halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Die Gasabschläge sorgen in vielen Haushalten für Sorgen.

Zu Belastungen durch die Energiekrise für ärmere Menschen

'Staatliche Hilfe muss Bedürftige erreichen'

Die rasanten Preissteigerungen insbesondere bei Gas und Strom sorgen in vielen Haushalten für Ängste. Besonders bei Menschen, die sowieso schon wenig haben, sorgen diese Energiepreissteigerungen verbunden mit erhöhten Abschlagszahlungen für eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Dagmar Spangenberg-Mades, die das Arbeitslosenberatungs- und Begegnungszentrum Zeppelin leitet, sieht tagtäglich, welche Auswirkungen die erhöhten Preise für Menschen mit niedrigem Einkommen und Sozialleistungsbezieher haben. Sie kritisiert die staatlichen Hilfen als nicht zielführend genug.

Dagmar Spangenberg-Mades, Leiterin des Zeppelin-Zentrums.

„Es ist ein Gießkannen-Prinzip. Es werden nun Hilfeleistungen ausgeschüttet, die auch Menschen erreichen, die gar keine Unterstützung vom Staat benötigen. Staatliche Hilfe muss diejenigen erreichen, die ihrer bedürfen. Es ist wichtig, zielgerichtet Bedürftige zu unterstützen“, sagt Spangenberg-Mades beim Pressegespräch in den Räumen des Kreiskirchenamtes am Dienstag (27.9.2022).

Erhöhung der Regelleistungen

So sei eine deutliche Erhöhung des künftigen Bürgergeldes von 502 Euro auf mindestens 650 Euro wichtig, um die Menschen zu entlasten. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband fordere sogar eine Erhöhung auf 678 Euro.

Ebenso ärgert sich Dagmar Spangenberg-Mades über die Diffamierung von Sozialleistungsbeziehern. „Oftmals wird ihnen von Teilen der Medien oder Politik mangelnde Motivation vorgeworfen und dies soll Sanktionen legitimieren. Dabei demotiviert, bremst und bedrückt das bestehende Hartz-IV-System und macht Betroffene krank", so die Leiterin des Zeppelin-Zentrums.

Weiter führt sie aus: „Auch Menschen mit niedrigem Einkommen, die bisher keine Sozialleistungen empfangen haben, müssen entlastet werden. Wir sehen, dass sich die Abschläge bei Gas-und Strom nahezu verdoppeln."

'Kredite zur Begleichung ihrer Strom-beziehungsweise Gaskosten'

Dass dies die Menschen enorm belastet, das sieht Horst-Hermann Bastert, Gemeindepfarrer der Petruskirchengemeinde, ebenfalls: „Der Druck bei den Menschen ist enorm. Er wirkt sich auch auf ihre Psyche aus. Ich habe Fälle in meiner Gemeinde, da haben beispielsweise alleinerziehende Mütter am Ende des Monats kein Geld mehr für Lebensmittel übrig oder können die Reparatur ihrer Waschmaschine nicht mehr bezahlen. Hier helfen wir dann mit der Nothilfe weiter."

Andrea Leyk von der Schuldnerberatung.

Andrea Leyk von der Schuldnerberatung befürchtet sogar, dass im nächsten Jahr Menschen auf die Schuldnerberatung zukommen werden, die Kredite zur Begleichung ihrer Strom-beziehungsweise Gaskosten aufgenommen haben. „Von einer Kreditaufnahme raten wir aber vehement ab", so Leyk.

Franz-Josef Strzalka vom Arbeitslosenzentrum Herne fürchtetet wie seine Mitstreiter, dass die steigenden Energiepreise zu einer vermehrten Armut in der Bevölkerung führen werden: „Wir werden nicht aufhören, darauf hinzuweisen, dass viele Menschen in Not sind."

Ansprüche auf Sozialleistungen

Franz-Josef Strzalka, Leiter des Arbeitslosenzentrums Herne.

Zwar würden Unterstützungen durch Mittel von Kirche oder dem Hilfsfonds Herne solidarisch helfen, dennoch sei es wichtig, Menschen darüber zu informieren, dass sich durch höhere Abschläge und Nachforderung Ansprüche auf Sozialleistungen ergeben könnten.

Ferner müssten die Grundsicherungssysteme bei Nachforderungen von Heizkosten und bei einer Erhöhung der Pauschalen auf Grund der Preisentwicklung diese als Teil der Kosten der Unterkunft übernehmen.

Bei der Erhöhung der Pauschale aufgrund von Preisentwicklung und Nachforderungen bei der Haushaltsenergie sehe die Situation nicht so eindeutig aus. Aber sowohl bei Hartz IV als auch bei der Sozialhilfe und im Asylbewerbergesetz gebe es entsprechende Härtefallparagrafen, die Beihilfe oder Darlehen ermöglichen würden.

Jedoch betreffen diese Mehrbelastungen ebenso Geringverdiener. „Auch Nichtleistungsbezieher können beispielsweise aufgrund von Gasnachzahlungen einmalig Ansprüche nach SGB II/X II haben, hierbei ist aber wichtig zu beachten, dass Leistungen im Monat der Fälligkeit beantragt werden", so Strzalka.

Kein Geld am Ende des Monats..

Ferner sprechen sich alle Teilnehmenden für ein gesetzliches Verbot von Strom-und Gassperrungen aus. „Man sollte die individuellen Umstände berücksichtigen, die zu Zahlungsausfällen führen. Man muss sich vorstellen, was das mit den Menschen macht, wenn sie ohne Strom und Gas im Dunkeln sitzen und frieren müssen", sagt Dagmar Spangenberg-Mades.

Anzeige: DRK 2024 - Job - PDL

Um dieses sehr komplexe Thema den Menschen in Herne näher zu bringen, werden die Verantwortlichen des Arbeitslosen- und Zeppelinzentrums im Oktober in Wanne-Eickel einen Aktionstag anbieten. Hier können sich Betroffene und Interessierte darüber informieren, welche rechtlichen und unterstützenden Möglichkeiten sie aufgrund der explodierenden Energie-und Lebenshaltungskosten erhalten können.

| Autor: Julia Blesgen