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In der Dachdecker-Branche sieht es bei Azubis derzeit gut aus - insgesamt ist die Lage im Handwerk aber unsicher aufgrund der hohen Kosten und ungewissen Lage.

Konjunkturumfrage der HWK über Lage, Inflation und Co.

Verunsicherung im Handwerk zu spüren

Hohe Energie- und Materialkosten, wenig verfügbare Fachkräfte, kaum neue Azubis und eine ungewisse Zukunft: Die Lage im Handwerk ist aktuell unsicher und die Erwartungshaltung auf einem neuen Tiefstand. Das gab Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund (HWK), zu der auch Herne gehört, am Mittwoch (9.11.2022) bei der Präsentation der Herbst-Konjunkturumfrage bekannt.

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„Die gute Geschäftslage ist zwar noch da, aber die Erwartungen für die nahe Zukunft stürzen ab“, sagte Schröder. „85 Prozent der Betriebe bewerten ihre aktuelle Lage als gut bis zufriedenstellend, das sind sechs Prozent weniger als vor einem Jahr. Jedoch liegt die Erwartungshaltung bei gerade einmal 58 Prozent. Im Herbst 2021 betrug sie noch 90 Prozent, selbst zur Hochzeit der Corona-Pandemie im Herbst 2020 lag sie bei 82 Prozent.“

Hohe Belastungen für die Unternehmen

Konjunkturindikatoren wie Umsatz, Nachfrage oder Investitionen seien ebenfalls teils deutlich rückläufig. Hauptgrund sind laut Schröder neben den Verbraucherpreisen die hohen Energiekosten, die zu hohen Belastungen für die Unternehmen führen. Ebenso seien die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs ein großer Faktor. Dem Handwerk fehle es an Planungssicherheit.

Das Handwerk allgemein hat derzeit viel zu tun, findet allerdings kaum Azubis und Fachkräfte - viele Bereiche kämpfen auch mit der Inflation und den Energiekosten (Symbolbild).

Während im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe die Lage aktuelle noch sehr gut sei, sieht es insbesondere in den Nahrungsmittel- und Gesundheitshandwerken düster aus. Dort bewerten die Unternehmer ihre Lage deutlich schlechter, teils sei von einer Verzehnfachung der Kosten für Energie die Rede, sagte Schröder. „Die Möglichkeiten für eine Preiserhöhung sind dort auch begrenzt, weil niemand ein Brötchen für einen Euro kauft.“

Kurze Erholung und wieder Probleme

Bei den Personenbezogenen Dienstleistungen wie Friseure oder Kosmetiker gab es nach einer langen und schwierigen Phase in der Corona-Pandemie und einer kurzzeitigen Erholung durch gestiegene Kosten und notwendige Preiserhöhungen die nächste Delle. „In allen Bereichen sind die Erwartungen zurückhaltend. Das ist ein Indikator für Unsicherheit, die durch schwierige Lieferketten und die Energiekosten ausgelöst wird“, bilanzierte Schröder.

Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund.

Hernes Kreishandwerksmeister Hans-Joachim Drath sagt über die rund 8.000 im Handwerk beschäftigten Personen und Unternehmen: „Die Krisen wirken sich mehr und mehr aus. Außerdem sind die Erwartungen in Herne noch schlechter als im Kammerdurchschnitt. Gründe dafür sind neben des Ukraine-Krieges auch die möglichen krankheitsbedingten Ausfälle durch Corona und das niedrige Einkommen in Herne.“ Dafür sei aber beispielsweise im Dachdeckergewerbe mit mehr Azubis zu rechnen.

Trotz Bemühungen kaum neue Mitarbeiter zu finden

Doch in den vielen anderen Branchen im Handwerk fehlen diese Azubis, als auch fertige Fachkräfte, sagt die HWK-Geschäftsführerin Olesja Mouelhi-Ort, die die Ergebnisse einer zusätzlichen Umfrage zum Fachkräftemangel vorstellte: „Es fehlen heute schon insgesamt circa 250.000 Fachkräfte und diese Zahl wird jedes Jahr größer. Dazu sind 30.000 Azubistellen nicht besetzt.“ Im Kammerbezirk findet fast jeder zweite Betrieb trotz Bemühungen keine geeigneten Mitarbeiter. Die größten Probleme seien, dass die Bewerber unzureichend qualifiziert wären, sich gar nicht erst jemand bewerben würde oder wenn, dann zu hohe Gehaltsforderungen haben.

Um dem entgegen zu wirken, bilden Unternehmen immer mehr eigene Mitarbeiter weiter, und stärken die eigene Ausbildung. Dazu werden auch vermehrt die sozialen Medien, als auch die Kontakte der eigenen Mitarbeiter zu Freunden genutzt.

Schröder nutzte abschließend noch die Möglichkeit, etwas klarzustellen: „Es ist momentan nicht alles schlecht, auch wenn viel von einer Wirtschaftskrise geredet wird. Insgesamt steht das Handwerk stabil, auch wenn die positiven Aspekte kaum wahrgenommen werden.“ Die nächste Konjunkturumfrage der HWK gibt es im Frühjahr 2023.

Mittwoch, 9. November 2022 | Autor: Marcel Gruteser