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Eine Demonstration inmitten der Menge am Europaplatz.

Versammlung bleibt an der Kreuzkirche

Spaziergänger dürfen nicht laufen

300 - 400 Gegendemonstranten trafen sich am Robert-Brauner-Platz.

Laut Pressesprecher der Bochumer Polizei, Frank Lemanis, versammelten sich am Dienstag (20.8.2019) rund einhundertundzehn Personen vor der Herner Kreuzkirche - am Anfang der Bahnhofstraße. Diese besorgten Bürger hatten sich zu einem dritten Spaziergang durch die Herner Innenstadt verabredet. Wie auch schon die beiden Male zuvor, waren sie ohne Transparente gekommen und wollten Aufmerksamkeit ausschließlich durch ihren Gang durch die Fußgängerzone erzeugen. In den sozialen Netzwerken hatten sie weitere besorgte Bürger zur Teilnahme eingeladen. Besorgt seien sie über die vielen Schreckensmeldungen, die ihrer Meinung der wachsenden Zahl von Flüchtlingen zuzuschreiben sei. „Wir wollen die Schmarotzer, die in unser Land kommen, nicht weiter dulden“, sagte einer der Spaziergänger, der seinen Namen nicht nennen wollte. „Ganz genau“, pflichtete ihm sein Nachbar bei, „die sollen bleiben, wo sie herkommen.“ Auch dieser Spaziergänger wollte seinen Namen nicht nennen. Sie alle würden es für „unsere Kinder und Enkelkinder tun".

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Käsebrötchen, Käsebrötchen, Käsebrötchen.

Während die Spaziergänger vor der Kreuzkirche auf den Start ihres Spaziergangs warten, füllte sich das andere Ende der Bahnhofstraße - der Robert-Brauner-Platz - mit mehr und mehr - ebenfalls besorgten - Bürgern. Laut Mit-Initiator Norbert Arndt haben sich hier in der Spitze rund 500 Menschen versammelten. „Das ist doch wunderbar“, sagte Arndt, „wenn man bedenkt, dass wir diese Veranstaltung erst am Sonntagabend ins Leben gerufen haben.“ Sie alle zeigen Flagge gegen die Teilnehmer des Marsches der besorgten Bürger - mit unterschiedlichsten Plakaten, T-Shirts oder Aktionen. So hat zum Beispiel die LINKE einen Stand aufgebaut und verteilt Käse-Brötchen. Klaudia Scholz erklärt mit Blick auf die Spaziergänge. „Wir bieten Käse-Brötchen an, weil das Käse ist, was die machen.“ Ihre Mit-Streiterin verteilt derweil weiterhin die Brötchen und fragt: „Willste eine Scheibe oder zwei?“ - Also Doppelt-Käse?

Weiß auf Schwarz

Zwei Herner haben kleine Schilder vor ihrer Brust und zeigen darauf ihre Sorge wegen der besorgten Bürger. Warum sie heute hier sind? „Weil es gilt, zu verhindern, dass die Rechten hier das Straßenbild bestimmen. Wir müssen zeigen, dass wir viele sind.“ Volker Schäpertöns kommt aus Dorsten. Sein T-Shirt ziert die Aufschrift: Nationalität? Mensch! Eine weitere Teilnehmerin sagt: „Wir müssen denen den Weg eingrenzen und zeigen, dass wir da sind.“ Dass im Ruhrgebiet nur die Kirmes-Herzen braun sind, davon war eine junge Frau überzeugt, die lange in Leipzig gewohnt hat und dort regelmäßig an den Monatgsdemos teilgenommen hat. Sie ist entsetzt, „was hier abgeht. Ich dachte, das Ruhrgebiet ist Multi-Kulti. Jeder hat doch eine Oma oder einen Opa, eine Tante oder einen Onkel der aus Polen oder Schlesien kommt."

Bunter Regenbogen mit Kreide auf dem Pflaster.

Sönke (28) zeigt mit seiner Freundin zusammen immer wieder eine bunte Flagge: Beide sind häufig „auf solchen Veranstaltungen zu finden. Wir wollen zeigen, dass wir mit der Situation nicht einverstanden sind." Gerne haben sie ihre Eimer mit bunter Kreide dabei und malen auf das Pflaster eine schöne bunte Welt. „Transparente sind ja nicht erlaubt“, sagte Sönke lächelnd, „so können wir aber unsere Meinung sagen und es ist kein Vandalismus oder Sachbeschädigung.“

Gesang und Gebete am Kircheneingang.

Vor dem Portal der evangelischen Kreuzkirche am Europaplatz, vis-a-vis dem Treffpunkt der besorgten Bürger, hatte die Kreuzkirchengemeinde spontan zu einer kurzen Andacht eingeladen. Die Pfarrer Kornelius Heering, Melanie Jansen und Katja Lueg beteten und sangen mit Gläubigen unter dem Motto „Bei uns sind alle herzlich willkommen.“ Um Punkt 18 Uhr, dem geplanten Start des Spaziergangs, läuten minutenlang die Kirchenglocken.

300 - 400 Gegendemonstranten trafen sich am Robert-Brauner-Platz.

An der Kreuzkirche beobachtet derweil die Polizei - mit einem großen Aufgebot - die Versammlung sehr genau. Lemanis erklärt, dass von Seiten der Polizei ein Verantwortlicher der Gruppe der Spaziergänger angesprochen wurde, der sich auch bereiterklärte mit der Polizei zu kooperieren. Frank Lemanis: „Wir sind der Meinung, dass das hier eine Versammlung darstellt, die nicht genehmigt ist. Das sah dieser Verantwortliche genauso. Weiterhin wurde diesem Versammlungsleiter gesagt, dass die Polizei es nicht dulden kann, zumindest nicht heute, dass sie durch die Herner Innenstadt laufen, da wir am anderen Ende der Bahnhofstraße eine größere - angemeldete - Versammlung haben. Zudem hatte sich die Pfarrerin der Kreuzkirche spontan dazu entschlossen, mit Gemeinde-Mitgliedern zu singen und zu beten - also eine weitere Versammlung mit 40-50 Menschen. Somit haben wir heute drei Versammlungen unterschiedlichen Spektrums, die wir alle schützen müssen. Dass können wir polizeilich nicht bewerkstelligen. Die Gefahr eines Konfliktes wäre hier zu groß gewesen.“

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Bereitschaftspolizisten im Einsatz am Europaplatz.

Insofern galt für den Dienstagabend, dass die Gruppe der besorgten Bürger mit ihren Sorgen vor Ort bleiben musste und sich anschließend auflösen und sich auf den Heimweg machen sollte. „Wir werden das überprüfen, damit das auch wirklich passiert“, sagte Lemanis. Für die nächsten Spaziergänge gilt: „Wenn die Leute laufen wollen, dann müssen sie den nächsten Spaziergang auf jeden Fall anmelden, damit wir uns von Polizeiseite darauf einstellen können. Das haben wir der Gruppe auch mitgeteilt.“ Während des Gesprächs mit Frank Lemanis kommt um 18.52 Uhr die Durchsage an die verhinderten Spaziergänger: „Achtung, wir möchten Ihnen mitteilen, dass die Veranstaltung heute hiermit beendet ist. Verlassen Sie den Platz bitte in 6er-Gruppen Richtung Bochumer Straße." Damit ist natürlich nicht jeder aus der Gruppe einverstanden und „der hat sie doch nicht mehr alle!“ sind noch die harmlosesten Ansagen.

Kein Durchkommen vom Europaplatz zur Fußgängerzone: Polizei trennt Spaziergänger und Demonstranten.
| Quelle: halloherne