
Stellungnahme
Zur EU-Türkei-Bebatte
Im Europäischen Parlaments wurde am Dienstag, 7. Oktober 2015, über die Lage in der Türkei debattiert. Die Herner EU-Parlaments-Abgeordnete Dr. Renate Sommer (CDU), ist die ständige Türkei-Berichterstatterin der Europäischen-Volks-Partei-Fraktion. Sie sagte dazu: "Die Türkei war und ist ein wichtiger, strategischer Partner für die EU, besonders in diesen Tagen. Aber müssen wir sie deshalb derart hofieren, wie jetzt in Brüssel geschehen? Ist uns plötzlich der brandgefährliche innere Zustand der Türkei egal? Ein sicheres Drittland ist sie sicher nicht. Erdogan regiert auch als Präsident weiter, unter Missachtung der türkischen Verfassung. Und er versucht alles, um seiner AK-Partei wieder die absolute Parlamentsmehrheit zu verschaffen. Dafür ist ihm sogar die Flüchtlingskrise recht. Dieser Mann, der gerade in Brüssel sagte, die Türkei habe der EU eine Lektion in Sachen Humanität erteilt, benutzt die Kriegsflüchtlinge als Druckmittel gegenüber der EU. Natürlich ist die Türkei ganz wesentlich mit verantwortlich für den Massenzustrom nach Europa. Die türkischen Grenzen wurden sehr gezielt geöffnet. Schlepperbanden lässt man gewähren; so gelangen täglich Tausende per Boot aus türkischen Hafenstädten über die Ägäis in die EU. Damit missachtet die Türkei das Rückübernahmeabkommen mit der EU. Die Visa-Liberalisierung, die eigentlich an die vollständige Umsetzung der Rückübernahme gekoppelt ist, kann man schließlich auch über den Flüchtlingsdruck erzwingen. Und wäre das nicht ein schönes Wahlkampfgeschenk für Erdogan? Die EU-Kommission ist schon zu vielen Zugeständnissen bereit. Auch die plötzliche Vertagung der Veröffentlichung des aktuellen Fortschrittsberichts zur Türkei hängt mit Erdogans Brüssel-Reise zusammen. Angeblich wurde der Bericht schon vor Tagen aus der EU-Kommission heraus an die türkische Regierung geleakt, und natürlich ist Erdogan daran gelegen, vor der Wahl am 1. November keine öffentliche Rüge für die unhaltbaren Zustände in seinem Land zu bekommen. Es geht also längst nicht nur um Geld. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Natürlich müssen wir die Türkei bei der Versorgung der Flüchtlinge finanziell unterstützen. Das sind wir den Schutzbedürftigen schuldig. Denn nur ein Bruchteil dieser Menschen wird bisher in den Lagern entlang der syrischen Grenze versorgt. Die große Mehrheit muss betteln oder sich mit schlecht bezahlter illegaler Arbeit durchschlagen. Asyl gibt es für diese Menschen nicht in der Türkei, nur Duldung. Und die Fremdenfeindlichkeit wächst. Dennoch müssen auch dieser Ausnahmesituation die geltenden Regeln eingehalten werden. Auch jetzt darf es für die Türkei keine Beitrittsrabatte geben. Europäische Werte sind nicht verhandelbar, und die EU darf sich schon gar nicht erpressen lassen."