
Kinderoper am MiR Gelsenkirchen
Drei miese, fiese Kerle
Konrad (burschikos: die koreanische Sopranistin Dongmin Lee) und seine Eltern (Anke Sieloff und Piotr Prochera) wohnen mitten in einem Wald, der die Bühne des Kleinen Hauses am Kennedyplatz in voller Breite ausfüllt. Die stilisierten Bäume und Büsche der Ausstatterin Katrin Hieronimus verbergen linkerhand das vom musikalischen Leiter Peter Goller dirigierte sechsköpfige Instrumentalensemble – und verwandeln sich im Handumdrehen nicht nur in die Küche des Elternhauses, sondern auch in die nebelumhüllte Eingangspforte des nahegelegenen Geisterschlosses.
Dort treiben drei miese, fiese Kerle ihr Unwesen, indem sie harmlose Wanderer beinahe zu Tode erschrecken: Er sei, so bekundet der offenbare Schalke-Fan (der junge Tenor Benjamin Hoffmann, frisch gebackener Absolvent der Essener Folkwang Universität) der von Konrads Eltern einmal mehr herbeigerufenen Krankenwagen-Besatzung, von einem gewaltigen Ziegenbock angestarrt worden und daraufhin losgerannt wie Usain Bolt. So kann es nicht weitergehen, findet Konrad, und beschließt, dem dicken Ungeheuer (der koreanische Bassist John Lim von der Folkwang Universität), dem bleiche Nachtmahr (der polnische Bariton Piotr Prochera) und dem Gespenst (man glaubt es kaum: Anke Sieloff) das Handwerk zu legen.

Dabei erhält der mutige Konrad unverhofft Hilfe von der Karierten Katze (Benjamin Hoffmann führt die wundervolle, von Melanie Sowa und Mario Hohmann gebaute Klappmaulpuppe). Mit ihr zusammen baut er Anti-Gespensterkugeln. Solchermaßen bewaffnet ziehen sie zum düster-rußigen Schloss, wo die Kerle hausen. Die hier in der Inszenierung Carsten Kirchmeiers freilich eher gemütliche Geister sind, die ein kommodes Leben vorziehen und im Grunde niemanden erschrecken wollen. Weshalb nach knapp einer Stunde auch nur ganz nebenbei von einer erneuten Schrecksekunde eines Wanderers angesichts einer riesengroßen Katze die Rede ist…
Zusammen mit der Illustratorin Susann Opel-Götz hat Paul Maar 2008 mit „Drei miese, fiese Kerle“ einen Kinderbuch-Klassiker geschaffen, in dem die Gespenster schnell zu komischen Figuren werden, wenn man, wie der junge Protagonist Konrad, keine Angst vor ihnen hat. Nach dieser Vorlage haben der Librettist Manfred Weiß und der der 1967 im Libanon geborene und seit 1984 in Paris lebende Komponist Zad Moultaka, Preisträger des Stuttgarter Wettbewerbs „Future Pitch“ zur Förderung von Opern für Kinder und Jugendliche, die gleichnamige Kinderoper komponiert, die am 23. November 2019 im Kleinen Haus des MiR umjubelte Uraufführungs-Premiere feierte.
Die nach „König Hamed und Prinzessin Sherifa“ bereits zweite Kinderoper als Auftragswerk des Musiktheater im Revier ist für Kinder ab fünf Jahren geeignet, was auch daran liegt, dass Regisseur Kirchmeier und sein Dramaturg Stephan Steinmetz allen Grusel, wie er schon im Titelblatt des bei Oettinger erschienenen Bilderbuchs zum Ausdruck kommt, gestrichen haben – einschließlich der finalen Erklärung für den Wandel der liebreizenden Karierten Katze zum Riesenviech. Musikalisch aber bleibt das diesjährige Weihnachtsmärchen enttäuschend dünn: Von einer „Oper“ kann nun wirklich nicht die Rede sein. Nicht eine Arie, nicht ein Duett, nur Rezitative: Will die Gelsenkirchener Oper ihr Publikum von morgen ernsthaft mit einem so völlig gesangsfreien Musiktheaterstück gewinnen? Einen weiteren Pfeil hat das MiR freilich noch im Köcher: Für alle ab acht Jahren gibt’s „Pero oder: Die Geheimnisse der Nacht“ von Guus Ponsioen, Premiere ist am 6. Dezember 2019 um 11 Uhr im Kleinen Haus.
Vergangene Termine (4) anzeigen...
- Dienstag, 26. November 2019, um 10 Uhr
- Mittwoch, 27. November 2019, um 10 Uhr
- Freitag, 29. November 2019, um 10 Uhr
- Freitag, 29. November 2019, um 10 Uhr