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Architektin Sabrina Gronotte - sie ist die Chefin vom Architekturbüro am Kuckucksweg.

Gronotte übernahm von Blome

Hier baut Frau Architektin

Seit über 100 Jahren gibt es Frauen, die in der Architektur tätig sind. Hören wir von berühmten und bekannten Architekten, dann sind das in der Regel allerdings Männer – mit einigen wenigen Ausnahmen. Zum Beispiel Zaha Hadid (1950 – 2016), die irakisch-britische Architektin, die berühmt wurde für ihre äußerst kühnen und futuristischen Entwürfe aus Glas, Zement und Stahl, die Bauhaus-Schülerin Margarete Schütte-Lihotzky (1879-2000), die 1926 die Frankfurter Küche entwarf, oder Lilly Reich (1885-1947), die im Schatten von Mies van der Rohe stand, obwohl sie mitprägend war für die moderne Baukunst und zehn Jahre mit ihm zusammen arbeitete.

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Traumberuf: Architektur

Frauen in der Architektur sind in der öffentlichen Wahrnehmung selten präsent. Das könnte sich in Herne bald ändern: Vor etwas über zwei Jahren wagte die Architektin Sabrina Gronotte den Schritt in die Selbstständigkeit. Die 38-Jährige hat im Januar 2020 das Architekturbüro von Jens Blome am Kuckucksweg übernommen. Dass sie mit der Architektur ihren Traumberuf gefunden hat, daran ist ihr Vater nicht ganz unschuldig.

Architektin Sabrina Gronotte wagte vor über zwei Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit.

Der legte seiner Tochter zu Schulzeiten einen dicken Stapel Flyer mit Berufen von A bis Z vor die Nase. Durchschauen und streichen, was auf keinen Fall infrage käme, das war ihr Auftrag. Das eine 16-Jährige auf solch einen „Blödsinn so gar keinen Bock“ hat, das versteht sich fast von selber. Da der Packen alphabetisch geordnet war, lag es in der Natur der Sache, dass der Flyer „Architektur“ ganz oben lag. „Nun“, erzählt Sabrina Gronotte im halloherne-Gespräch und kann sich das Lachen nicht verkneifen, „ich dachte mir, das hört sich doch schon recht interessant an.“ Somit machten die anderen Flyer Bekanntschaft mit der Papiertonne.

Ein Praktikum bei Jens Blome

In der 9. Klasse stand ein zweiwöchiges Praktikum an und Gronotte erinnerte sich an die Architekten „Blome und Kahnwald“, die das Haus ihrer Eltern gebaut hatten. Also fragte sie bei Jens Blome an und bekam den Praktikumsplatz. „In dieser Zeit durfte ich mir mit der Hilfe von Lutz Kahnwald mein eigenes Haus konstruieren. Dieses Praktikum hat mit gezeigt, dass mir 'A' gefällt. A wie Architektur.“

Nach dem Studium der Architektur an der Bochumer Hochschule, das Gronotte nach acht Semestern mit dem Titel 'Bachelor of Arts' abschloss, folgte im Mai 2013 die Festanstellung als Architektin im Büro von Jens Blome. Während dieser Zeit hängte sie ein Masterstudium „Projektentwicklung“ an der EBZ Business School in Bochum an.

Angebot der Übernahme

Im Jahr 2015, kurz vor ihrem 30. Geburtstag, bekam sie von Jens Blome das Angebot, sein Architekturbüro zu übernehmen. Da die Übernahme ein weicher Prozess sein sollte - frei nach dem Motto: 'Never change a winning Team' - und nicht der harte Schnitt, dauerte es bis zum perfekten Abschluss. Jens Blome ist bis heute täglich im Büro, nur die Chef/Angestellten-Rolle, die hat sich gedreht und Sabrina Gronotte ist mittlerweile in ihrer Rolle als Chefin angekommen. „Aber, dass Jens mir quasi erhalten blieb, darüber bin ich sehr froh“, erzählt sie. „Ich profitiere von seiner Gelassenheit und seiner großen Erfahrung.“

Architektin Sabrina Gronotte (li.) mit ihrem Vorgänger Jens Blome.

Seit 2016 ist Gronotte Mitglied der Architektenkammer NRW. „Der Eintrag in der Kammer vollendet für mich so ein klein wenig meinen Werdegang“, sagt Gronotte. Das, was für sie eine Selbstverständlichkeit ist, ist es anscheinend nicht für alle Architektinnen: 31.000 Köpfe hat die Architektenkammer von NRW, nur jeder dritte Kopf davon gehört einer Frau – obwohl 60 Prozent der Studierenden weiblich sind.

Bei Architekten denken viele an das Kreative, das Entwerfen von Neubauten, ist das auch so? „Nein, überhaupt nicht, obwohl dir genau dies im Studium suggeriert wird“, sagt sie lachend. „Die Realität ist aber, dass nur ein Prozent der Absolventen nach ihrem Studium eine Anstellung in einem reinen Entwurf-Büro bekommen.“

Drei Tassen Kaffee und der Tag kann starten

Die Aktenordner über die Bauprojekte sind ordentlich sortiert.

Seitdem Sabrina Gronotte das Büro von Jens Blome übernommen hat, „nimmt die Kreativität und das Zeichnen eigentlich noch weiter ab. Ich zeichne im Augenblick gar nicht mehr. Planungen, Kostenberechnung, Anträge, Ausschreibungen, Baustellenbesuche und Gespräche mit Bauherren bestimmen meinen Arbeitsalltag“, erzählt sie. Und der beginnt in der Regel um 6:45 Uhr zuhause mit drei Tassen Kaffee und dem Checken der E-Mails.

Im Büro angekommen stehen Gespräche mit ihren Mitarbeitern an, um auf dem neusten Stand zu kommen. Sieben Mitarbeiter hat Gronotte jetzt beschäftigt. „Im Normalfall hat das Büro viele Projekte gleichzeitig, die parallel laufen, für alle trage ich die Verantwortung und muss sie im Blick haben.“ Richtlinien und Budgets würden ihre Arbeit naturgemäß immer wieder einschränken. „Geld ist ein sehr bestimmender Faktor in der Planungsphase. Leider hatte ich noch nie einen Bauherrn, der gesagt hat: 'Es ist egal, wie teuer es wird'. Auch bei uns gilt: Geld ist ein wesentlicher Faktor.“

„Getrieben von Kosten und Zeit“

Der direkte Kontakt mit Menschen auf der Baustelle macht Sabrina Gronotte am meisten Spaß.

Aber Geld sei nicht alles, erzählt sie. „Zu dem Faktor Kosten kommt dann auch noch der Faktor Zeit.“ Denn sowohl bei Projekten im Bestand als auch bei Neubau-Projekten müsse alles zu einem bestimmten Termin fertig sein. Sei es, dass am Tag X die Kinder in den Kindergarten wollen oder die Mieter nach einem Umbau vor der Tür stehen.

Anders als sie es im Studium vermutete, mache ihr heute der direkte Kontakt mit den Menschen auf der Baustelle am meisten Spaß. „Planen und Zeichnen sind Dinge, die bekommst du im Studium eigentlich gut beigebracht, aber was auf der Baustelle los ist, davor hat im Prinzip jeder Studierende während des Studium Schiss – ich auch“, sagt sie. Aber genau das liege ihr heute. Diese zwischenmenschliche Komponente, das Reden mit den Handwerkern, mit den unterschiedlichsten Ämtern und den Bauherren. „Es liegt mir einfach, nach einem gemeinsamen Konsens zu schauen“, sagt sie.

Praktische Erfahrung sammelte sie im Büro Blome bei Projekten, bei denen sie bereits vor der Übernahme die Bauleitung übernahm: Umbau Barbaraheim, Außenanlage des Technischen Rathauses, Umbau und Erweiterung Parkhotel oder auch die Restaurierung am Schloss Strünkede, sind nur einige der Projekte. Ihren ersten Vertrag als selbstständige Architektin unterschrieb sie im Februar 2020 für die Sanierung der Flottmannhallen. Die Ausführung verzögerte sich Corona-geschuldet allerdings immer wieder und so sah man erst im Sommer 2022 erste Handwerker auf dem Flottmann-Dach.

„Ich stand schon auf der Chinesischen Mauer“

Architektin Sabrina Gronotte auf dem Flottmann Dach.

Um ihren Horizont zu erweitern, nicht nur im architektonischen Sinne, reiste Gronotte schon zu Studienzeiten um die Welt. In über 25 Ländern hat sie an Exkursionen und Workshops teilgenommen und „habe mir dabei auch immer die Architektur vor Ort angeschaut. Ich stand schon auf der Chinesischen Mauer und vor dem Taj Mahal.“

Engagierte sich der bisherige Büro-Chef Jens Blome eher für den Erhalt von Altbeständen, so will die neue Chefin die Neubauten als weitere Komponente ins Büro holen. Erste Kontakte hat sie schon geknüpft und Planungen dazu sind schon weit gediehen.

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Allerdings liegt sie privat doch eher auf der Linie von Jens Blome. Fragt man sie, wie ihr eigenes Haus aussähe, müsste sie sich nicht an bestimmte Vorgaben und Regeln halten, kommt ihre Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Mein Haus ist schon gebaut – es müsste mehrere 100 Jahre alt sein.“

Architektin Sabrina Gronotte hat das Architekturbüro von Jens Blome übernommen.
| Autor: Carola Quickels