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Maria Schrader (Martha) und Devid Striesow (George).

Tolle Schauspieler bei den Ruhrfestspielen

„Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“

After-Party-Party mit gleich zwei reichlich bestückten Barwagen im von Papier-Lampions gesäumten Garten (1960er Jahre-Ausstattung: Thomas Dreissigacker und Maria Roers) von George (Devid Striesow), einem 46-jährigen Geschichtsprofessor in einem College an der amerikanischen Ostküste, und seiner um ein halbes Dutzend Jahre älteren Gattin Martha (ein Ereignis: Maria Schrader). Beide kehren von einem Empfang zurück, den der Rektor, ihr Vater, gegeben hat. Trotz der mitternächtlichen Stunde muss George sich damit abfinden, dass Martha noch Gäste eingeladen hat, die ebenfalls auf der College-Party waren: Nick (Matti Krause), ein junger Biologe, der gerade seine neue Stelle an der Universität angetreten hat, und Honey (hier in Süße eingedeutscht: Josefine Israel), seine Ehefrau. Das Deutsche Schauspielhaus Hamburg gastiert mit Virginia Woolf am Freitag und Samstag, 24. und 25. Mai 2019, jeweils um 20 Uhr im Großen Haus der Ruhrfestspiele in Recklinghausen.

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Maria Schrader, Josefine Israel, Matti Krause, Devid Striesow.

In Edward Albees dreiaktigem Kammerspiel Who's Afraid of Virginia Woolf?, mit dem er 1962 in New York den Durchbruch als Dramatiker schaffte, entwickelt sich nun die Urmutter aller Zimmerschlachten. Der gebeutelte Hausherr lautet der Titel des ersten Gesellschaftsspiels zwischen zunehmend alkoholisierten Gastgebern und Gästen: Dem hier in Hamburg von der regieführenden Intendantin des Deutschen Schauspielhauses, Karin Beier, bereits temporeich und bisweilen bis zur Albernheit furios inszenierten vorsichtigen Abtasten der beiden so ungleichen Paare folgt im zweiten, Die Gästefalle (Walpurgisnacht) betitelten Akt ein mörderischer Fight zwischen den vier Protagonisten in ständig wechselnden Konstellationen. Richtig gemein aber wird’s erst im finalen dritten Spiel, Wie sag ich's meinem Kinde (Austreibung) betiteltet, in dem der gebeutelte Hausherr den Spieß umdreht – ganz zum diabolischen Vergnügen Marthas.

Mit diesem hochkarätig besetzten Klassiker der Moderne füllt Karin Beier das größte deutsche Sprechtheater regelmäßig bis auf den letzten Platz – was seinerzeit selbst einem von Bochum in die Hansestadt gewechselten Peter Zadek nicht gelungen war. Das fabelhafte Schauspieler-Quartett wird beim zweitägigen Gastspiel auf Recklinghausens Grünem Hügel auch das Ruhrfestspielhaus rocken mit sehr körperlich-exzessivem Spiel in einer kompakten, nur zweistündigen Inszenierung. Die auch deshalb so großen Spaß macht, weil sie Georges am Ende gestellte Frage auf die leichte, aber nicht zu leichte Schulter nimmt: „Wirklichkeit und Illusion – wie kann man das auseinanderhalten?“

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Der Titel Who's Afraid of Virginia Woolf? bezieht sich übrigens nicht unmittelbar auf die englische Schriftstellerin, sondern auf einen intellektuellen Witz an der Wand einer New Yorker Studentenbar, den Albee in den 1950er Jahren entdeckte: Who’s Afraid of the Big Bad Wolf? singen die drei kleinen Schweinchen in Walt Disneys Märchenadaption Three Little Pigs aus den 1930er Jahren. Albee hat die Frage nach der Angst vor Virginia Woolf so übersetzt: „Wer hat Angst, sein Leben ohne Illusionen zu leben?“

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  • Freitag, 24. Mai 2019, um 20 Uhr
  • Samstag, 25. Mai 2019, um 20 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann