
Live-Stream-Premiere am PRT
All das Schöne
Was tun, wenn man als Kind damit konfrontiert ist, dass die eigene Mutter versucht hat, sich das Leben zu nehmen? Verzweifeln? Aufgeben? Nein: Man schreibt ihr eine Liste der vielen, schönen Dinge, für die es sich zu leben lohnt. Eiscreme steht an der ersten Stelle, Wasserschlachten an der zweiten, länger aufbleiben dürfen und fernsehen an der dritten Stelle, gefolgt von Leuten, die stolpern, an Position sieben bis hin zu ins Meer pinkeln und keiner merkt’s. Das ist die Nummer 26 auf der Liste.
Man hofft, dass die Mutter die Liste wirklich liest (und nicht bloß die Rechtschreibfehler korrigiert), dass ihre Depression aufhört und das Leben weitergeht. Tut es auch. Aber nicht alles wird automatisch gut. Nicht jetzt, nicht später, als man selbst erwachsen ist, verliebt und vielleicht sogar über eigene Kinder nachdenkt. Immer wieder lauert da eine seltsame Traurigkeit, gibt es Abstürze, peinliche Situationen und Verletzungen. Nur die Liste ist im Lauf der Jahre angewachsen und nähert sich der Million: 999.997. Das Alphabet, 999.998. Unpassende Songs in gefühlvollen Momenten, 999.999. Eine Aufgabe abschließen...

„All das Schöne“ ist ein Stück des jungen britischen Dramatikers Duncan Macmillan, der es unter Mitarbeit des Schauspielers Jonny Donahoe unter dem Originaltitel „Every Brilliant Thing“ geschrieben hat. Uraufgeführt am 28. Juni 2013 beim Ludlow Fringe Festival unter der Regie von George Perrin sorgte die Deutschsprachige Erstaufführung am 21. Oktober 2016 am Staatstheater Mainz in der Inszenierung von Jana Vetten für die Etablierung des 1980 geborenen Macmillan auf unseren Bühnen.
Ursprünglich sollte der „lebensbejahende Monolog über ein todernstes Thema“ (The Guardian, London) in der Inszenierung des Hausherrn Hans Dreher im November 2020 im Prinzregenttheater (PRT) Bochum live über die Bühne gehen - mit Yvonne Forster. Als die Hoffnung auf Publikum im Saal platzte, sollte gestreamt werden. Doch Ende letzten Jahres hatte das PRT noch nicht das richtige technische Equipment für einen Live-Stream und eine Fremdvergabe war zu kostenintensiv.
Dank der Unterstützung des Freundeskreises des im Süden Bochums beheimateten Theaters und der städtischen Sonderförderung „Kulturschirm 2“ konnte eine entsprechende Technik angeschafft und inzwischen auch erfolgreich mit „Die Hausherren“ und „Grünes Licht“ erprobt werden. Für „All das Schöne“ hat sich die Technikabteilung eigenständig mit der Bildgestaltung sowie -übertragung auseinandergesetzt (Ausstattung: Clara Eigeldinger, Licht: Joachim Kiel). Die Live-Stream-Premiere ist am Freitag, 9. April 2021, um 19:30 Uhr, die zweite Vorstellung am Samstag, 10. April 2021, um die gleiche Zeit. Anmeldungen sind noch über die Homepage prinzregenttheater.de möglich.
Das Besondere bei „All das Schöne“ ist die Mitwirkung des Publikums, das durchgängig kleinere Rollen übernehmen muss. Dessen Part erfüllt nun, wo das Live-Erlebnis ins Internet verlegt werden muss, Niklas Luft. Dennoch hoffen die Bochumer PRT-Theatermacher, dass Ende April 2021 der Lappen wieder hochgehen kann – bei der Premiere von „Hunger“, einer von Jochen Langner mit Oliver Möller inszenierten Adaption des gleichnamigen Romans von Knut Hamsun.
Weitere Stream-Angebote
„Grünes Licht“ von Carina Eberle mit dem phantastischen Duo Helge Salnikau/Maximilian Strestik ist wieder am Dienstag, 13. April 2021, um 19:30 Uhr im Live-Stream zu erleben. Michael Kamps Kafka-Solo „Ein Bericht für eine Akademie“ folgt am Sonntag, 18. April 2021, bereits um 18 Uhr. Und am Freitag, 30. April 2021, laden Laura Thomas und Tim-Fabian Hoffmann wieder zur Videokonferenz „Squash“ ein.
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- Freitag, 9. April 2021, um 19:30 Uhr
- Samstag, 10. April 2021, um 19:30 Uhr
- Dienstag, 13. April 2021, um 19:30 Uhr
- Sonntag, 18. April 2021, um 18 Uhr
- Freitag, 30. April 2021