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Junge Filmemacher wollen Gesellschaftsdiskurs aufzeigen

Filmprojekt 'Kein schöner Land'

Christopher Deutsch.

Etwas, was in den letzten Jahren häufiger zu beobachten ist, ist, dass sich der Diskurs innerhalb der Gesellschaft verändert hat. Es gibt viele festgefahrene Meinungen, wenig Bewegungen aufeinander zuzugehen und seinem Gegenüber wirklich zuzuhören. Diese Entwicklung habe Leandra Marie Hoffmann und Christopher Deutsch dazu bewegt, ein Filmprojekt zu starten, welches sich genau mit diesem Thema beschäftigt.

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„Im Jahr 2015 zu Zeiten der sogenannten „Flüchtlingswelle" und dem ersten Aufkommen von Pegida, haben wir nach einer Theaterprobe darüber gesprochen, wie man seine eigene Meinung kommuniziert, aber gleichzeitig auch offenbleibt, die Meinungen anderer zu akzeptieren", berichtete Filmemacher Christopher Deutsch gegenüber halloherne am Donnerstag (1.10.2020).

Das Filmprojekt 'Kein schöner Land' - realisiert von Leandra Marie Hoffmann und Christopher Deutsch.

Nach vielen weiteren Gesprächen zu diesem Thema seien die beiden dann auf die Idee zum Filmprojekt Kein schöner Land gekommen. „Unser Film sollte sich mit der Frage beschäftigen: Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn wir aufhören, miteinander zu sprechen?", so Christopher Deutsch. Jedoch nahm die Realisierung des Projektes einige Zeit in Anspruch. So wurde zunächst einmal am Drehbuch gearbeitet. Danach wartete auch schon die nächste Hürde auf die Filmemacher: Die Finanzierung.

Realisierung durch Crowdfunding

Bei den Filmaufnahmen im Schnee.

„Damit wir den Film realisieren konnten, haben wir von August bis Oktober 2018 auf der Crowdfunding-Plattform startnext einen Spendenaufruf gestartet. Wir waren von der Resonanz sehr positiv überrascht, denn wir hatten nicht damit gerechnet. Wir haben insgesamt 253 Unterstützer für unseren Film gewinnen können. Letztendlich sind auch mit der Hilfe von weiteren privaten Spendern circa 31.000 Euro an Spenden zusammengekommen", so Deutsch.

Szenen vom Set beim Filmprojekt 'Kein schöner Land'

Nachdem die acht Schauspielerinnen und Schauspieler gefunden waren, starteten Anfang 2019 die Dreharbeiten in einem extra dafür angemieteten Haus im Schwarzwald. „Eigentlich sollten die Dreharbeiten im Sommer stattfinden, aber leider mussten wir feststellen, dass unser Budget eine Anmietung im Sommer nicht zulassen würde", erzählte der Filmemacher.

„Die Darstellerinnen und Darsteller haben sich erst sieben Tage vor Drehbeginn kennengelernt. Unser dreizehn-köpfiges Team hat die ganze Zeit gemeinsam in diesem Haus gelebt. Im Vorhinein macht man sich ja schon Gedanken, ob man sich nach einer Weile auf die Nerven geht. Aber es war ein wirklich schönes und achtsames Miteinander."

Darum geht es

Eine Szene vom Filmprojekt 'Kein schöner Land'.

Inhaltlich gehe es um eine Gruppe von Freunden, drei Männer und fünf Frauen, die über ein verlängertes Wochenende zum Kurzurlaub in den Schwarzwald fahren. Es sind acht Menschen unterschiedlichsten Charakters. Da ist der linksintellektuelle Ben mit seiner besten Freundin Lisa, einer selbsterklärten Feministin. Carla möchte später Spitzenpolitikerin einer sozialdemokratischen Partei werden und Johann, genannt Johnny, lebt in der Welt der Musik. Emma und Laura genießen das Leben und Daniel und Marie sind gedanklich dabei, ihre gemeinsame Zukunft zu planen.

Kalt war es bei den Dreharbeiten.

Und so fängt die Zeit im Schwarzwald mit schönen Spaziergängen und tanzreichen Abenden an. Während der allgemeinen Gespräche über das Leben, die die Spaziergänge und Abende begleiten, kristallisieren sich einzelne Konflikte heraus, über die Frage, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

Offenes Ende

Filmprojekt 'Kein schöner Land' - realisiert von Leandra Marie Hofmann und Christopher Deutsch.

Der Film habe bewusst ein offenes Ende, um den Austausch anzuregen. „Unser Anspruch ist es, dass sich die Identifikation der Zuschauenden mit den Figuren während der Geschichte und innerhalb der verschiedenen Diskussionen immer wieder wandelt", so Deutsch, der auch für die Kameraführung zuständig war. Der 83-minütige Film habe keine feste Zielgruppe, sondern richte sich an alle Interessierten.

„Ich habe den Film schon gefühlt eine Million mal gesehen, da ich für Kamera und Schnitt zuständig war. Daher kann ich immer noch etwas finden, was ich ändern möchte. Es ist ein bisschen so, wenn man zum hundertsten Mal Titanic guckt... da hat man das Gefühl irgendwann ist auch mal gut", so der Filmemacher weiter.

Nach mittlerweile 300 Stunden Filmschnitt, ist der Film nun fertig und kann in die Bewerbungsphase für die unterschiedlichsten Festivals gehen. „Ich freue mich darauf, den Film einmal ohne Druck ansehen zu können und einfach mal genießen zu können", so Christopher Deutsch.

Das Team beim Austausch.
Donnerstag, 1. Oktober 2020 | Autor: Julia Blesgen