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Anti-Kriegs-Drama 'Blitz': George (Elliott Heffernan) wird von seiner Mutter Rita (Saoirse Ronan) und Großvater Gerald (Paul Weller) verabschiedet.

Alltäglicher Rassismus selbst im Bunker

Anti-Kriegs-Drama 'Blitz'

September 1940 in London. Die Deutsche Wehrmacht hat den „Blitzkrieg“ nun auch gegen England ausgerufen, an der Themse nur kurz „The Blitz“ genannt. Wenn die Sirenen heulen, suchen die Bewohner der Metropole Schutz in Kellern und natürlich auch in den zunächst versperrten U-Bahn-Schächten.

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George Hanway (Elliott Heffernan), ein aufgeweckter Junge, der schon in Friedenszeiten seiner Hautfarbe wegen gemobbt worden ist, wird von seiner Mutter Rita (Saoirse Ronan), die nun in einem Rüstungsbetrieb schuftet, mit einem Kindertransport aus der Gefahrenzone der Luftangriffe hinaus aufs Land geschickt. Ganz gegen den Willen ihres Sohnes, der erneute und situationsbedingt noch heftigere Attacken Gleichaltriger befürchtet.

George will zurück nach London

Weshalb George, der sogleich als „schwarzer Bastard“ beschimpft und nur von der schmächtigen Cathy (Thea Achillea) verteidigt wird, die erste sich bietende Gelegenheit zur Flucht ergreifen will, um zu seiner Mutter und seinem Großvater Gerald (Paul Weller) nach London zurückzukehren. Um die Sache zu beschleunigen, springt George aus dem fahrenden Zug auf den Bahndamm und von dort auf einen Güterzug in Gegenrichtung, wo er auf drei Brüder trifft, die man bei der Verteilung auf die Gasteltern voneinander trennen wollte.

Währenddessen hat Georges Mutter, live von der BBC im Radio übertragen, in der Rüstungsfabrik für ihren Sohn und alle verschickten Kinder gesungen. Als Rita erfährt, dass George den Bestimmungsort nicht erreicht hat, sucht sie verzweifelt nach ihm. Dabei ist der längst in London, findet sich aber, zumal in Zeiten ständigen Bombenalarms, nicht zurecht.

Ife nimmt ihn mit

Anti-Kriegs-Drama 'Blitz': Im U-Bahn-Tunnel London Bridge bricht bald Panik aus: Nach einem Bombeneinschlag werden die Menschen vom Themse-Wasser überrascht. Kann George (Elliott Heffernan) für Rettung in letzter Minute sorgen?

In der exklusiven Empire Arcade, einer einzigen Feier des britischen Kolonialismus, trifft er auf den Luftschutzwachmann Ife (Benjamin Clémentine), zu dem er schon der gleichen Hautfarbe wegen Vertrauen fasst. Ife bringt ihn bei ausgebombten Londoner Familien unter, denen der kleinwüchsige Entertainer Mickey Davies (Leigh Gill) psychologischen Halt geben will. Ife nimmt George mit auf seinen abendlichen Rundgang, doch sie verlieren sich im Chaos brennender Straßenzüge aus den Augen.

So landet George bei Jess (Mica Richetts), einer jungen Farbigen, die ihm zu essen und zu trinken gibt. Freilich nur, um ihn dem Bandenchef Albert (Stephen Graham) zuzuführen, der mit seinen Leuten Wertsachen aus Trümmergrundstücken holt und den kleinen Jungen für besonders knifflige Einstiege gebrauchen kann. George kann zwar in den Tunnel der U-Bahn-Station London Bridge entkommen, ist aber bald wieder in Lebensgefahr, als dieser nach einem Bombentreffer geflutet wird…

Drama für die große Leinwand

„Blitz“ von Steve McQueen II, Autor, Regisseur und Produzent in Personalunion, ist vordergründig ein actionreicher Anti-Kriegsfilm, der, obwohl für Apples Streaming-Portal produziert, auf der großen Leinwand bestehen kann. Auf den zweiten Blick entpuppt er sich als schonungsloses Anti-Rassismus-Melodram, das der englischen Gesellschaft über die 1940er Jahre hinaus den Spiegel vorhält. So muss sich Ife für eine offen diskriminierte indischstämmige Familie einsetzen in der unterirdischen Zufluchtstätte vor den deutschen Bomben, wo nichts wichtiger wäre als Solidarität, Trost und Zuwendung.

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Uraufgeführt am 9. Oktober 2024 beim Londoner Filmfestival BFI kommt „Blitz“ am 7. November 2024 in unsere Kinos, in unserer Region freilich nur ins Düsseldorfer Metropol. Die Lichtspielhäuser tun sich halt schwer mit der Streaming-Konkurrenz, was in diesem Fall sehr schade, generell aber nur allzu verständlich ist.

Mittwoch, 6. November 2024 | Autor: Pitt Herrmann