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v.l. Sabrina Sauer und Edda Lina Janz begeistern in „Der Zauberer von Oz“ am WLT.

Musikalisches Märchen begeistert am WLT

Der Zauberer von Oz

„Somewhere over the Rainbow“: Irgendwo jenseits des Regenbogens ist es bestimmt viel spannender als daheim auf der Farm in Kansas, wo die ungeduldige Dorothy (bezaubernd: Edda Lina Janz) förmlich mit den Hufen scharrt, während ihre Freunde Leon (Felix Zimmermann), Tiny Tim (Adrian Kraege) und Birdy (Julius Schleheck) lustlos abhängen vor dem die ganze Bühnenbreite einnehmenden Billboard „Welcome Kansas“: Tote Hose auf dem platten Land.

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Als wie aus dem Nichts ein Unwetter aufkommt, wirbelt der Sturm das aus den Angeln gehobene Farmhaus ins ferne Land Oz, wo Dorothy von zwei puscheligen, Munchkin genannten Wesen, die in Abfalltonnen hausen wie Nagg und Nell in Samuel Becketts „Endspiel“, freundlich empfangen wird. Denn das Gebäude hat die böse Hexe des Ostens unter sich begraben und getötet, auch zur gar nicht klammheimlichen Freude der guten, in freundliches Mint-Grün gewandeten Hexe des Nordens (bei diesem Sechs-Personen-Stück muss auch die Regieassistentin Anne Noack ‘ran, die ihren Part ganz ausgezeichnet spielt und singt).

Die entspannte Stimmung schlägt bald wieder um, als die Schwester der Getöteten, die böse Hexe des Westens (in Jagdgrün mit endlos langem Zauberstab: Sabrina Sauer), auftaucht und deren magischen Schuhe, die sich Dorothy gesichert hat, einfordert. Dem quirligen Kansas-Girl, das unbedingt zurück in die Heimat will, kann nur der berühmt-berüchtigte Zauberer von Oz helfen, weshalb sie sich sogleich auf den abenteuerlichen Weg in die Smaragdstadt begibt. Unterwegs schließen sich ihr eine Vogelscheuche (ein melancholischer Clown: Julius Schleheck), die sich Hirn statt Stroh im Kopf wünscht, ein Blechmann mit hohlem Körper (Adrian Kraege), der ein schlagendes Herz herbeisehnt, und schließlich ein hasenherziger Löwen (Felix Zimmermann) an, der viel Mumm benötigt, um seine Rolle als König der Löwen erfüllen zu können.

Derweil beobachten die beiden miteinander verfeindeten Hexen beim gemeinsamen Schachspiel, wie sich das ungleiche Quartett schlägt: gemeinsam stellen sich Dorothy & Co nicht nur allen Gefahren, sie umgehen die Klippen auf dem Weg zum Zauberer mit Klugheit, Herz und Mut – und damit mit exakt den Tugenden, die ihnen angeblich fehlen. Der Weg ist das Ziel: Am Ende erkennen sie, dass ihnen nur der Glaube an sich selbst gefehlt hat…

Lyman Frank Baums Märchen „The Wonderful Wizard of Oz“ aus dem Jahr 1900 ist bis heute ein Welterfolg, als Buch, in der 1939er Verfilmung von Harold Arlen und E. Y. Harburg, in der im Dezember 1987 in London uraufgeführten Musical-Fassung der Royal Shakespeare Company und, gerade in Deutschland, als beliebtes Weihnachtsmärchen an Schauspielhäusern und Musiktheatern. In der phantasievollen Ausstattung von Anja Müller hat Tankred Schleinschock, der musikalische Leiter des Westfälischen Landestheaters, den „Zauberer von Oz“ als musikalisches Märchen für alle ab sechs Jahren in unsere Gegenwart transponiert und in achtzig actionreichen Minuten äußerst kurzweilig inszeniert. Seine ironische Grundierung erfreut besonders die erwachsenen Begleiter der Kinder, die großen Spaß am unmittelbaren Spiel des Ensembles, an den prachtvollen Kostümen und der wandlungsfähigen Kulisse auf der handbetriebenen Drehbühne bekundeten bei der Premiere am 27. Oktober 2019 in der Castrop-Rauxeler Stadthalle.

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„Endlich zaubern lernen“, „Weil ich ein Feigling bin“, „Roter Mohn“: Die Songs Tankred Schleinschocks sind so pfiffig betextet wie populär komponiert und das Kinder- und Jugendensemble des WLT offenbart Musical-Qualität. Anja Müller hat dem Blechmann ein türkisfarbenes Kostüm aus einem zweischichtigen Material verpasst, dass von den Cosplayern der Manga- und Anime-Szene her bekannt ist: Um es dreidimensional zu formen, muss man einen Heißluftföhn zu Hilfe nehmen – absolutes Neuland für die WLT-Tüftler hinter den Kulissen.

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  • Mittwoch, 18. Dezember 2019
  • Donnerstag, 19. Dezember 2019
  • Freitag, 20. Dezember 2019
| Quelle: Pitt Herrmann