
Azubi-Inklusions-Tag
Fiktive Handicaps fordern Azubis

Beim Azubi-Inklusions-Tag im Technischen Rathaus hatten Auszubildende der Stadtverwaltung Herne am Donnerstag (5.9.2019) Gelegenheit zu erfahren, wie es sich anfühlt mit einem bestimmten Handycap den (Behörden)-Alltag zu bewältigen. Worum es bei diesem Tag genau geht, das erklärt die Inklusionsbeauftragte der Stadt Herne, Kerstin Fischer-Friedhoff: „Wir machen den Azubi-Inklusions-Tag in diesem Jahr zum 2. Mal weil wir wollen, dass unsere Auszubildende dahingehend sensibilisiert werden, sich in Menschen mit Behinderungen hineinzuversetzen. Menschen die zu einer Behörde müssen, um dort zum Beispiel ein Bußgeld zu zahlen, sich nicht auskennen und sich durchfragen müssen, haben es nicht immer leicht - und haben sie dazu noch eine Behinderung, dann wird es erst recht schwierig.“

39 Auszubildene, sie alle haben am Montag (2.9.2019) mit ihrer Ausbildung bei der Stadt begonnen, müssen an diesem Morgen unterschiedlichste Stationen durchlaufen - an jeder Station geht es um eine andere Art der Behinderung. Aufgebaut sind die Stationen Sehbehinderung; Mobilitäts-Einschränkung; GERT, das ist der 25 kg schwere Gerontologische Testanzug, der das Alter simuliert; Hörbehinderung und die Station Gebärdensprache, die Grundkenntnisse der Gebärdensprache vermittelt. Dazu gibt es noch die Station Leichte Sprache. Kerstin Fischer-Friedhoff: „Diese Station ist für all die Menschen wichtig, die sich auf Grund von Demenz vieles nicht mehr merken können, aber auch für Menschen mit Migrations-Hintergrund oder mit kognitiven Einschränkungen. Also, hier geht es um leicht verständliche Sätze."

An der Station Mobilitätseinschränkung stehen Rollstühle für die Azubis bereit. Darin sitzend müssen sie zunächst die Rampe zum Foyer bewältigen, was sich durchaus schon als nicht so einfach erweist, anschließend müssen sie das Behinderten-WC suchen und dort die Zettel mit der nächsten Aufgabenstellung finden. An der Station Sehbehinderung werden ihnen die Augen verbunden, sie bekommen eine Armbinde um und einen Blindenstock zur Hand. So ausgerüstet müssen auch sie sich in die 3. Etage begeben und mit dem betreffenden Sachbearbeiter sprechen. Bevor es losgeht erklärt ihnen die städtische Mitarbeiterin Miriana Palermo, sie ist in ihrem 12. Lebensjahr erblindet, wie sie sich mit Hilfe des Stocks fortbewegen können. Damit sie nicht doch vor einen Türpfosten laufen, hat jeder fiktive Blinde eine Begleitperson zur Seite.

Svenja hat soeben den Blinden-Parcours erfolgreich gemeistert und fand es jedoch schwieriger als gedacht: „Geholfen hat mir meine Begleiterin Paula, der ich sehr vertaut habe. Ich war mir sicher, sie lässt mich jetzt nicht gegen die nächste Wand laufen. Auch den Stock fand ich hilfreich.“ Allerdings hatte sie auf Grund ihrer Behinderung Probleme mit der Bedienung des Fahrstuhls: „Der spinnt“, sagt sie. „Ich habe dann doch lieber die Treppe genommen.“ Cindy, ebenfalls fiktiv erblindet: „Auch ich kam mit der Beschriftung im Fahrstuhl nicht so richtig klar. Ich fühlte mich recht aufgeschmissen, trotz Begleiterin.“

Im Foyer versucht sich gerade Sascha zurechtzufinden. Sascha hat GERT an, den Gerontologische Testanzug. Sascha ist heute um 60 Jahre gealtert und um 25 Kilogramm schwerer geworden. Allerdings ist er guter Dinge, freut sich über seinen noch immer vollen Haarwuchs („Dank Alpecin") und möchte der Reporterin mit der Kamera etwas Gutes tun- Hier junges Frollein, ich schenke Ihnen 2 Euro, dann können Sie sich einen Kaffee trinken gehen - sagt er mit zittriger Stimme und trippelt weiter. Er ist sich allerdings sicher, dass es im Alter nicht immer so lustig ist.

An der Station Hörbehinderung stehen Kimberly und Tolga, sie sind die nächsten Gehörlosen und müssen nun ihre Aufgabe lösen. Dazu bekommen sie Ohropax in die Ohren und darüber Kopfhörer um die Schwerhörigkeit zu simulieren. So ausgestattet müssen Tolga und Kimberly zur Pforte und sich erkundigen wo sie den Verlust ihres Führerscheins melden können. Anschließend müssen sie den entsprechenden Sachbearbeiter aufsuchen und erfragen, was sie tun müssen um einen neuen Führerschein zu beantragen und wie teuer das wird. Auch diese beiden Azubis fragen sich geschickt durch und kommen mit der Beantwortung aller Fragen zurück.
Die städtischen Azubis haben an diesem Tag ihre Aufgaben gut gemeistert, sind allerdings auch an einigen Stellen erschrocken, wie es sich anfühlt mit einem Handycap „klarzukommen".
