
Ramadan in Corona-Zeiten betrifft Islamische Gemeinde stark
Der Verzicht ist derzeit noch größer
Tuncay Nazik verbringt derzeit viel Zeit in der Islamischen Gemeinde Herne-Röhlinghausen. Dabei ist das noch nicht mal aufgrund der Ramadan-Zeit, die seit Donnerstag (23.4.2020) gilt, sondern hat eher mit der Organisation in der Gemeinde rund um die Corona-Krise zu tun. Denn wie Kirchen und andere Gebetshäuser, hat die Islamische Gemeinde derzeit geschlossen. Und genau das trifft die Mitglieder, nicht nur, aber vor allem während des Ramadans, sehr hart.
„Die Räumlichkeiten sind bei uns auch klein, da können wir den Mindestabstand bei vielen Personen nicht einhalten. Deshalb wurde auch vorher schon auf das Freitagsgebet verzichtet. Generell ist der Verzicht im Ramadan groß, derzeit aber noch etwas größer“, betont der stellvertretende Imam. „Bei uns wären normalerweise viele Veranstaltungen, dazu an jedem Abend das Fastenbrechen. Auch die Lesungen aus dem Koran, vormittags für die Frauen, abends für die Männer, fällt in der Gemeinde aus“, erläutert Nazik. Auch das gemeinschaftliche Gebet nach dem Fastenbrechen könne nicht stattfinden.
Doch dank der modernen Medien gibt es neue Mittel und Wege. So werden die Lesungen jeden Tag als virtuelle Videomeetings abgehalten, sodass jedes Mitglied diese von zu Hause aus per Computer oder Handy verfolgen kann. „Das wird gut angenommen und es werden immer mehr Zuschauer“, sagt Nazik. „Die Familien schauen mit mehreren zu, so nimmt auch die jüngere Generation mehr daran teil, weil es einfacher ist, als die Gemeinde oder Moschee zu besuchen.“
Auch wenn es ungewohnt sei, die Gemeinde zu schließen, habe die Gesundheit aller Vorrang, hebt Nazik hervor. „Muslime sind darin geschult, auf die Gesundheit zu achten, da generell im Ramadan Kranke, Schwangere und ältere schwache Personen vom Fasten ausgenommen sind.“ Zusätzlich würden sich die Muslime solidarisch mit der Mehrheitsgesellschaft verhalten, da bei den Christen auch das Osterfest zum großen Teil ausgefallen ist.

Dennoch würde die derzeitige Lage mit Ramadan und geschlossener Gemeinde besonders ältere Mitglieder schmerzen, berichtet Tuncay Nazik. „Den Älteren fällt es schwer, weil oft die Gemeinde einer der wenigen sozialen Kontakte ist. Vor ein paar Tagen wollte ein älterer Mann hier herein. Das durfte er aber aus den bekannten Gründen nicht und hat dann geweint. Das hat mich persönlich sehr mitgenommen“, sagt der Vorbeter.
Insgesamt sei es derzeit eine besondere Situation, so Nazik: „Normal ist es eigentlich das Schöne, abends gemeinsam zusammen zu sitzen und dabei zu essen und trinken. Das war die tägliche Belohnung für das Fasten. Momentan geht das aber nur im engsten Familienkreis. Aber da müssen alle durch.“ Ab Samstag, 23. Mai 2020, ist dann zumindest der Ramadan beendet.