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Dietrich Bonhoeffer (Jonas Dassler) kann mit seiner Zwillingsschwester Sabine (Luise Höfer) über Gott und die Welt reden.

Pastor Bonhoeffer als Spion und Attentäter

Todd Komarnicki in Dortmund

Update, Donnerstag (20.3.2025)

Weiterhin zu sehen im Cinestar Dortmund, im Cinemaxx Essen und im Cinemaxx Mülheim/Ruhr.

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Der Kino-Text

Der deutsche Theologe Dietrich Bonhoeffer ein Spion, gar ein Attentäter? Am Donnerstag, 13. März 2025, startet bei uns ein umstrittenes Biopic des US-amerikanischen Drehbuchautors, Regisseurs und Koproduzenten Todd Komarnicki in den Multiplexen des Reviers. Persönlich ist der 1965 in Philadelphia geborene Romancier, Film- und Theatermacher zum Kinostart um 20 Uhr im Cinestar Dortmund zu erleben.

Bruder Walter fällt im Krieg

Berlin,1914. Der Psychiater und Neurologe Karl Bonhoeffer (Moritz Bleibtreu) ist mit Gattin Paula (Nadine Heidenreich) und vielköpfiger Familie gerade von Breslau in die Hauptstadt gezogen, da er zum Direktor der Klinik für Nervenkrankheiten an die Charité ernannt und zum Professor der Friedrich-Wilhelms-Universität berufen wurde. Der vorlaute und wilde Dietrich (Phileas Heyblom) neckt am liebsten seinen älteren Bruder Walter (Patrick Mölleken), der kurz nach seiner Einberufung in den Schlachten des Ersten Weltkriegs fällt. Selbst seine über alles geliebte Zwillingsschwester Sabine (Luise Landau) kann Dietrich nicht über diesen Verlust hinwegtrösten. Walters mit persönlichen Anmerkungen versehene Bibel hütet er künftig wie einen Schatz.

Dietrichs Culture Clash in New York

New York, 1930. Nachdem Dietrich Bonhoeffer (nun Jonas Dassler) in Tübingen, Rom und Berlin Theologie studiert und als 21-Jähriger mit summa cum laude promoviert hat, geht er als Stipendiat zu Prof. Foslick (John Keogh) nach New York. Sein aus Alabama stammender Kommilitone Frank Fisher (David Jonsson) führt ihn nicht nur in die Jazzkeller Harlems, sondern auch in die der Social-Gospel-Bewegung zugehörige Abessinische Baptistenkirche von Reverend Powell (Clarke Peters): für das deutsche Großbürgerkind ein zweifacher Kulturschock.

Zusammen mit Pastor Martin Niemöller (August Diehl) gehört Dietrich Bonhoeffer (Jonas Dassler, r.) der Bekennenden Kirche an.

Als Dietrich nach Berlin zurückkehrt, ist Adolf Hitler Reichspräsident: Während Vater Karl die aufkommende Gefahr sieht, glaubt Mutter Paula weiterhin an das Gute im Menschen. Nur mit seiner Zwillingsschwester Sabine (nun Luisa Höfer) kann er sich austauschen und eine Gospel- statt einer Heinrich Schütz-LP auflegen. Inzwischen hat sich die evangelische Kirche gespalten: in die Hitler-Anhänger der „Deutschen Christen“ und die bald in den Untergrund gezwungene „Bekennende Kirche“ um Martin Niemöller (August Diehl). Als Dietrich im Dom eine Predigt gegen die Nationalsozialisten hält und die sog. Judenfrage stellt, Regisseur Todd Komarnicki baut dazu dokumentarische Bilder aus Hitlers Sportpalast-Masseninszenierung ein, nimmt ihn sein Freund Niemöller aus der Schusslinie.

Vergebliche Konsultationen

Dietrich, der zwei Jahre eine Pfarrerstelle in London bekleidet hatte, was im Film mit dem Originaltitel „Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assasin“ (Pastor, Spion, Attentäter) fälschlicherweise als Spionagetätigkeit im südenglischen Sussex dargestellt wird, geht 1935 als Leiter eines Predigerseminars ins pommersche Finkenwalde. Von dort aus übernimmt Dietrich Reisen nach England und die USA, wo er u.a. bei Bischof George Bell (Vincent Franklin) vergeblich versucht, eine kirchliche Koalition gegen Hitler zu schmieden. Über seinen Schwager Hans von Dohnanyi (Flula Borg) steht er in Kontakt zur „Abwehr“ der Wehrmacht und insbesondere zu Rolf-Christoph von Gersdorf (Felix von Bredow), der ein Attentat auf Hitler (Marc Bessant) plant. Als dieses scheitert, wird Dietrich Bonhoeffer 1943 zusammen mit seinem Schwager verhaftet, in die Berliner Gestapo-Zentrale gebracht und zwei Jahre später, als der Zweite Weltkrieg bereits verloren ist, ins Konzentrationslager Buchenwald überführt.

Das Ende in Bayern

Bayern 1945. Dietrich sitzt in einem Bus mit einer Handvoll Mitgefangener, die ins KZ Flossenbürg verlegt werden (im Film Schönberg genannt). Anfang April ist eigentlich der Krieg bereits zu Ende, der – fiktive – Wehrmachtsoffizier Ansel Knoblauch (Greg Kolpakchi) will Dietrich im letzten Moment vor dem Galgen retten. Doch der geht nach einem letzten Abendmahl bewusst mit seinen Mitgefangenen in den Tod - wie der reale polnische Kinderarzt Janusz Korczak mit seinen Schützlingen Anfang August 1942 im Vernichtungslager Treblinka…

Im Vorspann zum irisch-belgischen biografischen Filmdrama „Bonhoeffer“, prominent besetzt auch mit einer Reihe deutscher Schauspieler, bedankt sich der Drehbuchautor, Regisseur und Koproduzent Todd Komarnicki beim Publikum, dass es sich den folgenden 133-minütigen Film ansehen will. Das ist ungewöhnlich, hat aber einen konkreten Grund: Schon weit vor dem Kinostart am 22. November 2024 in Kanada und den USA wurde der Film mit dem rechtsnationalen Bonhoeffer-Biographen Eric Metaxas in Verbindung gebracht und von Trumpisten im US-Wahlkampf instrumentalisiert.

Notwendiges Statement

Auch internationale Experten und Nachfahren Dietrich Bonhoeffers kritisierten gravierende historische Fehler in der Darstellung der Biographie und der zeitgeschichtlichen Einordnung in die NS-Zeit. Das kann ich als Laie nicht beurteilen, finde aber, dass Todd Kormanicki ein sehr amerikanisch-melodramatisches, unterm Strich aber ein erfreuliches, in diesen unseren Zeiten notwendiges starkes Statement gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus gesetzt hat.

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Der 1965 in Philadelphia geborene US-amerikanische Dramatiker („Beautiful Boy“), Romanautor („War“), Drehbuchautor („Buddy – Der Weihnachtsfilm“), Regisseur und Produzent ist zur Deutschen Erstaufführung am 10. März 2025 in Berlin nach Deutschland gekommen und begleitet auch den Kinostart am Donnerstag, 13. März 2025. An diesem Tag ist er um 20 Uhr im Cinestar Dortmund zu Gast. Der Film läuft darüber hinaus u.a. in der UCI Kinowelt Bochum und im Cinemaxx Essen.

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  • Donnerstag, 13. März 2025, um 20 Uhr
Mittwoch, 12. März 2025 | Autor: Pitt Herrmann