halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Szene aus

Neu im Kino: 'Es sind die kleinen Dinge'

Wundervolle Dorfgeschichte von Mélanie Auffret

„Willkommen in unserem kleinen hübschen Dörfchen Kerguen, in dem es ruhig und friedlich zugeht“: Alice Le Guennic (die großartige Julia Piaton) ist Bürgermeisterin des malerischen Örtchens in der Bretagne, in dem gerade einmal 400 Einwohner leben. Kein Café, kein Friseur, kein Arzt, keine Kneipe. Und auch die Geschäfte des täglichen Bedarfs haben längst dichtgemacht. Weshalb Alice mit allen Mitteln versucht, ihrem Ort neues Leben einzuhauchen. Sie hat mit ihrem Freund Saturnin (Lionel Abelanski) ein Handyvideo gedreht, um einen Nachmieter für die Bäckerei zu finden. Samt Wohnung darüber zu einem Spottpreis.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Die junge Alice ist aber nicht nur Verwaltungschefin, die mit der Bürokratie übergeordneter Behörden zu kämpfen hat. Sondern ficht an mehreren Fronten für ihre Bewohner gleichzeitig – als Psychotherapeutin, Sozialarbeiterin und Eheberaterin. Sie muss sich mit Sexproblemen der älteren Bewohner befassen, den Dorfklatsch ertragen und die alte Hypochonderin Jeannine (Marie-Pierre Casey) beruhigen.

Wenn es pressiert, auch Schlaglöcher auf der Durchgangsstraße eigenhändig ausbessern. So ganz nebenbei geht Alice auch noch einem Hauptberuf nach - als Lehrerin der Dorfschule, die nur aus einer Klasse besteht: Sitzen in ihr doch lediglich zehn Kinder, von denen das älteste elf Jahre alt ist.

Schamgefühl als Analphabet

Der 65-jährige Émile Menoux (Paraderolle für Michel Blanc), im Ort allgemein als Hitzkopf verschrien, hat einen Autounfall verursacht. Keine große Sache, die aber protokolliert werden muss. Wozu Émile, seitdem sein Bruder gestorben ist, nicht in der Lage ist – als Analphabet. Naturgemäß schämt er sich, weder lesen noch schreiben zu können und anstatt sich Hilfe zu holen, macht er ein Riesenfass auf. Was Alice freilich nicht sonderlich beeindruckt. Sie hat seine Notlage erkannt und hilft ihm auch daheim beim Abbau des gewaltigen Stapels an unerledigter Post – von Rechnungen über Mahnungen bis hin zu Briefen seiner einstigen großen und immer noch heimlichen Liebe Claudine (Marie Bunel).

Szene aus

Es hilft nichts, Émile muss die Schulbank drücken. Was nicht nur zu großen Problemen mit den Kindern führt, sondern auch mit deren Eltern. Denn der Senior nimmt auch im wahren Leben kein Blatt vor den Mund, warum sollte er es in der Schulklasse tun. Doch allmählich entsteht ein von gegenseitigem Verständnis geprägtes, geradezu freundschaftliches Verhältnis zu den Kindern, vor allem zu seinem Banknachbarn Eliot (Eliot Bourger Van Goethem). Den schließt Émile ins Herz, weil er in ihm ein Spiegelbild seines eigenen Außenseitertums erkennt. Und Alice beobachtet mit Wohlwollen, wie er dem Jungen zu mehr Selbstbewusstsein verhilft.

Die Lage spitzt sich zu

Die Lage spitzt sich auf mehreren Ebenen zu. Zum einen steht die Schule vor der Schließung, weil die Mindestzahl an Schülern nicht erreicht wird. Und zum anderen ist ihre Schwester Pauline (India Hair) bemüht, Alice über Tinder endlich zu einem adäquaten Mann zu verhelfen. Younes (Romain Brosseau) könnte der Richtige sein, damit Alice dem Rat Émiles folgend endlich ihren „Radius“ verlässt…

Mit der zutiefst französisch-leichten Komödie „Les Petites Victoires“, am 19. Januar 1993 beim L’Alpe d’Huez Comedy Film Festival uraufgeführt und am 1. März 2023 in den Kinos des westlichen Nachbarlandes gestartet, eroberte Mélanie Auffret („Roxane“) die Herzen des Publikums im Sturm. Herausragend besetzt mit dem legendären Michel Blanc („Der Aufsteiger“) und der bezaubernden Julia Piaton („Monsieur Claude und seine Töchter“) erzählt „Es sind die kleinen Dinge“, so der deutsche Titel, einfühlsam und mit liebevollem Blick von einem kleinen Dorf in der Bretagne, das sich mit viel Elan zur Wehr setzt, um nicht von der Bürokratie überrollt zu werden. Es sind tatsächlich die kleinen Dinge, die das beherzte Plädoyer für Gemeinschaft und Solidarität so hinreißend machen – ein filmisches Kleinod, das Funken sprüht!

Anzeige: Glasfaser in Crange

In mehreren Kinos zu sehen

Zum Kinostart ist diese wundervolle 92-minütige Dorfgeschichte, die in Le Juch in der Bretagne gedreht wurde, ab Donnerstag, 18. April 2024, bei uns zu sehen im Casablanca Bochum, in den beiden Essener Filmkunsttheatern Eulenspiegel und Rio sowie im Cinema Düsseldorf, ab Donnerstag, 25. April 2024 auch im Roxy Dortmund.

Vergangene Termine (1) anzeigen...
  • Donnerstag, 18. April 2024
Vergangene Termine (1) anzeigen...
  • Donnerstag, 25. April 2024
| Autor: Pitt Herrmann
Stellenanzeigen: Jobs in Herne