halloherne.de lokal, aktuell, online.

Mobbing-Klage nach 36 Jahren bei Aldi

Herten / Herne. Seit 36 Jahren ist sie bei Aldi beschäftigt, die letzten fünf Jahre davon als Lagerarbeiterin mit Kontrollfunktion. Bis 2012 sei sie in all den Jahren gerade mal zweimal arbeitsunfähig krank gewesen, schilderte ihr Lebensgefährte jetzt im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Herne.

Anzeige: Job Speeddating auf Crange 2025

Dort klagt Mitarbeiterin D. mit Rechtsanwältin Winkelmann auf "umfangreichen Schadenersatz wegen fortgesetzten Mobbings" nach der Rückkehr aus einer längeren Arbeitsunfähigkeit im Sommer und im Herbst 2012. Nach der Rückkehr mit einem Wiedereingliederungs-Schein, der die Wiederaufnahme der Arbeit zunächst auf zwei Stunden täglich beschränkte, habe sie ein Vorgesetzter angeschrien und in der Folge mit einem zweiten Vorgesetzten mit "Aufträgen gemobbt", die vom Einsatz im Kühlhaus bis zum Toilettenreinigen reichten. Die Wiedereingliederung sei gescheitert und die Mitarbeiterin ans Arbeitsamt verwiesen worden, das ihr bis Ende Juli dieses Jahres Arbeitslosengeld I zahlte.

Seine Freundin sei schon deshalb nicht selbst vor Gericht erschienen, "weil sie den Namen Aldi nicht mehr hören kann, wenn das Telefon klingelt, und Aldi dran sein könnte, schon fast einen Kollaps kriegt und eigentlich nur noch gut da rauskommen möchte."

Das veranlasste Richterin Große-Wilde zu der im Gütetermin üblichen Frage an Aldi-Personalleiter Küpker, ob das Unternehmen "das Verfahren gegen Zahlung eines gewissen Betrages nicht deckeln wolle."

Bei normaler Beendigung des Arbeitsverhältnisses ja - aber ohne Zahlung einer Abfindung, war die Antwort. "Wenn wir hier in diesem Fall was zahlen, machen wir ein Tor auf," so der Personalleiter. Außerdem seien die beiden von der Klägerin des Mobbings bezichtigten Vorgesetzten "aus allen Wolken gefallen, als sie durch die Klage von den Vorwürfen erfuhren," trug Küpker weiter vor. Und der Betriebsrat, der bei Informationen von Arbeitnehmern über solche Dinge auch regelmäßig tätig werde, habe sich ebenfalls bisher nicht gemeldet.

Richterin Große-Wilde konnte bei diesem Stand des Verfahrens der Klägerseite erst einmal nur verdeutlichen, wie hoch die juristische Messlatte für den Nachweis von Mobbing hängt. Das setze "fortgesetztes systematisches Handeln mit immer wieder aufeinanderfolgenden Tatsachen zu Lasten des Betroffenen voraus." Zweitens müsse auch nachgewiesen werden, dass der Arbeitgeber "sich nicht schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer" gestellt habe. Diesen Nachweis muss die Klägerin mit ihrer Anwältin in ihrer Antwort auf die Klageerwiderung von Aldi jetzt führen, bevor es "zum Kammertermin von Amts wegen" kommt.

Bei diesem Termin wird die Frau, die nach Angaben ihres Freundes "in psychiatrischer Behandlung ist und 30 Tabletten am Tag nehmen muss", allerdings nicht umhin können, selbst vor Gericht zu erscheinen. (AZ 3 Ca 1834/14)

Donnerstag, 4. September 2014 | Autor: Helge Kondring