
Kindergartenstück am WLT
Theodor Storms „Der kleine Häwelmann“
„Ich lebe auf dem Mond. Hier ist es ruhig, ein bisschen kühl, aber wunderschön“ sagt Lumo, der Mondmensch, dessen Zuhause aus silbrigem Gestein besteht und im Garten lauter Sterne funkeln. Er kann sehen, was auf der Erde passiert, wo das kleine Häwelmenschlein nicht genug kriegen kann und „mehr, mehr, mehr!“ ruft. Als die Mutter eingeschlafen ist, will es die Welt erkunden: „Ich will reisen – und bis in den Himmel fahren.“ Schon ist aus dem Bettlaken ein Segel geworden und los geht’s auf dem Lichtstrahl des Mondes, der durch das Schlüsselloch des Kinderzimmers scheint, hinaus.
Zur Verwunderung des Wetterhahns auf der Kirchturmspitze fliegt das Häwelmenschlein über die Dächer der nun stillen Stadt hinein in den vergleichsweise lauten, da im Schlaf schnarchenden Wald. Wo es von einer kleinen, auf dem Ast einer Eiche liegenden Katze mit funkelnden Augen beobachtet wird: „Ich illuminiere.“ Nichts wie weg im Segel-Bett hinauf in den Himmel zwischen die Sterne. Doch das Häwelmenschlein will immer noch mehr, was die Gestirne am Himmel so verärgert, dass sie die Augen schließen und es stockfinster wird. Doch ganz in der Ferne kündigt sich das warme Leuchten der Sonne an…
Fünf kuschelige Bettenburgen
Die nach ihrer Ausbildung in Mainz und einem Festengagement im Theater Dortmund freischaffende Kölner Film- und Theaterschauspielerin Talisa Lara Schmid hat Theodor Storms 1849 für seinen Sohn Hans geschriebenes und im Jahr darauf publiziertes Märchen für die Bühne adaptiert, inszeniert und liebevoll ausgestattet als abenteuerliche, aber gänzlich gruselfreie Nachtfahrt in eine zauberhafte Welt voller Magie. „Als Kind habe ich mir sehr gerne Bettenburgen gebaut und mir mit meinen Kuscheltieren Geschichten ausgedacht“, so die gebürtige Pforzheimerin des Jahrgangs 1990: „Davon ausgehend hat sich die Idee des Bühnenbildes etabliert.“

In ihrem wundervoll poetischen Regiedebüt am Westfälischen Landestheater (WLT) erzählt Talisa Lara Schmidt die fantastische Geschichte um die bei allen Menschen egal welchen Alters bestehende Sehnsucht nach Freiheit, um die Kraft der Fantasie und den Mut, seine Träume zu verwirklichen, in fünf Szenen. Die in fünf kreisrund in der Mitte der Aufführungsstätte angeordneten Betten aus Kissen und Stofftieren, Sternen, Himmelswölkchen spielen und einer bunten Stadtlandschaft, welche für die unterschiedlichen Lebenswelten stehen.
Großes Einfühlungsvermögen
„Beim Mondmenschen war mir wichtig, dass es eine Figur ist, die die Kinder einlädt und abholt“, so Regisseurin Schmid. Was bei der Premiere in einem Henrichenburger Kindergarten nach anfänglichen Irritationen auch gelang beim immer ‘mal wieder tröstungsbedürftigen Publikum ab drei Jahren. Was auch und gerade das Verdienst des sehr spontan-bühnenpräsenten, erstmals am WLT gastierenden Mare Kraus ist, der ein großes Einfühlungsvermögen für das ganz junge Publikum offenbart.
Die 1992 in Karlsruhe geborene und nach einer klassischen Ballett- und Schauspielausbildung in Köln lebende Künstlerin versteht sich als non-binärer Mensch und möchte als Mann angesprochen werden. Mare Kraus verkörpert die Rolle des Mondmenschen Lumo, schlüpft aber zwischendurch immer wieder auch in andere Rollen wie die der Mutter und sogar die eines Wetterhahns. Und führt die in der woken Storm-Adaption vom kleinen Häwelmann zum Häwelmenschlein mutierte Titelfigur in Form einer Klappmaulpuppe durch das gut dreißigminütige Abenteuer.
Die nächste Familienvorstellung des Kindergartenstücks findet am Sonntag, 4. Mai 2025, um 15 Uhr im WLT-Studio am Europaplatz in Castrop-Rauxel statt, Karten unter Tel 02325 – 978024. Kindergärten und Tagesstätten, die Interesse daran haben, die nach wie vor „Der kleine Häwelmann“ genannten Produktion zu buchen, wenden sich bitte an Jutta Dahlhausen von der Theaterpädagogik des Westfälischen Landestheaters unter: theaterpaedagogik@westfaelisches-landestheater.de