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Nina Holtvoeth (Mitte vorn) als Robin Hood und ihre „Bande“ (v.l.): Nele Reins, Sophie Charlotte Dittmer, Jamila Boukhers, David Kiefer und Alexander Maria Wolff.

Gastspiel am 4. November im KuZ

Robin Hood ist eine toughe junge Frau

Es ist wieder Zeit, für Gerechtigkeit zu sorgen – heute wie in alten Zeiten, als dieser Robin Hood aus dem Sherwood Forest mit seiner Bande dafür kämpfte. Weshalb gleich mehrere Theater unserer Region die immer wieder neu erzählte mittelalterliche Geschichte auf den Spielplan setzen.

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Das Schauspielhaus Bochum spielt die Version des US-Amerikaners Richard Gremel („Robin Hood and His Merry Men“), in welcher der Titelheld wie gewohnt männlich ist und an der „Kö“ von Victor Ijdens verkörpert wird, in seiner Bande aber auch tapfere Frauen mitmischen, Premiere ist am 22. November 2025 im Großen Haus. Das Westfälische Landestheater Castrop-Rauxel dagegen spielt die Fassung von David Bösch – mit einem weiblichen Robin Hood. Zu sehen am 4. November 2025 im Kulturzentrum Herne.

Vielfraß John ist auch eine Frau

Während die Bevölkerung Englands hungert, thront Vielfraß Prinz John (Sophie Charlotte Dittmer) auf einem Berg aus Reichtümern, der sich in Rabea Stadthaus‘ waldgrüner Ausstattung am Westfälischen Landestheater Castrop-Rauxel wie der Hinkelstein aus der beliebten „Asterix & Obelix“-Reihe ausnimmt. Für ihn und seine beiden Handlanger – der schwarze Ritter Guy von Gisborn (hier im roten Kostüm: David Kiefer) und der Sheriff von Nottingham (Jamila Boukhers) – fühlt sich jeder Tag wie ein Kindergeburtstag an. Nur ist außer den drei Fieslingen selbst niemand eingeladen. Im Gegenteil: Sie schikanieren die Menschen, treiben Steuern ein und bereichern sich auch noch an deren letztem Hab und Gut.

Toughe Bandenchefin

„Little John“ (Alexander Maria Wolff) kümmert sich um die Adlige Marian (Nele Reins), die beim Kampf mit dem Schwarzen Ritter verletzt wird.

Diesem unmoralischen Treiben will Robin von Locksley (auch als Erzählerin: Nina Holtvoeth), ein mutiges Mädchen, nicht länger tatenlos zusehen. Richtig gelesen: Unter der berühmtesten Kapuze aller Räubergeschichten steckt bei David Bösch, der das auf spätmittelalterliche englische Balladen fußende Heldenepos eines so exzellenten wie menschenfreundlichen Bogenschützen fürs heutige Publikum ab sechs Jahren adaptiert und bei der Uraufführung am 20. November 2022 am Schauspielhaus Düsseldorf auch selbst inszeniert hat, eine toughe Bandenchefin. Die im vom (Bühnen-) Nebel eingehüllten Sherwood Forest eine Handvoll entschlossener Mitstreiter um sich schart unter dem leicht aktualisierten Schlachtruf „Einer für alle – und Alle für alle“.

Monarchie ein Auslaufmodell

„Monarchie ist eh‘ ein Auslaufmodell“: Obwohl Robin zu Beginn einen Brief von Prinz Löwenherz verliest, geht es nur am Rande um den Sturz des amtierenden Königs Prinz John, um den rechtmäßigen Erben auf den Thron zu hieven. Weshalb Löwenherz‘ Bruder Prinz John hier „Little John“ heißt, Vegetarier ist und von Alexander Maria Wolff als Fantasy-Figur verkörpert wird. Vielmehr geht es dem Schauspieler Christian Zell bei seinem Regiedebüt, das am 26. Oktober 2025 im WLT-Studio in Castrop-Rauxel Premiere feierte, um soziale Gerechtigkeit als Grundlage für dauerhaften Frieden: „Es ist natürlich evident, dass es einen Rechtsruck gibt in der Welt und explizit auch in Deutschland. Und es gibt eine unglaubliche Ungerechtigkeit bei der Verteilung von Kapital“, so Christian Zell: „Wir haben hier ein Stück, in dem wir uns mit der Umverteilung auseinandersetzen. Bei uns ist Robin eine junge Frau, die verstanden hat, dass es so nicht weitergeht und wir etwas ändern müssen.“

Kindgerechte Verfremdungen

Am WLT ist binnen gut einer Stunde eine abgespeckte Version der Bösch-Überschreibung zu sehen, noch zu nennen Nele Reins als Adlige Marian, die sich Robin Hoods Bande anschließt. Die durchaus auch (selbst-) ironische WLT-Inszenierung setzt, mit einigen Songs Tankred Schleinschocks durchzogen, auf lustige Einfälle (Brieftauben-Szene) und kindgerechte Verfremdungen: Pfeile werden nicht wirklich abgeschossen, sondern von den als Darstellern ausgewiesenen Personen vom Schützen zum Opfer transportiert. Dennoch überfordern manche Gewalt- und Traumszenen meinem Premieren-Eindruck nach das ganz junge Publikum allein schon von der Lautstärke her.

Robin Hood stellt die Systemfrage

Die Moral von der Geschicht‘, dass Rache kein guter Ratgeber ist, können alle nachvollziehen. Die appellative Erkenntnis Robin Hoods aus der Tatsache, dass sie noch so viel klauen kann, die Armen aber stets arm bleiben, ist an die erwachsenen Begleiter der jungen Theaterbesucher gerichtet: „Und dann lernt sie in einem sehr schönen Moment, dass sie das System ändern muss“, so Christian Zell.

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Gastspiel im Herner Kulturzentrum

Die erste WLT-Premiere der Spielzeit 2025/26 im Kinder- und Jugendtheater ist nicht nur das Regiedebüt des Schauspielers Christian Zell, sondern es stellen sich mit Jamila Boukhers, Nele Reins und Sophie Charlotte Dittmer drei neue Ensemblemitglieder des Westfälischen Landestheaters vor. Und das am Dienstag, 4. November 2025, um 16 Uhr im Kulturzentrum Herne.

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Dienstag, 4. November 2025, um 16 Uhr Kulturzentrum Herne, Willi-Pohlmann-Platz 1, 44623 Herne
Mittwoch, 29. Oktober 2025 | Autor: Pitt Herrmann