiet), Frank Neukirchen-Füsers (Agentur für Arbeit Bochum), Dirk W. Erlhöfer (Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen), Frank Dudda (OB Herne), Stefan Marx (DGB Ruhr/Mark) und Hans-Joachim Drath (Kreishandwerksmeister Herne).

Bündnis für Arbeit stellt Bilanz des Ausbildungsmarktes vor

Positive Entwicklung, aber viele Herausforderungen

Positive Entwicklung, aber weiterhin viele Herausforderungen: So lässt sich die aktuelle Bilanz des Herner Ausbildungsmarktes für 2021 und 2022 zusammenfassen, die am Dienstag (15.11.2022) vorgestellt wurde. Der Stichtag zur Erfassung der Statistik ist immer der 30. September. So gab es bis dahin 1.405 Bewerber, das sind 48 mehr (plus 3,5 Prozent) als im Vorjahr. 44 sind davon noch unversorgt. Es wurden 926 Ausbildungsstellen gemeldet, das sind 179 mehr als noch 2020/21 (plus 24 Prozent). Für 2022 kommen auf 100 Ausbildungsstellen demnach 154 Bewerber (2020: 217).

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„Wir können eine sehr zufriedene Bilanz ziehen, da wir insbesondere bei der Bewerberseite wieder mehr Personen erreichen - auch wenn es noch nicht so viele wieder sind, wie vor der Pandemie. Daher auch unsere dringende Bitte an alle unversorgten Leute: Meldet euch, wir haben noch Ausbildungsstellen“, sagte Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bochum, zu der auch Herne gehört. „Wir bewegen uns halbwegs zur Normalität zurück.“

Duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell

Hoch im Kurs stehen weiterhin Berufe in der Kranken- und Altenpflege (mit schulischen Ausbildungen), im Büromanagement, im Einzelhandel sowie im Verkauf. Klar ist allen Beteiligten, dass es einen Wandel vom Arbeitgeber- hin zum Bewerbermarkt gibt. Jugendliche mit einem guten Schulabschluss können sich zum Teil die Lehrstellen aussuchen. Dennoch entscheiden sich weiterhin viele Jugendliche für den Weg zum Abitur und gehen anschließend an die Uni. Dort möchte das Bündnis für Arbeit ansetzen - auch mit der dualen Ausbildung, die viel bringen würde und ein Erfolgsmodell wäre.

Die Kampagne

Aber auch die handwerklichen Berufe sollen gestärkt werden. „Wir möchten den Stellenwert vom Handwerk erhöhen, da dieser Bereich ums Überleben kämpft. Eltern entscheiden immer häufiger mit bei der Berufswahl ihrer Kinder, daher wollen wir den Eltern mit Veranstaltungen das Handwerk näher bringen“, teilte Hans-Joachim Drath, Herner Kreishandwerksmeister, mit. Auch Lehrer sollen dort eingebunden werden, ebenso sollen Praktika neu durchdacht werden. Erst kürzlich stellte die Handwerkskammer Dortmund ihren Konjunkturbericht vor (halloherne berichtete).

Fachkräfte aus dem Ausland holen

Ebenso spielt der demografische Wandel eine große Rolle. „Ein Fünftel der derzeit Beschäftigten in NRW wird in den nächsten zehn Jahren das 65. Lebensjahr vollenden. Daher müssen wir mehr ausbilden. Allerdings ist auch klar, dass der Bedarf der Unternehmen an Fachkräften mit den aktuell vorhandenen Bewerbern nicht ausgeglichen werden kann“, erläutert Neukirchen-Füsers. Michael Bergmann, Geschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, ergänzt: „Nur wer ausbildet, sichert die Zukunft seines Unternehmens. Wir müssen hierfür aber auch ins Ausland schauen.“ Hierfür wären aber auch Sprachkurse wichtig, merkte Oberbürgermeister Frank Dudda an.

Handwerksbetriebe können die Nachfolge besser mit jungen Meistern regeln - dafür müssen sie auch ausbilden.

Dudda attestierte den Beteiligten im Bündnis eine gute Zusammenarbeit, auch die Ende August 2022 gestartete Kampagne „Hochleveln!“ (halloherne berichtete) habe schon gut gezündet. „Es sind nur noch 44 unversorgte Leute, das ist nahezu eine Vollversorgung. Aber auch für diese Personen gibt es noch Möglichkeiten. Das ist ein gutes Zeichen, die Stadt bietet nun mehr Chancen als früher“, sagte Dudda.

'Wirtschaftsstandort Herne kann sich sehen lassen'

Dirk W. Erlhöfer, Geschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen, sprach gar vom „Wunder von Herne", welches hier vorzufinden wäre. „Es war jahrelange Knochenarbeit, aber nun sind alle positiv gestimmt. Der Wirtschaftsstandort Herne kann sich sehen lassen, das war nicht immer so.“ Auch er erinnerte daran, dass die Firmen weiter junge Leute ausbilden müssen, Maschinen könnten nicht alle Arbeiten übernehmen.

Gleichzeitig gelte es, die Altbewerber aus den Corona-Jahren nicht aus den Augen zu verlieren. Viele Jugendlichen würden aber mitunter gar nicht in den Statistiken auftauchen, da sie sich nach dem Schulabschluss nicht bei der Arbeitsagentur gemeldet hätten. Das sieht auch Stefan Marx vom DGB Region Ruhr/Mark so: „Wir müssen diese Personen finden und ihnen eine Ausbildung schmackhaft machen.“ Dazu zählt Erlhöfer auf: „Um es attraktiver zu gestalten, muss das Image der Firma stimmen, es sollte möglichst keine Schichtarbeit geben, das Geld muss passen, zudem ist eine Familientradition wichtig und es sollte Aufstiegschancen geben.“ All das wären Kriterien, an denen sich Jugendliche orientieren würden.

Dudda schließt an: „Wir können vermitteln, dass eine Ausbildung etwas Gutes für die Zukunft ist.“ Neukirchen-Füsers stellte auch mögliche Modelle mit einer Teilzeitausbildung vor, die mittlerweile möglich sind. Wer noch sucht, kann sich als Jugendlicher unter Tel 0800 4 5555 00 oder oder .

Dienstag, 15. November 2022 | Autor: Marcel Gruteser