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Einsatz von Polizei und Ordnungsbehörde an der Cranger Straße.

Verwaltung fordert Hilfen wegen Zuwanderung aus Südosteuropa

In Herne: 300 € Miete für eine Matratze

Seit 2012 hat sich die Zahl der in Herne lebenden Rumänen und Bulgaren auf 1500 (gemeldete) Menschen verdreifacht. Da seit dem 1. Januar 2014 auch für die beiden genannten Staaten die Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der EU gilt, halten sie sich legal in Deutschland auf. "Es ist definitiv: Die Leute gehen nicht zurück in ihre Heimatländer, und wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem wir den Umgang mit dieser Situation nicht mehr mit dem laufenden Geschäft der Verwaltung beherrschen können", sagte Ordnungs-Dezernent Johannes Chudziak, der gemeinsam mit Sozial-Dezernentin Gudrun Thierhoff dem Rat der Stadt einen Beschlussvorschlag unterbreitet: ab 2015 insgesamt 440.000 Euro mehr pro Jahr ausschließlich für die Integration von Bulgaren und Rumänen; verbunden mit der Aufforderung, dass sich die Stadt bei Land, Bund und EU um (finanzielle) Unterstützung bemüht.

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Im Gegensatz zu Städten wie Dortmund und Duisburg seien die Südosteuropäer in Herne über das Stadtgebiet verteilt untergebracht. Oft in vermüllten und überfüllten Häusern. Dort müssen sie nach Angaben Chudziaks oft eine Matratzen-Miete von durchschnittlich 300 Euro zahlen. In einem Haus seien in fünf Wohnungen (300 qm) 60 Leute gemeldet. "Da kann man sich ausrechnen, welche traumhaften Summen die Vermieter monatlich mit einer Schrottimmobilie erzielen" (Chudziak).

Die Zuwanderer aus Südosteuropa haben in Herne einzig Anspruch auf die Zahlung von Kindergeld. Auf Hatz-IV-Zahlungen haben sie zunächst kein Anrecht. "Und weitere Einnahmequellen erschließen sich uns nicht", so Sozial-Dezernentin Gudrun Thierhoff.

Vor Ort habe es die Stadt jeweils mit "vorgeschobenen" Häuser-Verwaltern zu tun; die Haus-Eigentümer sind zum Beispiel in Berlin oder anderswo ansässig. Tritt die Stadt an die ermittelten Eigentümer heran, wird die Immobilie meist schnell verkauft. Chudziak: "Ganz klar: Das gesamte Geschäft ist überörtlich organisiert. Offensichtlich sind die Zuwanderer, die daheim in Armut und ausgegrenzt von Bildung und Arbeitsmarkt gelebt haben, abhängig von Schlepperbanden. Und diese Abhängigkeit müssen wir aufbrechen." Fragt sich nur wie. "Mit Englisch kommen wir jedenfalls nicht weiter", so Thierhoff. Es fehle der Zugang zu den Leuten, und die Schlepper seien sehr bemüht, diesen Zugang zu verhindern. Chudziak und Thierhoff nennen das die Entstehung einer Parallel-Gesellschaft.

Das bedeute im Umkehrschluss: Niemand von den Zuwanderern spricht oder lernt im Moment Deutsch, die Kinder gehen weder in Kindergärten noch Schulen (trotz Schulpflicht), die Eltern sind mit deutschen Lebensweisen überhaupt nicht vertraut, und die gesundheitliche Versorgung ist ungeklärt, da sie nicht versichert sind (wer zahlt zum Beispiel eine Entbindung im Krankenhaus?).

Die Stadt ist händeringend auf der Suche nach (noch auszubildenden) Integrations-Lotsen, die der Sprache der Zuwanderer mächtig sind, und die dann auf Leute zugehen sollen, die aus ihrer Heimat den Staat nur als repressiv kennen. "Man muss das mal klar sagen: Unsere Hilfesysteme sind für diesen Fall nicht ausgelegt", so Thierhoff. Wenn es nicht gelinge, Zugang zu diesen Menschen zu finden und sie in die Bürgerschaft zu integrieren, dann sehen Thierhoff und Chudziak den sozialen Frieden in Herne gefährdet. Seit geraumer Zeit schon häuften sich die Beschwerden von deutschen Nachbarn über Müll, Lärm, aggressives Betteln und Kleinkriminalität.

Wie viele Rumänen und Bulgaren in Herne wirklich leben, weiß zudem niemand genau. Bei Hauskontrollen habe man festgestellt, dass etwa die Hälfte der angetroffenen Bewohner gar nicht gemeldet war - aber andere, gemeldete Bewohner, dort gar nicht lebten. "Die Dunkelziffer ist sicherlich hoch", so Chudziak. Was man weiß: Etwa ein Drittel ist unter 18 Jahre alt und die Hälfte zwischen 18 und 45 Jahren. Chudziak: "Das sind junge Familien mit vielen Kindern."

Bei Hauskontrollen (halloherne berichtete) ist bislang ein Gebäude an der Horsthauser Straße "wegen unhaltbarer und erbärmlicher Zustände" (Chudziak) komplett geschlossen worden und darf erst nach der Erfüllung von Sanierungs-Auflagen wieder genutzt werden. Seit der Schließung sei das Gebäude leer, und es tue sich gar nichts in Sachen Sanierung. In einem Haus an der Cranger Straße sind zwei Wohnungen geschlossen worden.

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Der Haupt- und Personalausschuss der Stadt wird sich in seiner Sitzung am 30. September 2014 erstmals mit der Vorlage der beiden Dezernenten befassen.

| Autor: Günter Mydlak