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Rene Kullick vor seinem Bestattungshaus an der Herzogstraße.

Ein Besuch beim jungen Bestatter Kullick

'Der Tod gehört zum Leben dazu'

„Der Tod gehört zum Leben dazu“ - ein Satz, der vielen Menschen über die Lippen kommt. Für Rene Kullick hat dieser Satz eine tiefere und emotionalere Bedeutung als für andere Menschen. Der 33-Jährige ist Bestatter und hat sich vor zwei Jahren als solcher selbstständig gemacht - ohne familiär 'vorbelastet' zu sein. Rene Kullick ist in keinen Familienbetrieb hineingewachsen. Bestatter zu werden, das stand schon recht früh auf seinem Zettel.

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Kaum eine Arbeit ist mit so vielen Vorurteilen behaftet wie die des Bestatters. „Bestatter sind gruselig, bleich und soziale Einzelgänger.“ Stimmt das? Wir wollten es wissen und besuchten Rene Kullick in seinen Räumen in Eickel an der Herzogstraße. Rene Kullick erzählt über seine Beweggründe, diesen Beruf zu ergreifen.

Berufswunsch stand früh fest

Bestattungshaus Kullick bietet Schmuckstücke mit Fingerprints als Erinnerung an.

„Ich war circa 15 Jahre alt, da fragte unser Lehrer nach unseren Berufswünschen“, erzählt er. Als ich ihm sagte, ich wolle Bestatter werden, da lachte er nur laut und sagte: Kullick, du musst etwas Vernünftiges lernen." Kullick fand allerdings, dass Bestatter etwas Vernünftiges sei und ließ sich nicht beirren. Ein Sterbefall in der Familie, der sich im Jahr 2012 in Berlin ereignete, bestärkte ihn nur noch in seinem Wunsch.

„Der Berliner Bestatter hat so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Der Umgang mit den Hinterbliebenen ließ jegliche Empathie vermissen“, ist er heute noch erschüttert. „Da dachte ich mir: Das kann ich besser.“

Zurück im Ruhrgebiet bewarb sich Kullick bei einem großen Recklinghäuser Bestatterunternehmen: „Erst einmal als Hilfskraft, um in den Beruf reinschnuppern zu können.“ Gleich am ersten Tag sei er sowohl mit einem Toten als auch mit den Angehörigen in Berührung gekommen. „Dank meiner kommunikativen Fähigkeiten habe ich direkt den Kontakt zu den Angehörigen gesucht, die mir im Nachgang auch für die empathische Begleitung dankten. Eigentlich war das der Startpunkt meiner Bestatter-Karriere“, sagt er lächelnd.

Viele Fort- und Weiterbildungen

Es folgten viele Lehrgänge, Fort- und Weiterbildungen. Sein Ausbilder, der Bestatter in Recklinghausen, ließ Kullick an allen Arbeiten teilhaben - sowohl an den schriftlichen Dingen als auch daran, die Toten zu überführen, zu waschen, anzuziehen und somit für die Abschiednahme am offenen Sarg herzurichten.

In dieser Zeit hat sich Rene Kullick auch ausgiebig mit der Thanatopraxie beschäftigt - der Kurzzeitkonservierung eines Leichnams - und ist seitdem einer der Experten für Auslandsüberführungen. „Ich habe da wohl einmal einen guten Job gemacht“, sagt er auf Nachfrage von halloherne, „und so was spricht sich schnell rum.“ Mailand, Venedig, Kalabrien, Albanien, Venezuela - „viele Menschen wollen in der Heimaterde begraben werden.“ Da der Körper sich nach dem Tod verändert, sei diese besondere Form der Totenversorgung notwendig.

In seiner Recklinghäuser Zeit hat er seine heutige Frau kennengelernt, die im selben Betrieb ihre Bestatter-Ausbildung absolvierte. Ihre perfekte Zusammenarbeit brachten ihnen im Kreis Recklinghausen den Beinamen „Das Bestatter-Pärchen“ ein. Zu vielen Kriminalfahrten wurden sie gemeinsam angefordert und überführten Menschen, die eines nicht natürlichen Todes gestorben waren.

Der Tod kennt keine Geschäftszeiten

Bestatter Rene Kullick.

Auf die halloherne-Frage „Ist Bestatter ihr Traumberuf?“ kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Nein! Das ist meine Berufung.“ Rene Kullick liebt seine Arbeit auf Grund der Vielseitigkeit - Kommunikation, Kreativität und der medizinische Bereich der Totenversorgung - das alles gehöre für ihn dazu. Ihm sei es wichtig, den Hinterbliebenen zu helfen und für diejenigen, die aus dem Leben gegangen sind, einen würdigen Abschied zu gestalten. Dafür ist er als Ansprechpartner rund um die Uhr erreichbar. „Ich begleite, ich bin immer ansprechbar, ich bin immer da - egal bei welchem Schritt.“ Viele Hinterbliebene seien mit der Situation oftmals überfordert. „Ihnen will ich Hilfe und Stütze sein.“ Viele suchten vor allem auch ein offenes Ohr. „Das biete ich ihnen gerne.“

Natürlich habe sich die Bestattungskultur über die Jahre verändert. Heute ist der Tod nicht mehr das Tabuthema, das es vor Jahren noch war. Zudem habe sich auch die Gestaltung einer Beerdigung geändert. Da lässt Rene Kullick den Menschen viel Spielraum. Rockmusik und Lieblingskleidung des Verstorbenen sind für ihn kein Diskussionsgrund. „Natürlich können Hinterbliebene bei mir auch die Urne zur Grabstelle tragen, wenn sie das möchten.“ Neben der hygienischen Versorgung der Verstorbenen und der Organisation der Trauerfeier übernimmt das Bestattungshaus Kullick auch den verschlungenen Gang durch den Behördendschungel.

Hilfe bei der Grabwahl

Bestatter Rene Kullick in seinem nachgebauten Wald.

Aber auch Angehörige, die so gar nicht wissen, wie der Verstorbene sich seine Beerdigung vorgestellt hat, sind hier gut aufgehoben. „Wenn es sein muss, sitze ich auch Stunden mit ihnen zusammen und wir überlegen gemeinsam, wie die Beerdigung aussehen könnte, die dem Toten gerecht wird. Dazu gehe ich mit den Menschen auch über die Friedhöfe und zeige ihnen, wie welche Gräber aussehen. Wahlgrab, Reihengrab, Rasengrab, anonymes Grab, Kolumbarium - das sind ja nur einige Grabarten. Wer weiß schon, wie welches Grab aussieht und was es letztendlich bedeutet?“

Die möglichen Bestattungsarten beim Eickeler Bestatter sind allerdings vielfältig. Rene Kullick bietet neben den am häufigsten gewählten Bestattungen Erd-, Feuer- und Seebestattungen auch so etwas Außergewöhnliches wie eine Ballonbestattung an.

Dabei wird die Asche des Verstorbenen in einen mit Helium gefüllten Ballon gefüllt. Die Hinterbliebenen, die den Ballon halten, bestimmen, wann sie ihn loslassen. Steigt der Ballon auf, zerplatzt er in 25 Kilometern Höhe und die Asche des Verstorbenen wird über den Globus verteilt. Weitere Bestattungsarten, die sehr selten nachgefragt werden, sind die Almwiesen-, Bergbach- und Felsbestattungen, die Diamantbestattungen, die Weltraumbestattungen oder auch die Bestattung in einem FriedWald.

Damit die Menschen, die die Möglichkeit einer Bestattung in einem Friedwald in Betracht ziehen, sich den Ort besser vorstellen können, hat Rene Kullick in einem seiner Räume einen 'Wald entstehen lassen'. Dekoriert mit Birkenstämmen und Laub sieht dieser nicht nur aus wie ein Wald, es riecht in ihm auch wie in einem Wald. In einem Friedwald ruht die Asche des Verstorbenen in einer biologisch abbaubaren Urne unter einem gekennzeichneten Baum.

Nachhaltigkeit - auch am Ende des Lebens

Bestattungshaus Rene Kullick.

Ein wichtiges Thema ist für Rene Kullick die Nachhaltigkeit, die natürlich auch am Lebensende ein Thema sein kann und sollte. Bei Exhumierungen, an denen er teilgenommen habe, erkannte er, wie lange es braucht, bis ein Sarg sich komplett zersetzt habe. So sind seine Urnen und Särge zum großen Teil biologisch abbaubar.„Die nachhaltigste Form der Bestattung ist allerdings die Ballonbestattung“, sagt er. Die Ballone bestehen aus Naturlatex und sind biologisch abbaubar.

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Aber für welche Bestattungsart sich die Hinterbliebenen auch entscheiden, bei alledem steht Rene Kullick ihnen zur Seite, denn für ihn sei eines klar - Zuhören können und Empathie sind die wichtigsten (Bestatter-) Voraussetzungen. „Für mich sind Begleitung, Dasein und ein offenes Ohr meine wichtigsten Eigenschaften, damit die Menschen ohne Fragen und mit einem Gefühl des Aufgehobenseins diese schwere Zeit überstehen.“

Sonntag, 19. Dezember 2021 | Autor: Carola Quickels