Doppelabend an der Rheinoper
Stürmische Geschichten von der Insel
Unter dem Motto „Stürmische Geschichten – very British“ präsentiert die Deutsche Oper am Rhein einen bei der Premiere am Freitag (7.2.2025) im Theater Duisburg zu Recht umjubelten Doppelabend zweier Werke, die auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten außer der Sprache haben, aber eine große emotionale Kraft über Rampe und Graben ausstrahlen: „Der Leuchtturm“ (1980) von Peter Maxwell Davies sowie „Dido und Aeneas“ (um 1689) von Henry Purcell.
Rund 300 Jahre liegen zwischen der Entstehung beider Werke: „Der Kontrast zwischen der neuen und der ziemlich alten Musik ist wirklich spannend“, bekundet Killian Farrell im Programmheft. Der junge irische Dirigent, Generalmusikdirektor am Staatstheater Meiningen, hat die musikalische Leitung eines nachhaltig beeindruckenden dreistündigen Abends übernommen: Beide Werke seien „ihre Theatralik und fantastische Vorstellungskraft“ ebenso miteinander verbunden wie „durch die Orchestrierung und die rhetorische musikalische Geste.“
Nicht zuletzt sind Farrell und die Duisburger Philharmoniker vom Publikum gefeierte verbindende Elemente einer gerade durch die unterschiedlichen Regieteams spannenden Produktion, die in dieser Saison nur noch fünfmal auf dem Spielplan steht.
Starke Debüts der Regieassistenten
Haitham Assem Tantawy („Der Leuchtturm“) und Julia Langeder („Dido und Aeneas“) arbeiten als Regieassistenten der Rheinoper meist im Hintergrund, nun stellen sie sich mit eigenen multimedialen und in Teilen auch choreografierten Inszenierungen vor, die ihre Fantasy-Affinität offenbaren. Zusammen mit den Ausstattern und Videografen (Manuela Härtel und Natalie Krautkrämer) ermöglichen ihre beherzten Zugriffe einen ungewöhnlichen, bezüglich der Barockoper Purcells auch zeitgemäßen Zugang.
Der Käpt`n und das Biest
„Der Leuchtturm“ greift eine wahre, bis heute nicht aufgeklärte Begebenheit auf, die zu Beginn mit historischen Fotos und einführenden Texten auf dem Vorhang erzählt wird: Im Jahr 1900 verschwinden auf einem abgelegenen Leuchtturm im Norden Schottlands drei Wärter spurlos.
In einer Mischung aus Dokumentation und Vision zeichnet Peter Maxwell Davies musikdramatisch nach, was passiert sein könnte. Von Stürmen umtost, wird der Leuchtturm für die drei Wärter Sandy (Andrian Dwyer), Blazes (Roman Hoza) und Arthur (überragend: der finnische Bass Sami Luttinen aus dem eigenen Ensemble) zu einem Ort unheimlicher, auch übernatürlicher Begegnungen mit den Schicksalsfragen ihres Lebens.
Kleine Musikstücke
Der in Kairo geborene Schauspieler, Regisseur und Choreograf Haitham Assem Tantawy und sein kongenialer Ausstatter Matthias Kronfuß setzen dem nur von kleinen Musikstücken sowie Liedern der drei unterschiedlichen Männer unterbrochenen Sprechgesang Davies‘ surreale, vor allem aber sehr atmosphärische Bilder auf der ständig in Bewegung gehaltenen Drehbühne an die Seite, die sowohl die klaustrophobische Situation der Wärter im Leuchtturm als auch die stürmische Überfahrt dreier von den gleichen Sänger-Darstellern verkörperten Marineoffiziere auf die Insel unterstreichen.
Den optischen und tänzerischen Tarot-Überbau, der sich nur durch die Programmheft-Lektüre erschließt, hätte es gar nicht bedurft für den auf 75 Minuten gedehnten ersten Teil des Doppelprogramms, obgleich wir dann auf die spektakuläre Szene mit den geflügelten Stelzen-Wesen hätten verzichten müssen.
Dido und Aeneas im Internet-Zeitalter
Von den hohen Wellen an der schottischen Küste zu den Wellen der Gefühle in Henry Purcells „Dido und Aeneas“: Das Herz der karthagischen Königin Dido (Ovationen für die vielfach preisgekrönte britische Mezzosopranistin Anna Harvey aus dem eigenen Ensemble) schlägt wie wahnsinnig, als der trojanische Seefahrer Aeneas (Jake Muffett) an ihrem Hof aufschlägt. Dabei hatte sie der Liebe längst abgeschworen. Ermuntert durch ihre Freundin Belinda (Sylvia Hamvasi) gibt sie ihren Gefühlen nach. Doch die Zauberin (Morenike Fadayomi) schickt Aeneas einen Geist in Gestalt des Götterboten Merkur (Charlotte Langner), der ihn im Auftrag Jupiters ins italienische Latium schickt, um die Stadt Rom zu gründen…
Daddeln bis zum bitteren Ende
Daddeln bis zum bitteren Ende in Level 8: Die Düsseldorfer Kunsthistorikerin Julia Langeder erzählt die Geschichte der beiden Liebenden aus der griechischen Mythologie als Begegnung in der virtuellen Welt. Die beiden Protagonisten, heutige junge Leute in ihren für unsere woken Zeiten erstaunlich geschlechtsspezifisch möblierten Zimmern zu beiden Seiten einer kleinen Amphitheater-Spielstätte, treffen sich in dem „Karthago“ genannten digitalen Spiel, in dem Dido um vermeintliche Nähe und echte Gefühle ringt, nur virtuell.
So zeitgeistig-bunt und bar jeder Konvention könnte ich mir die Oper der Zukunft vorstellen, wenn, ja, wenn nur die Musik bleibt, zu der hier auch der szenisch stark geforderte Chor der Rheinoper in gewohnt vorzüglicher Weise seinen Beitrag leistet. Oder sinnvoll ergänzt wird wie in diesem Fall am Ende des 2. Aktes mit dem Hornpipe genannten Tanzstück aus Purcells „The Fairy-Queen“. Am Ende gibt’s Trost für die virtuelle von der realen Dido…
Talentförderung im Opernstudio
Die Förderung junger Talente aus aller Welt im Rahmen des Opernstudios liegt dem nach 15 Spielzeiten Ende März 2025 aus gesundheitlichen Gründen ausscheidenden Rheinopern-Generalintendant Prof. Christoph Meyer besonders am Herzen. Bei diesem Doppelabend wirken mit Elisabeth Freyhoff, Annabell Kennedy, Charlotte Langner und Henry Ross vier aktuelle sowie mit Roman Hoza, Jake Muffet und Valentin Ruckebier drei ehemalige Opernstudio-Mitglieder mit, die heute zum Ensemble der Deutschen Oper am Rhein gehören.
Karten unter operamrhein.de oder Tel. 0203 - 28362100. Die weiteren Vorstellungen im Theater Duisburg
- Sonntag, 9. Februar 2025, 15 Uhr, Sonderaktion „Zahl, so viel zu willst“ (mindestens 13 Euro)
- Freitag, 21. Februar 2025, 19.30 Uhr
- Sonntag, 23. Februar 2025, 18.30 Uhr, anschl. Nachgefragt
- Sonntag, 2. März 2025, 15 Uhr
- Mittwoch, 5. März 2025, 19.30 Uhr
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- Sonntag, 9. Februar 2025, um 15 Uhr
- Freitag, 21. Februar 2025, um 19:30 Uhr
- Sonntag, 23. Februar 2025, um 18:30 Uhr
- Sonntag, 2. März 2025, um 15 Uhr
- Mittwoch, 5. März 2025, um 19:30 Uhr