
Hospiz-Pflegesätze: Gerichtspräsident als Schiedsmann
Wenn Heinz-Dieter Klingauf, Präsident des Sozialgerichts Lübeck, in der nächsten Woche aus dem Urlaub kommt, wird ihn sein erster Weg außerhalb seines Gerichts nach Herne führen. Und das nicht zum erstenmal. Wohl aber zum letzten Mal, denn Krankenkassen und Lukas-Hospiz warten auf den Schiedsspruch des Sozialrechtlers im Präsidentenrang zu einem Thema, das dem Herner Hospiz, und mit ihm fünf weiteren Einrichtungen dieser Art im Schiedsverfahren, seit mindestens vier Jahren immer mehr Sorge bereitet: Die chronische Unterfinanzierung, die nur durch eine Anhebung der Pflegesätze durch die Kassen als Kostenträger zu lindern ist.
Auf dem Papier steht die gesetzliche Regelung einer Kostendeckung von 90 Prozent durch die Krankenkassen und weiteren zehn Prozent Eigenanteil der Hospize, die von sogenannten "dritten Gewährleistern" aufgebracht werden müssen. Das sind beispielsweise Spenden an den Förderverein bzw. direkte Spenden an die Lukas-Hospiz gGmbH. So zum Beispiel am letzten Samstag die von Sponsoren garantierten fast 48.000 Euro beim 7. Radeln für das Lukas-Hospiz. Doch das Verhältnis von 90 zu 10 ist längst zu Ungunsten des Hospizes ins Rutschen gekommen, weil die Krankenkassen schon seit Jahren den Tagessatz von 235 Euro pro Hospizgast unverändert gelassen haben, und der daraus resultierende Anteil der Eigenbeteiligung von 23 Euro schon seit sechs Jahren hinten und vorne nicht mehr reicht. Längst belaufen sich die Kosten pro Tag und Gast auf 323 Euro, so dass mit dem aktuellen Tagessatz von 235 Euro der selbst aufzubringende Anteil 88 Euro, also rund 40 Prozent beträgt.
Gisbert Fulland, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Hospizes an der Jean-Vogel-Straße 43, ist sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen der übrigen 28 Hospize in Westfalen-Lippe darin einig, dass die Krankenkassen in ihren Pflegesätzen die nachweislich gestiegenen Personalkosten einfach nicht berücksichtigen und darüber hinaus auch den Flächenbedarf pro Patient geringer ansetzen, als er tatsächlich erforderlich ist und im Hospiz auch so gesehen wird. Das, so Fulland, wirkt sich negativ auf die Anerkennung der sogenannten Investitions-Folgekosten wie Instandhaltung oder Zinsaufwand aus. Schon letztes Jahr schickte das Lukas-Hospiz eine Petition an den Landtag, nachdem das Hospiz wegen der Verhandlungsblockade der Kassen zum Thema erhöhte Pflegesätze die Pflegesätze am 30. Juni 2010 zum 31.12.2010 gekündigt hatte. Die Petition dient dem Ziel, Land und Bund auf den Weg zu neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu bringen, damit die Hospize über ihre zehnprozentige Eigenbeteiligung nicht länger belastet werden.
Jetzt, quasi zum vierten Jahrestag der Pflegesatzkündigung, könnte durch den Schiedsspruch neue Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen kommen. Den letzten Schriftsatz dazu hat das Hospiz am 11. Juni nach Lübeck geschickt. Fällt der Schiedsspruch negativ aus, wird es wohl zur Klage des Hospizes vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen kommen.