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Christina Möller.

Buchveröffentlichung

Vom Arbeiterkind zur Professur

Noch immer gibt es große Hürden für einen Bildungs-Aufstieg – nach wie vor stammt nur eine Minderheit der Professor an deutschen Hochschulen aus der Arbeiterklasse. Was bedeutet es diesen Wenigen, eine Professur erreicht zu haben? Wie hat der Aufstieg sie geprägt? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich das gerade erschienene Buch Vom Arbeiterkind zur Professur, das Dr. Christina Möller, Vertretungsprofessorin an der Fachhochschule Dortmund zusammen mit Julia Reuter, Markus Gamper und Frerk Blome herausgegeben hat.

Erstmals äußern sich Professoren zu den Mühen ihres sozialen Aufstiegs und zur Verknüpfung von sozialer Herkunft und Wissenschaft. „Das UNTEN spürst Du immer“, „Hintertreppen zum Elfenbeinturm“, „Gleich und doch verschieden“ – schon die Titel der autobiographischen Notizen spiegeln die Schwierigkeiten, die Kluft zwischen Herkunft und Zukunft zu überwinden. Von der Fachhochschule Dortmund steuerten Prof. Dr. Christine Graebsch (Das Professorenkostüm) und Prof. Dr. Ahmet Toprak (Von der Hauptschule zur Hochschule) persönliche Erinnerungen bei.

Buch-Cover 'Vom Arbeiterkind zur Professur'.

Die insgesamt 19 persönlichen Notizen werden durch ausgewählte wissenschaftliche Beiträge aus der Ungleichheits-Forschung ergänzt, zum Beispiel von dem prominenten Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge, dem Eliteforscher Michael Hartmann und dem Migrationsforscher Aladin El-Mafaalani.

Aufstieg als Tabu-Thema

Vom Arbeiterkind zur Professur sensibilisiert für die Thematik Herkunft und fordert mehr Vielfalt in der Professur ein. „Wir wollen zeigen, dass die Aufsteiger für die Wissenschaft wichtig sind – und zwar nicht nur als Rollenvorbilder. Wissenschaft lebt von den unterschiedlichen Menschen, die ihre unterschiedlichen Blickwinkel in die Forschung einbringen“, betont die Soziologin, die im Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften zu sozialen Ungleichheiten und sozialen Aufstiegen lehrt und forscht. Sozialer Aufstieg in der Wissenschaft sei noch immer ein tabuisiertes Thema.

„Ich möchte den Mythos, dass Karrieren in der Wissenschaft ausschließlich auf Leistung beruhen, außer Kraft setzen“, erklärt Christina Möller ihre Motivation. Schon 2015 legte sie für ihre Dissertation eine Studie über die soziale Herkunft von Professoren vor. „Es sind nicht nur Fleiß und Leistung, sondern in erheblichem Maße auch die soziale Herkunft, die die Chancen auf die hohen Positionen steigert. Fehlt der akademische Background, mangelt es häufig auch an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.“ Bildung auf dem Prüfstand Mit einem ganzheitlichen Bildungssystem und einer frühen Unterstützung durch multiprofessionelle Teams in den Schulen könnten – so Möller – die strukturellen Ungleichheiten ausgeglichen werden. „Letztlich muss unser gesamtes Bildungssystem auf den Prüfstand.“

Julia Reuter, Markus Gamper, Christina Möller, Frerk Blome (Hg.): Vom Arbeiterkind zur Professur. Sozialer Aufstieg in der Wissenschaft, 438 Seiten, März 2020, transcript-Verlag, ISBN: 978-3-8376-4778-5.

Dienstag, 28. April 2020 | Quelle: Eva-Maria Reuber / FH