
Der 13. Fall ist sein letzter mit Franziska Weisz
Wotan Wilke Möhring in „Was bleibt“
Geld gegen Pass: Als ein gewisser Enzo Malotti im Hinterzimmer eines Lokals ein Bündel Scheine übergibt, wird der Gastraum von der Polizei gestürmt. Der junge Mann kann gerade noch entkommen und bittet Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) telefonisch um Hilfe. Der feiert gerade in einer Kiezkneipe auf St. Pauli sein 25-jähriges Dienstjubiläum – und wird von seiner Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz), die als Sängerin der Polizei-Band „Hände hoch!“ einen umjubelten Auftritt hat, gefeiert als „der beste Polizist, den ich kenne“.
Was der Jubilar, „der für jeden von uns seine eklige Milch stehen lassen würde“, nicht ahnt: die ihn solchermaßen auszeichnende Julia geht als Abteilungsleiterin Wirtschaftskriminalität zum Bundeskriminalamt nach Wiesbaden. Und traut sich nicht, ihm ihre Entscheidung mitzuteilen. Falke kann mit dem Namen Enzo Malotti nichts anfangen, trifft sich dennoch mit ihm in einem Skaterpark: Der Kommissar habe ihn vor zwanzig Jahren im Stich gelassen und nun wolle er sein Leben zurück. Der weiß nicht, wovon die Rede ist. und kehrt zurück zur Feier.
Falke erinnert sich
Falke erinnert sich erst, als der junge Mann anderntags als Leiche aus einem Hafenbecken gefischt wird: Denis Demirović (Malik Blumenthal) ist sein richtiger Name. Als Zweijähriger ist er mit seinen Eltern aus Bosnien nach Hamburg gekommen. Wo er Falke sechs Jahre später als ehrenamtlichen Boxtrainer für Flüchtlingskinder in einem Billstedter Jugendheim kennenlernte. 2002 hat es einen wahrscheinlich rechtsextremistisch motivierten Brandanschlag auf das Heim gegeben: Obwohl nicht mit den Ermittlungen betraut, versprach Falke, die Täter zu ermitteln.

Danach hat Falke den Jungen, der zumindest einen der Täter gesehen hat, aus den Augen verloren: Seine Eltern mussten nach Bosnien zurückkehren. Wer hat ein Interesse am Tod eines unter falscher Identität in Hamburg lebenden Mannes? Bald stellt sich heraus, dass Denis Demirović wegen schwerer Straftaten in Bosnien mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Und das mit Alan Demirović ein älterer Bruder existiert.
Falkes getrübtes Jubiläum
Die erste Spur führt zum Architekten Björn Timmig (Gerhard Garbers), der den gleich nach dem Billstedter Anschlag von seiner Gattin Katharina (Leslie Malton) gegründeten Hilfsverein unterstützt. Und eine weitere zu beider Sohn Oliver Timmig (Hanno Kofler), der in Wenksdorf als Schreiner in der Tischlerei von Martin Zachalka (Mathis Reinhardt) arbeitet. Dessen Gattin Jasmina (Jamina Elkin), eine gebürtige Armenierin, führt in dem beschaulichen Ort ein Brautmoden-Geschäft, unterstützt von ihrer Freundin und unmittelbaren Nachbarin, der Tischlergattin Silke Zachalka (Henrike Fehrs)…
25 Jahre ist Thorsten Falke jetzt bei der Polizei. Eine halbe Ewigkeit. Was macht ihn eigentlich aus? Julia Grosz, die ihm eröffnet, zum Bundeskriminalamt nach Wiesbaden wechseln zu wollen, nennt ihn den besten Bullen, den sie kennt. Nett, aber wahr? Ein bisschen ist er in seiner Jugend hängen geblieben, hört die Musik, die er schon vor einem Vierteljahrhundert gehört hat, und trägt unter der Lederjacke T-Shirts mit den Bandnamen. Und er trinkt Milch. Fast wie ein Kind.
Er will immer helfen
Aber was immer gleichgeblieben ist und auch nicht altert: Falke will helfen. Ist das typisch für einen guten Bullen? So würde er das nie sagen. Wenn er sich doch nur erinnern könnte. Erst eine Stimme, dann ein Gesicht aus der Vergangenheit. Der Mann weiß Einzelheiten, aber Falke tappt im Dunkeln. Wer ist der Mann, der ihn von seiner Jubiläumsfeier weglockt, ihn anschreit, Hilfe fordert und kurze Zeit später tot ist? Enzo Malotti? Denis Demirović? Alte Fotos aus der Zeit, als der idealistische junge Polizeibeamte Thorsten Falke in seiner Freizeit ehrenamtlich in einem Billstedter Jugendtreff für Sicherheit sorgen wollte, führen ihn aus dem Nebel. Es gab damals einen Brandanschlag, einen Toten, einen Täter, einen Zeugen. Das Einzige, was Falke damals nicht gelungen ist: zu helfen.
„Was würdest Du an meiner Stelle tun?“ Das ist eine harte Frage für einen, der es gewohnt ist, selbst die Fragen zu stellen. Was würde denn Falke an Stelle von Oliver Timmig tun, der gerade mit seiner gesamten Existenz ringt? Und was würde er tun, wenn er Julia Grosz wäre, für die ihr 13. gemeinsamer Fall mit Falke ihr letzter ist? Die Karriereleiter hinaufsteigen oder bei ihm, bei Thorsten Falke bleiben, seine Launen aushalten und nur zwischen den Zeilen und nur ab und zu erahnen, wie sehr sie ihm ans Herz gewachsen ist? Ans Herz, das ihm nun wahrlich nicht auf der Zunge liegt. Schließlich weiß Falke ja oft nicht einmal, was er an seiner eigenen Stelle tun würde…
Migration, Integration, Identität
Wotan Wilke Möhring gibt aus der Sicht seiner Rolle im ARD-Presseheft diese Antwort: „Natürlich entsteht da jetzt eine Lücke, die gefüllt werden muss. Das nagt an ihm. Doch es hat ja schon einmal funktioniert, eine neue Partnerin zu finden, warum nicht ein zweites Mal? Zu Falkes 25. Dienstjubiläum gibt Julia ein Konzert in einer Kneipe auf dem Kiez und singt Lieder, die auf ihn zugeschnitten sind. Es ist eine nonverbale Abschieds- und Liebeserklärung an ihren langjährigen Kollegen. Wenn Falke in einer späteren Szene zu ihr sagt, ‚ich werde dich vermissen‘, dann ist es schon ein riesiger Schritt über seinen Schatten.“
„Was bleibt“ ist ein sehr subtiler, bis zur letzten von knapp neunzig Minuten spannender „Tatort“-Krimi über Migration, Integration und Identität. Mit Florian Tessloffs düster grundierten, von der NDR-Radiophilharmonie eingespielten Originalmusik.
Gedreht vom 20. September bis 20. Oktober 2022 in Hamburg und Umgebung (Glinde), Kiel (Hohwachter Bucht), Heiligenhafen und Seevetal-Ramelsloh ist der letzte Hamburger „Tatort“ mit Franziska Weisz, die 2015 als Nachfolgerin von Petra Schmidt-Schaller an der Seite des „Straßenbullen“ Möhring startete, am 1. Januar 2024 in der ARD erstausgestrahlt worden. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) strahlt „Was bleibt“ am Sonntag, 13. Juli 2025, zur Prime-Time um 20.15 Uhr im Dritten Programm erneut aus.
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- Sonntag, 13. Juli 2025, um 20:15 Uhr