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Herner protestieren gegen die

Friedlicher Protest gegen Rechte

Glocken, Lieder und Gedichte

CVJM-Bläser beim Open-Air-Gottesdienst.

Zum vierten Mal wollten die „besorgten Bürger" am Dienstag (27.8.2019) durch die Herner Fußgängerzone laufen. Nachdem ihnen dies am vergangenem Dienstag schon nicht gelungen war (halloherne berichtete), wurden sie diesmal zu einem 'Kooperations-Treffpunkt' (in Absprache mit der Polizei, die ein Aufeinandertreffen mit Gegendemonstranten verhindern wollte) geleitet und mussten sich auf dem Netto-Parkplatz am Rande der City treffen. Von dort marschierten sie lediglich über die untere Bahnhofstraße zum alten Dorngelände und zu ihrem Zielpunkt, dem Bahnhof. Insgesamt waren es, laut Schätzung der Polizei, 130 „Besorgte". Herner Bürger, die von Sorge erfüllt, diese Märsche nicht hinnehmen wollten, hatten sich zum zweiten Mal zu Protest-Veranstaltungen verabredet.

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Open-Air für den Frieden

Herner protestieren gegen die

Hatten sich die „besorgten Bürger“ bisher an der Kreuzkirche verabredet, war dies nun nicht möglich, da die Kreuzkirchengemeinde und die Gemeinde St. Dionysius dort zu einem Open-Air-Gottesdienst eingeladen hatte, der mit einem 10-minütigen Glockengeläut begann. Während des Gottesdienstes beteten die Christen 'Für den Frieden in unserer Stadt'. Pastor Kornelius Heering: „Mit dem Glockengeläut wollen wir ein Zeichen setzen und haben es auch am letzten Dienstag getan. Hinter uns stehen der gesamte Kirchenkreis und die katholischen Gemeinden. Wir freuen uns sehr, dass sich die sogenannten „besorgten Bürger“ nicht mehr hier treffen - im Herzen unserer Stadt. Damit haben wir es als Stadtgesellschaft geschafft ein deutliches Zeichen zu setzen."

v.l. Arno Wittekind, Georg Birwer, Kornelius Heering, Melanie Jansen - luden zum Open-Air-Gottesdienst.

Der Gottesdienst wurde von Georg Birwer, Kornelius Heering, Melanie Jansen und Arno Wittekind gehalten. Gemeinsam sangen sie mit den rund 200 Menschen Friedenslieder - unterstützt von Bläsern des CVJM-Posaunenchors unter der Leitung von Stefan Wilhelm. Damit setzten sie Zeichen der Nächstenliebe und der Vielfalt in unserer Stadt. An Stellen, an denen der Erfolg darüber zur Sprache kam, dass dieser Platz an dem Spaziergang-Dienstag nun nicht mehr den Nazis gehöre, kam spontaner Beifall auf. Melanie Jansen: „Wir werden jeden Dienstag hier vor unserer Kirche einen Gottesdienst abhalten - so lange, bis keine „besorgten Bürger“ mehr durch unsere Stadt laufen."

Protest auch auf dem Robert-Brauner-Platz

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Und auch auf dem Robert-Brauner-Platz hatte sich wieder eine Menschen-Masse versammelt, um ihre Sorge über die Spaziergänger zum Ausdruck zu bringen. Über 300 Menschen waren an diesem Dienstag zu dem Platz gekommen - zum Teil mit Sitzgelegenheiten wie Stühlen oder Decken - eingeladen von dem Herner Bündnis. „Wir sind ein ziviles Bündnis, darauf legen wir Wert. Unterstützung erhalten wir von unterschiedlichsten Parteien", sagte die Sprecherin des Bündnisses, das sich nach den ersten Spaziergängen in unserer Stadt gegründet hatte. Bei hochsommerlichen Temperaturen rückten die Menschen alle im Schatten zueinander - ein Bild wie ein Gleichnis. „Wir halten zusammen!“, zusammen gegen die Aufmärsche der Rechten in unserer Stadt.

Herner protestieren gegen die

Die Sprecherin des Bündnisses gab gegen 18:10 Uhr eine Info über das Mikrofon durch: „Achtung ihr lieben Leute. Uns ist gerade mitgeteilt worden, dass soeben am Herner Bahnhof rund 20 Steeler Jungs eingetroffen sind, die die „besorgten Bürger“ unterstützen wollen.“ An die Menschen, die den Platz in Richtung Bahnhof überquerten, sagte sie: „Bitte seid vorsichtig! Wenn ihr zum Bahnhof müsst passt auf, dort kann es gefährlich werden.“ Weiter sagte sie: „Wir wollen mit unterschiedlichsten Aktionen mit den Hernern in sachliche und freundliche Gespräche starten. Wir sind jederzeit zu Gesprächen bereit und wollen den Schulterschluss mit den Rechten verhindern.“

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Auf dem Platz gab es derweil Live-Musik und Gedichte. Ein kleiner Kreis, der in der evangelischen Kirche aktiv ist, hatte sich mit Keyboard, Bass, Gitarre und Schlagzeug spontan bereit erklärt, den Protest musikalisch zu unterstützen. Frauen verteilten Muffins und Regenbogenkekse, und Jana war wieder mit ihren begehrten Obsttellern unterwegs. Szenische Lesungen heiterten den gesamten Platz auf und ein Gedicht von Berthold Brecht - An die Nachgeborenen - trug zum Nachdenken bei. Obwohl es im Vorfeld anders abgesprochen, gab es doch die eine oder andere Partei-Fahne unter den Protestlern. Gern gesehen waren dagegen die Schilder von Privat-Menschen. Sie hatten die unterschiedlichsten Sprüche zum Inhalt. So zum Beispiel: 'Bevor ihr besorgte Bürger sein wollt, versucht erstmal Mensch zu sein'. oder der aber: 'Ich bin besorgt über die besorgten Bürger'. Eine Gegendemonstrantin hatte auf ihrem Schild das alte Kinderlied: 'Bunt, bunt, bunt sind alle meine Freunde, bunt, bunt, bunt, ist alles was ich mag... weil Vielfalt das Leben schöner macht'. Die Musiker spielten sofort die Melodie an und gemeinsam wurde es aus vielen Kehlen gesungen. „Das macht Gänsehaut der Freude“, sagte eine junge Frau.

Mehr Aufmarsch als Spaziergang

Unter den wachsamen Augen der Polizei.

Derweil hatten sich die 'besorgten Bürger' am Discounter-Parkplatz an der Von-der-Heydt-Straße eingefunden. Unter Polizeibegleitung setzte sich von dort der Aufmarsch über die Poststraße in die Fußgängerzone in Bewegung. Viele Teilnehmer hoben dort den Arm und deuteten mit ausgestrecktem Mittelfinger in Richtung der Gegendemonstranten. Eine kaum besorgte Geste. Die Route war von der Polizei vorgegeben und wurde kontrolliert. Über den Asphalt der Straße ging es nach Norden in die Peripherie. Ein ausgedehnter Spaziergang an der frischen Luft für die 'Besorgten'. Vorbei an der Industriebrache Dorngelände bog der Zug von der Roonstraße zurück auf die Bahnhofstraße.

Bei den Teilnehmern des Aufmarsches waren diesmal die „Steeler Jungs“ vertreten. Zu ihnen zählen, nach Angaben der Polizei, Personen aus der Hooligan- und Rockerszene. Eine Szene, in der es zahlreiche gewaltbereite Anhänger gibt. Unscheinbar sind sie bereits auf den ersten Blick nicht, mit ihren schwarzen T-Shirts mit Logo, uniformen Cargoshorts, dunklen Sonnenbrillen und einschlägigen Tattoos. Vom Auftreten her wirken sie bei vorbeikommenden Passanten martialisch: „Jetzt könnt ihr Angst vor uns haben" rief ein Marschierer mit Bierflasche einer Gruppe von Bürgern zu.

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Bei einem abschließenden Gruppenbild am Busbahnhof skandierte die Gruppe lautstark den Ruf „Herne, Steele und sonst nix!“. Um 19:05 Uhr war die Veranstaltung dort beendet.

Am Bahnhof sorgte der Aufmarsch für Verkehrsbehinderungen.
| Autor: halloherne